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"Die Zeichen stehen auf Konfrontation"
Wirklich? Jetzt erst?
Merkwürdig lange hat das gedauert, bis das auch
wirklich jedem auffällt.
Vielleicht auch durch die Veröffentlichung der Botschaftsdepeschen durch wikileaks, die aufzeigen
wie öffentlich irgendwelche Scheindiskussionen und
skurrile Bühnenstücke aufgeführt werden, im Hintergrund währenddessen die wirklich wichtigen Dinge passieren.
Meineserachtens hat diese Form der Geheimdiplomatie
auch den entscheidendenden Nachteil, besonders für
den schwächeren Part, das der Stärkere leichter seine
Machtposition ausspielen kann.
Wirklich ernstgenommen wurden die Palästinenser dabei allerdings nie.
Und solange diese immer schön zerstritten sind oder dazu gebracht werden
können, bleibt das auch so.
Im Beispiel Israels:
Solange allen glaubhaft gemacht werden konnte, Premier Netanjahu läge es ernsthaft an einer schnellen Einigung mit den Palästinensern, solange
konnte dieses Hin und Her zwischen Israel und den
USA funktionieren.
Wirklich ernstgenommen wurden die Palästinenser dabei allerdiings nie.
Dazu Benjamin Netanyahu in einem zufälligen
Bandmitschnitt von 2001 ganz stolz zu seiner Sabotage der Friedensverhandlungen in Oslo:
suggests that the only way to deal with the Palestinians is to “beat them up, not once but repeatedly, beat them up so it hurts so badly, until it’s unbearable”.
“America is a thing you can move very easily, move it in the right direction. They won’t get in their way.”
Quelle:http://www.tabletmag.com/scroll/39692/fibi-netanyahu/
Geht doch(-: -auch ohne wikileaks
Nun ist es entschieden, ganz offiziell.
Die Annexion Palästinas durch Israel geht ihren Gang.
Zumindest so lange, bis mal jemand Palästina in dem Maße hilft, wie die westliche Welt seit Jahrzehnten Israel stützt.
Israels „begrenzte Bodenoffensive“ im Libanon birgt immense Gefahren. Nicht nur Iran steigt in den Krieg ein. Die Welt schaut ohnmächtig zu.
Kommentar Baustopp: Was macht Abbas?
Unbehaglich ist die Lage jetzt für die palästinensische Autonomiebehörde und ihren Chef Mahmud Abbas. Der kann eigentlich nur den Bettel hinwerfen.
Gut, dass es der US-Regierung nicht gelungen ist, Israel zu einem weiteren Baustopp zu veranlassen. Das wäre Augenwischerei gewesen. Ein zusätzlicher Baustopp von zwei oder drei Monaten, wie ihn die US-Unterhändler von Israels Premier Benjamin Netanjahu gefordert haben, hätte für die Verhandlungen nichts gebracht. Und eine Erfüllung der israelischen Forderung, Jerusalem von einem solchen Baustopp auszunehmen, wäre gar de facto einer Anerkennung des Status von Jerusalem als alleiniger und unteilbarer Hauptstadt des Staates Israels gleichgekommen.
Eine solche Vorfestlegung in einem der strittigsten Verhandlungspunkte eines zukünftigen Friedensabkommens hätte Washingtons Verhältnis zu den arabischen Verbündeten, die Palästinensische Autonomiebehörde eingeschlossen, über alle Maßen belastet. Die sind durch die Wikileaks-Veröffentlichungen schon strapaziert genug.
So liegen die realen Macht- und Bündnisverhältnisse wieder offen auf dem Tisch. Netanjahu behält die Oberhand, Barack Obamas Friedensoffensive ist gescheitert. Eine Fehde mit der siedlerfreundlichen Rechtskoalition in Israel wollte Obama sich nicht aufhalsen.
Unbehaglich ist die Lage jetzt für die palästinensische Autonomiebehörde und ihren Chef Mahmud Abbas. Der kann eigentlich nur den Bettel hinwerfen. Ohne Siedlungsstopp keine Verhandlungen, war seine in Stein gemeißelte Position. Sollte er wieder einknicken, wäre sein Rest an politischer Glaubwürdigkeit und die seiner Fatah-Partei dahin.
Wahrscheinlich ist jetzt, dass das Scheitern der USA eine Annäherung zwischen Fatah und Hamas zur Folge hat. Bislang hatten ein US-Veto und das US-Geld die Bereitschaft der Fatah zur Aussöhnung gebremst. Die Rücksichtnahme auf die USA dürfte deutlich schwinden. Die Zeichen stehen auf Konfrontation.
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Kommentar von
Georg Baltissen
Auslandsredakteur
61, ist Redakteur im Ausland und gelegentlich Chef vom Dienst. Er arbeitet seit 1995 bei der taz, für die er schon in den 80iger Jahren geschrieben hat. Derzeit ist er zuständig für die Europäische Union und Westeuropa. Vor seiner langjährigen Tätigkeit als Blattmacher und Titelredakteur war Georg Baltissen Korrespondent in Jerusalem. Noch heute arbeitet er deshalb als Reisebegleiter für die taz-Reisen in die Palästinensische Zivilgesellschaft. In den 90iger Jahren berichtete er zudem von den Demonstrationen der Zajedno-Opposition in Belgrad. Er gehörte zur ersten Gruppe von Journalisten, die nach dem Massaker von 1995 Srebrenica besuchte.