NRW kommt nicht zum Zug

Heftige Kritik an den Sparplänen von Schwarz-Rot für den Nahverkehr. Fahrgastverbände befürchten teurere Tickets und weniger Angebot: „Die erfolgreiche NRW-Bahnpolitik steht auf dem Spiel“

VON BARBARA RUPFLIN

Die Sparpläne der großen Koalition beim Nahverkehr treffen das Pendlerland NRW besonders hart. Die Union bestätigte gestern, dass Schwarz-Rot bis 2006 die so genannten Regionalisierungsmittel für den Nahverkehr verringern will. Von derzeit knapp sieben Milliarden Euro werden bereits 2006 fünf Prozent eingespart, sagte der haushaltspolitische Sprecher der Union, Steffen Kampeter – bis 2009 sollen es sogar 10 Prozent sein. Nordrhein-Westfalen erhält bisher 1,15 Milliarden aus dem Regionalisierungstopf, 700 Millionen davon für den Nahverkehr auf der Schiene. Für das Land bedeutet das eine Kürzung von rund 55 Millionen schon im nächsten Jahr. Bisher war eine jährliche Steigerung von 1,5 Prozent vorgesehen.

Verkehrsunternehmen, Fahrgastverbände und die Eisenbahnergewerkschaft Transnet protestierten gestern vehement gegen die Streichungen. Sie fürchten deutliche Preiserhöhungen, die Verschlechterung des Angebots im Nahverkehr und den Verlust tausender Arbeitsplätze. Nach Angaben des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) drohen als Konsequenz der Kürzung „Preissteigerungen im zweistelligen Prozentbereich“.

Die Fahrgastverbände halten die Einsparungen gerade in NRW für einen Schritt in die falsche Richtung. „Die Kürzungen sind angesichts der Erfolge im Nahverkehr schlimm“, meint Oliver Stieglitz, vom Fahrgastverband ProBahn. In NRW habe der Schienenverkehr 30 Prozent Zuwachs zu verbuchen, Kürzungen seien da das falsche Signal an die Bahnfahrer. Jürgen Eichel vom Verkehrsclub Deutschland (VCD) stimmt dem zu: „Damit fallen wir zurück auf das Niveau der 90er Jahre.“ Mit den Sparplänen stehe die erfolgreiche NRW-Bahnpolitik auf dem Spiel. Kleinere Streichungen könnten eventuell noch verkraftet werden, der bis 2009 geplante Wegfall von zehn Prozent der Regionalisierungszuschüsse aber ginge „ans Eingemachte“, so Eichel.

Die Gewerkschaft Transnet befürchtet den Verlust von bundesweit 6.000 Arbeitsplätzen. „Dieses ideenlose Streichkonzert kostet tausende Arbeitsplätze,“ sagte Norbert Hansen, Chef der Eisenbahnergewerkschaft Transnet. Und „sicherlich wird NRW deutlich stärker betroffen sein als andere Bundesländer“, sagte Transnet-Sprecher Michael Klein auf Anfrage der taz. Die Deutsche Bahn wollte zu den Sparplänen nicht Stellung nehmen. Dies sei Sache der Politik und nicht Aufgabe des Unternehmens. Im Landesverkehrsministerium jedoch wurde eine Stellungnahme ebenfalls abgelehnt. Man müsse sich erst sachkundig machen, hieß es dort.

Die Länder verwenden die Regionalisierungsmittel des Bundes, um einen flächendeckenden, öffentlichen Nahverkehr zu gewährleisten. Sinken sie, müssen die Länder entweder selbst einen höheren Beitrag leisten, das Angebot einschränken oder die Preise erhöhen.