Bremen qualmt

swb plant Kohlekraftwerk für billigen Strom aus Bremen. Energie-Experten kritisieren Strategie als kurzsichtig

Bremen taz ■ Die swb AG plant ein neues großes Steinkohlekraftwerk auf ihrem Unternehmensgelände in Mittelsbüren. „Der Aufsichtsrat hat grünes Licht dafür gegeben, das Genehmigungsverfahren einzuleiten“, sagte swb-Vorstandsvorsitzender Gerhard Harder bei einer von der grünen Bürgerschaftsfraktion und dem BUND veranstalteten Podiumsdiskussion. Ende 2011 soll das Kraftwerk ans Netz gehen und eine Leistung von 800 Megawatt erbringen. Zum Vergleich: Die sieben bestehenden Kraftwerke der swb erreichen zusammen 1100 Megawatt.

„Wir müssen Strom zu einem vernünftigen Preis liefern“, sagte Harder und verwies auf die aktuelle Empörung über gestiegene Energiekosten. Kohle biete auch in zehn bis zwanzig Jahren die höchste Preisstabilität. Zum Zeitpunkt des Atomausstieg 2020 rechnet Harder mit einem „Versorgungsengpass“, der durch etwa sechzig neue Kraftwerke dieser Größenordnung aufgefangen werden müsse. Hier sieht er Marktchancen. Ob Abteilseigner EWE dann Strom auch aus Bremen kauft, ist aber offen. Die Alternative, erneuerbare Energien zu fördern, hält der swb-Chef für eine gute Idee, konkrete Projekte liegen jedoch nicht vor.

„Ein neues Kohlekraftwerk ist nur in der ersten Halbzeit ein Treffer“, kommentierte Wolfgang Krewitt, Energie-Experte vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt, in der Podiumsdiskussion. Er gab zu bedenken, dass sich fossile Brennstoffe weiter verteuern werden. Parallel steigen durch die Auflagen des Kyoto-Protokolls die Klimaschutzkosten. Den Breakeven-Punkt, nach dem Strom und Wärme aus regenerativen Quellen billiger sein werden als konventionelle Energieerzeugung, erwartet Krewitt um 2030.

Kritik an der Dimension des geplanten Kraftwerkes übte Michael Kruse vom Arbeitskreis Energie Bremen. Er plädiert für eine dezentrale und auf regenerative Energien gestützte Versorgung. Letztere liefern bisher aber nur etwa 2 Prozent des in Bremen verbrauchten Stroms.

Der Bremer Kohlendioxid-Ausstoß pro Einwohner ist bereits heute sehr hoch, gab Karin Mathes, umweltpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, zu bedenken. Nach einer Prognose des BUND würden sich die Emissionen durch den Bau des Kraftwerkes wiederum fast verdoppeln. „Wir sollten andere Wege gehen als ein Kohlekraftwerk zu bauen“, fasst Mathes die Position der Grünen zusammen. Sie setze auf das geplante Weserkraftwerk.

Die Bremer Erzeuger-Verbraucher-Genossenschaft (EVG) hat zum Boykott der swb aufgerufen. Die EVG führt die globale Klimaerwärmung auf die Kohleenergie zurück und fordert Verbraucher auf, durch den Wechsel zu einem Ökostrom-Anbieter gegen den Neubau zu protestieren. abe