Bangen um Begegnungsstätten

CDU-Senat stellt Integrationszentren für Migranten auf den Prüfstand. Stadt will Trägerschaft neu ausschreiben und nur noch sieben der aktuell 15 Standorte fördern. Betreiber befürchten Schließungen und Qualitätseinbruch bei der Beratung

von Eva Weikert

Ein Teil der Hamburger Integrationszentren für Migranten muss um seine Existenz bangen. Mitte 2006 soll erstmals seit Ende der 90er Jahre die Trägerschaft für die Beratungsstellen neu ausgeschrieben werden. Und statt wie bisher 15 will der CDU-Senat dann nur noch ein Zentrum in jedem der sieben Hamburger Bezirke fördern. Das kündigte die Amtsleiterin in der Sozialbehörde, Maria Maderyc, jetzt im Sozialausschuss der Bürgerschaft an. Wer leer ausgehe, könne sich alternativ auf Bundesmittel bewerben. Doch nur mit Geld aus Berlin sind die Zentren nicht überlebensfähig.

Die Begegnungstätten bieten Sozialberatung, Sprachkurse und Informationsveranstaltungen an. Zielgruppe sind bleibeberechtigte Migranten. Wie berichtet mussten die Zentren kürzlich auf Weisung des Senats ihr Aufgabenspektrum verändern. Drei der stadtweit fünf Betreiber kritisieren das neue Profil. Auch die rot-grüne Opposition hat große Bedenken (siehe Kasten).

Neben der künftigen Struktur beschäftigte die Auschreibung der Trägerschaft vorige Woche den Sozialausschuss. Auf die Frage der SPD-Abgeordneten Aydan Özoguz, warum überhaupt neue Träger gesucht würden, sagte Amtsleiterin Maderyc: „Wir sind dabei, die Zusammenarbeit mit vielen Akteuren zu justieren.“ Die Stadt werde aber gewährleisten, dass pro Bezirk ein Zentrum zur Verfügung stehe. „Ob es dadurch zu Schließungen von Standorten kommt oder zu Filialbildungen, kann erst nach der Ausschreibung beurteilt werden“, ergänzte Behördensprecher Rico Schmidt auf Nachfrage der taz. Dies hänge von den Angeboten der Bewerber ab. Wer den Zuschlag bekommt, darüber werde auch der Preis der einzelnen Zentren entscheiden.

Zwei der größten Träger, die Bürgerinitiative ausländische Arbeitnehmer (BI) und der verikom-Verbund für Interkulturelle Kommunikation und Bildung, befürchten nun einen Qualitätseinbruch durch Billiganbieter und das Aus für kleine Standorte in den ärmsten Gebieten. Außer dem Preis habe die Behörde bisher keine Vergabekriterien vorgelegt, rügt verikom-Geschäftsführerin Iris Jäger. Weil der Senat kein Konzept für die Integration von Migranten erstellen lassen will, fehle zudem die Basis für Qualitätsmaßstäbe.

Mit Sorge sieht Jäger auch den Plan der Behörde, ihr Fördergeld nach einem neuen Schlüssel auf die Zentren zu verteilen. Dieser ließe Sozialdaten wie Arbeitslosigkeit unberücksichtigt, als Berechnungsgrundlage diene allein die Zahl der Bewohner ohne deutschen Pass in einem Bezirk: „Dadurch droht eine Verschiebung der Mittel aus den Brennpunkten in reichere Stadtteile.“ Am Bedarf gewachsene Angebote seien „extrem gefährdet“.

Auch der Hinweis von Amtsleiterin Maderyc, ein Teil der Zentren könne sich mit Bundesmitteln finanzieren, geht aus Sicht der Betroffenen an der Realität vorbei. Die „Existenzgrundlage“ aller 15 Standorte sei die städtische Förderung, warnt Jens Clasen von der BI, die südlich der Elbe fünf Zentren betreibt. Entziehe die Stadt ihre Unterstützung, „können wir einpacken“. Mittel vom Bund für Bildungsangebote seien nur „ein Ast“. Auch Jäger sagt, ohne Geld von der Stadt sind alle drei verikom-Standorte in Altona, Wilhelmsburg und Kirchdorf-Süd „weg“.

SPD-Politikerin Özoguz wirft Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram (CDU) vor, „sich hintenherum aus der Verantwortung zu stehlen“, wenn sie auf den Bund verweisen lasse. Denn Berlin, so habe es die Zentrale mit den Ländern vereinbart, gebe nur Geld für Neuzuwanderer, nicht aber für Menschen, die schon länger hier leben. „Die nachholende Integration“, weiß Özoguz, „müssen die Länder selbst leisten.“