FDP-Chef in Nordrhein-Westfalen: Pinkwart flüchtet aus der Politik
Die FDP in Nordrhein-Westfalen steckt im Umfragekeller, nun verliert sie zudem ihren Vorsitzenden. Nachfolger könnte ein neoliberaler Hardliner werden.
BOCHUM taz | Er war stellvertretender Ministerpräsident Nordrhein-Westfalens, ist Landeschef der FDP, stellvertretender Bundesvorsitzender - doch jetzt flieht Andreas Pinkwart aus der Politik. Überraschend verkündete der Wirtschaftswissenschaftler am Donnerstag, dass er im kommenden April Rektor der Handelshochschule Leipzig werden will.
Beim FDP-Bundesparteitag im Mai werde er nicht wieder kandidieren, erklärte Pinkwart. Sein Landtagsmandat werde er wie den FDP-Landesvorsitz bis Ende März abgeben. Die Leitung der Hochschule sei "zeitlich nicht mit herausgehobenen Parteiämtern zu vereinbaren".
Die FDP in Nordrhein-Westfalen ist damit in einer ihrer tiefsten Krisen führungslos. Die Partei, die bis Juli noch Juniorpartner in der schwarz-gelben Koalition des einstigen CDU-Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers war, droht im größten Bundesland zur Splitterpartei zu werden. 100 Tage nach dem Start der rot-grünen Minderheitsregierung von Hannelore Kraft (SPD) sieht eine Forsa-Umfrage die Liberalen bei gerade noch 3 Prozent.
Die SPD liegt bei 35, die CDU bei 31 Prozent. Sensationell ist dagegen auch in NRW das Ergebnis der Grünen: Sie liegen aktuell bei 19 Prozent. Zur Linkspartei bekennen sich 5 Prozent. Sollten die laufenden Haushaltsverhandlungen platzen und Neuwahlen nötig werden - die Grünen hätten die FDP in einem möglichen Drei-Parteien-Parlament vollständig ersetzt.
Entscheidend zur Krise beigetragen haben dürfte die Zerstrittenheit der Landes-Liberalen. Parteichef Pinkwart galt als Modernisierer. Nach den Landtagswahlen lehnte er die von Rot-Grün favorisierte Ampel nicht vollständig ab. Als Forschungsminister konnte er sich ein Ende des sozial selektiven dreigliedrigen Schulsystems vorstellen. Doch Pinkwart wurde vom Chef der Landtagsfraktion, Gerhard Papke, ausgebremst.
Der neoliberale Hardliner fürchtete ein Image als "Umfaller", setzt auf einen harten Oppositionskurs - und konnte sich im parteiinternen Machtkampf durchsetzen: Der Versuch des Parteichefs, innerhalb der Landtagsfraktion eine Rebellion gegen Papke zu entfachen, scheiterte.
Nach 100 Tagen Rot-Grün steckte Pinkwart in einer politischen Falle. Er flüchtet - auch in Ironie: "Es hat Spaß gemacht", bilanzierte er seine Amtszeit auch mit Blick auf die orthodoxe Fraktion: "Nicht immer. Aber doch fast immer."
Leser*innenkommentare
Edgar
Gast
Klar, in der Politik kläglich gescheitert wird er nun Rektor einer Handelsschule in Leipzig - Genau solche Neoliberalen sollten in Lehre & Forschung eingesetzt werden, damit dieser ökonomische Holzweg weiter beschritten wird.
Schade das der Herr aus seiner Abwahl in NRW nichts gelernt hat und nun auch noch jungen Menschen falsche Denkmuster lehrt.
byrds
Gast
Servus Andi
und alles Gute auf den Weg in die staatliche Geborgenheit!!!
sinddiebekloppt
Gast
Der Verstand hat gesiegt!
Amos
Gast
Diese Partei gehört ins Krematorium. "Der Hardliner" ?
Verdienen diese neoliberalen Idioten überhaupt noch eine beschönigende Bezeichnung? Die FDP war auch mal sowas wie Ordo-Liberal.Seit Westerwelle ist das nur noch ein dämlicher Haufen von Egoisten und Traumtänzern.
Chevinsky
Gast
Deutsche, schaut auf dieses Bundesland. Was in NRW möglich ist, muss auch im Rest der Republik machbar sein. 3 Prozent! Das ist jetzt aber kein Grund um auszuruhen. Das geht doch noch tiefer, möchte ich meinen.
flipper
Gast
Weiter so, liebe FDP, wählt Euch einen "neoliberalen Hardliner" an die Spitze! Die 3 Prozent werden sich doch noch nach unten korrigieren lassen!