Kein Applaus für die Nachfolger

ROLLENWECHSEL In Niedersachsen wähnt sich die neue Opposition aus CDU und FDP bald wieder an der Macht. Die sonst üblichen Höflichkeitsgesten verweigert sie der neuen rot-grünen Regierung

Die SPD kündigte 2003 schon am Tag nach der Abwahl eine kraftvolle Opposition an

Es schmerzt offenbar noch immer. Gut vier Wochen ist die Niedersachsen-Wahl her, bei der Schwarz-Gelb nach zehn Jahren in der Regierung denkbar knapp abgewählt wurde. Dennoch verkünden CDU-Granden wie Generalsekretär Ulf Thiele noch immer bei jeder Gelegenheit, man sei „jederzeit“ in der Lage, wieder Verantwortung zu übernehmen.

Dabei hat Rot-Grün mit seiner Einstimmenmehrheit die erste Bewährungsprobe schon bestanden: Am Dienstag wurde Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) offiziell ins Amt gewählt, mit einer Stimme Mehrheit. Tags darauf erklärte CDU-Fraktionschef Björn Thümler trotzdem, man werde „die Oppositionsrolle nur für kurze Zeit annehmen“.

Thümler übernimmt die Rolle des Oppositionsführers vor allem, weil der Niedersachsen-CDU die Alternative fehlt: Ex-Ministerpräsident David McAllister, jetzt einfacher Abgeordneter, will sie nicht. Ex-Kultusminister Bernd Althusmann und Ex-Innenminister Uwe Schünemann, einst beide als Anwärter gehandelt, schafften es erst gar nicht wieder ins Parlament. Ex-Justizminister Bernd Busemann wurde lieber Landtagspräsident. So versucht sich nun Thümler als oberster Angreifer von Rot-Grün.

Ministerpräsident Weil wirft er eine Planlosigkeit vor, die an „Arbeitsverweigerung“ grenze. Zugleich kritisiert er, Weil wolle Steuern erhöhen, um seine „teuren Wahlversprechen einzulösen“. Die neuen Oppositionsreihen hat Thümler zum Boykott sonst üblicher Fairnessbekundungen im Landtag eingeschworen: Applaus gibt es weder, als das neue Kabinett vereidigt wird, noch als Weil McAllister für seine Arbeit dankt. Der Abgewählte selbst zögerte lange, bis er seinem Nachfolger gratulierte.

Beim letzten Regierungswechsel in Niedersachsen sammelte sich die neue Opposition schneller: 2003 verkündete Sigmar Gabriel (SPD) schon am Tag nach seiner Abwahl, er habe alle Pläne für eine kraftvolle Opposition bereits parat, und bot Christian Wulff (CDU) eine „konstruktive Zusammenarbeit“ an.  THA