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CDU-Politiker reagiert auf KritikFischer will Spott in Bahnen lenken

CDU-Politiker Fischer forderte ein Ende der Pseudonyme im Netz - und wurde verhöhnt. Nun gewinnt der Vorsitzende der Enquete-Kommission Internet der Debatte auch ihr Gutes ab.

"Jeder soll seine eigene Meinung vertreten": Sitzung der Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft. Bild: dpa

BERLIN taz | Spaß versteht er, das muss man ihm lassen. Axel E. Fischer, CDU-Bundestagsabgeordneter und Vorsitzender der Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft, findet einige der Reaktionen auf seine Forderung nach einem Vermummungsverbot im Internet "lustig".

Auf Anfrage der taz antwortete er per E-Mail auf die Frage, wie er auf die vielfältigen ironischen Beiträgen reagiere: "Ich nehme die Reaktionen zur Kenntnis. Einige finde ich lustig und würde mich sehr freuen, wenn es gelingen könnte, diese Kreativität in Bahnen zu lenken, die zu einer Verbesserung des Internets und des dortigen Umgangs miteinander dienlich sind." Fischer bekennt, seine Forderung sei zudem nicht mit anderen Mitgliedern der Enquete-Kommission abgesprochen gewesen.

Darin sieht Halina Wawzyniak, die für Die Linke in der Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft sitzt, auch "kein Problem". Alle Mitglieder der Kommission hätten das Recht eine eigene Meinung zu haben und sie auch öffentlich zu vertreten. Netzpolitisch widerspricht sie umso vehementer: "Anonymität ermöglicht eine Debatte ohne Ansehen der Person", sagte die Politikerin der taz. Außerdem könnten Nicknames Schwache vor Verfolgung schützen. "Er hätte sich besser anonym äußern sollen", gibt Wawzyniak Fischer mit auf den Weg.

Axel E. Fischer ist sich indes bewusst, dass auch auf den Webseiten der Enquete-Kommission Beiträge teilweise anonym verfasst werden. "Die Formalien zur Nutzung des Forums der Enquete-Kommission, auf die wir uns nach eigehender Diskussion geeinigt haben, sind unter anderem mit dem Ziel geringer Beteiligungshürden gewählt worden", schrieb er der taz. Sie gehe davon aus, dass das auch so bleiben werde, sagte Wawzyniak. Ein Urteil zur Sachkompetenz des Kommissionsvorsitzenden will sie nicht abgeben, sie bescheinigt ihm eine "faire Sitzungsleitung".

In der Kommission arbeiten 17 Abgeordnete und 17 Sachverständige zusammen, um dem Bundestag bis zum Sommer 2012 Ergebnisse und Handlungsempfehlungen vorzulegen. Als "18. Sachverständiger" dient ein Diskussionsforum auf den Webseiten der Kommission. Es soll die Beratungen der Abgeordneten und Sachverständigen ergänzen, dort herrscht kein Klarnamenzwang.

Mit der Forderung nach einem "Vermummungsverbot" im Internet hatte sich der CDU-Bundestagsabgeordnete am Wochenende im Netz tausende ironische Kommentare abgeholt. Vom "Sommerfahrplan für den USB-Bus" über eine "Winterreifenpflicht für Datenautobahnen" bis zur "Wärmeschutzverglasung für Windows" legten ihm vor allem Nutzer des Online-Netzwerks Twitter die absurdesten Forderungen in den Mund. Auch vom "DAU", dem "dümmsten anzunehmenden User" war die Rede.

Im Interview mit den Badischen Neuesten Nachrichten hatte Fischer im zum 1. November eingeführten neuen Personalausweis die ideale Möglichkeit gesehen, "sich im Internet zu identifizieren". Bürger sollten sich im Netz nicht hinter selbstgewählten Pseudonymen versteckten, sondern im demokratischen Entscheidungsprozess "mit offenem Visier" kämpfen, also einen Klarnamen nennen.

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12 Kommentare

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  • S
    Stefan

    Natürlich kann man sich die Frage stellen, was in einer Gesellschaft los ist, wenn man nicht mehr offen seine Meinung sagen darf. Genauso kann man sich fragen, warum einige Leute Pesonenschutz benötigen. Dann sollte man die Zustände im Land ändern, nicht die Folgen.

    Das Verstecken hinter Pseudonymen fördert nicht nur Staatsfeinede von rechts, links und unserer Partnerreligion sondern ist auch ein guter Schutz gegen eben diese Leute, die es sicher zu schätzen wissen, wenn jemand einen Beitrag, der sich für die Demokratie im Land und gegen Extremisten einsetzt, mit Namen und Adresse gekennzeichnet ist.

    Wir hätten dann in unserem Land eine Kultur des Gratismutes: Äußern nur bei ungefährlichen Angelegenheiten.

  • H
    hajomueller

    Herbert Gutzer hat recht. Wenn man in einer Gesellschaft seine Meinung nur noch "verschleiert" sagen kann, stimmt was nicht mehr. Es ist dann so wie bei den Polizeieinsätzen in Gorleben und Stuttgart. Wenn die Polizisten erst mal ihre Gesichtsmasken angelegt haben, fackeln sie nicht mehr. So ist das auch im Netz, als Anonymer wird Zivilisation oft zum Fremdwort. (Kommt natürlich auch auf das Medium an, in dem man sich bewegt).

  • KN
    Klar Name der Echte

    Wie eingangs schon erwähnt : es geht hier nicht an, dass mein Name wiederholt verwendet wird ! Wo kämen wir hin, wenn alle nur meinen Klarnamen verwenden würden ? Abgesehen davon : wie kann es sein, dass sich derzeit die Regelwut unserer Politiker, die ja bekanntlich in unserem Sold stehen, so maßlos wie die Pest ausbreitet ? Höchste Zeit für mehr Meinungspluralismus und Demokratie statt wahnhafter Kontrollneurodermitis.

  • K
    Kachelmann

    Kachelmann fordert Wettervorhersage für Cloudcomputing !!!

  • KN
    Klar Name

    Auch wenn man bei Zeitungen den Klarnamen angeben muss, kann doch niemand überprüfen ob dieser korrekt ist. Bei einer Verifizierung mit dem neuen Perso wäre das anders. Finde ganz gut, dass man online Anregungen/Meinungen schreiben kann, ohne dass diese einem zu zuordnen sind. Mit einer Identifizierung über Perso wäre es technisch noch viel leichter möglich, sehr tiefgehende Nutzer-Abbilder zu fertigen, für ewig zu speichern und evtl. zu verkaufen. Denke, dass viele Leute kein großes Interesse daran haben, dass zB. potenzielle Arbeitgeber politische Meinungen, oder die Schwiegermutter sexuelle Vorlieben erfahren könnte.

  • AE
    Axel E. Fanclub

    Kein Vermummungsverbot ohne Internet, sonst entsteht ein Zwerchfellaufstand!

  • TH
    Thorsten Haupts

    Wer sich in demokratischen Rechtsstaaten hinter Pseudonymen versteckt an politischen Internetdiskussionen beteiligt, ist aller Erfahrung nach häufig ein Pöbler, ganz sicher aber ein Feigling. Und auch ich möchte nicht mit Leuten diskutieren, die nicht einmal mit ihrem Namen zu einer Meinung (!) stehen wollen.

  • AE
    Axel E. Fischer

    Führt doch mal mit Axel E. Fischer ein Interview über Killerspiele, Internet-Stoppschilder und die Einführung 5-stelliger IP-Adressen für das Google iPhone...

     

    Das wäre ein echter Coup, damit würdet Ihr locker die Klickrekorde des Castortickers übertreffen!

  • A
    Anonymous

    @Herbert Gutzer: Würde mich sehr wundern, wenn Printmedien Anonyme Leserbriefe ignorieren/nicht abdrucken. Mag sein, dass Trolle verschwinden würden durch so eine Regelung aber deswegen so eine schreckliche Infrastruktur einrichten? Ich hoffe da denkt keiner ernsthaft dran :-)

     

    P.S.: Könnte ich hier nicht Anonym posten, würde ich gar nicht posten und ich glaube das gilt für viele.

  • HG
    Herbert Gutzer

    Ich bin zwar entschieden gegen irgendwelche Zwänge oder gesetzliche Vorgaben in punkto Anonymität im Netz. Aber ich denke schon, dass sich in den Foren (auch in der TAZ!) die Seriosität und Qualität der Beiträge sehr deutlich erhöht, wenn anonyme Äußerungen nicht zugelassen sind. Keine Zeitung veröffentlicht in der Printausgabe Leserbriefe ohne Angabe von Name und Anschrift. Warum ist das in der Online-Ausgabe anders? Ich persönlich kommentiere schon länger unter meinem Klarnamen. Die Journalisten tun das ja auch und es käme wohl niemand auf die Idee, hier eine Gefährdung der Meinungsfreiheit zu sehen. Es ist eher umgekehrt: Wenn man in diesem Land seine Meinung nicht mehr sagen könnte, ohne Repressalien (egal ob vom Staat oder irgendwelchen gesellschaftlichen Gruppen) fürchten zu müssen, hätten wir wirklich ein Problem.

  • MM
    m4x mu5t0rm4nn

    HAHAHAHA LOL NOOB!!!111elf

     

    Naja, genau genommen gar nich so lustig... Sowas findet am Ende noch Anhänger und dann war's wieder 'keiner' - hahaha!

  • MG
    M. Geiger

    Die Sache mit den Klarnamen und der Demokratie gefällt mir: Da hatte endlich mal ein Abgeordneter der CDU die Erleuchtung, dass verdecktes Vorgehen (ich denke an Geheimdienste, Bundestrojaner des BKA, etc.) nicht mit Demokratie vereinbar ist ...