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Einspeisevergütung fast halbiertNotbremse beim Sonnenstrom

Die Einspeisevergütung für Solarstrom wird in diesem Jahr fast halbiert, weil die Kosten aus dem Ruder laufen. Selbst die Industrie ist damit zufrieden.

Subventioniert: Solarzellen und Transformatoren eines Umspannwerkes in Bonn. Bild: dapd

Die Förderung für Solarstrom in Deutschland wird weiter drastisch gekürzt – und alle Beteiligten sind damit zufrieden. Ab Juli 2011 wird es für Solarstrom 15 Prozent weniger Vergütung geben, wurde der taz gestern aus Regierungskreisen bestätigt. Am Jahresende soll dieser Preis noch einmal um 9 Prozent fallen, auf dann 22 Cent pro Kilowattstunde. Das gilt nur für neu installierte Solaranlagen.

2009 gab es noch 43 Cent. Diesen Kompromiss zwischen Politik und Wirtschaft wollen Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) und Günther Cramer, der Präsident des Bundesverbands Solarwirtschaft (BSW), heute bekannt geben.

Damit versucht die Regierung die Kosten beim Solarstrom in den Griff zu bekommen, die in den letzten Jahren für die Verbraucher explodiert waren. Denn über eine Umlage zahlt jeder Kunde mit seiner Stromrechnung den erhöhten Preis für die Einspeisung von Ökoenergie in das deutsche Stromnetz. Waren das bis 2010 noch 2 Cent pro Kilowattstunde, sind es ab 2011 bereits 3,5 Cent.

Ein durchschnittlicher Haushalt zahlt etwa 140 Euro im Jahr zusätzlich für den Ökostrom aus Wind, Wasser, Biomasse und Solar, insgesamt sind das 13,5 Milliarden Euro. Wegen dieses Booms war die Vergütung zum 1. Januar 2011 bereits um 13 Prozent gesenkt worden. Verbraucherschützer begrüßten deshalb diesen Schritt, forderten aber noch weitere Kürzungen.

Die Senkung der Fördersätze wurde schon seit langem erwartet und auch von der Solarlobby mitgetragen. Denn der Markt in Deutschland ist durch "Überförderungen" und "Mitnahmeeffekte" geprägt, heißt es von Wirtschaftswissenschaftlern: Während es bei Windstrom 9 Cent pro Kilowattstunde gibt, galt die Förderung von 43 Cent für die Fotovoltaik als extrem hoch.

Dadurch wurden allein 2010 in Deutschland Solarstromanlagen mit einer bei prallem Sonnenschein maximalen Leistung von circa 9.500 Megawatt errichtet – etwa so viel wie sieben bis acht typische AKW-Blöcke. Insgesamt stehen damit jetzt in Deutschland bereits Solaranlagen für Strom mit einer Gesamtkapazität von etwa 19.000 Megawatt – ein guter Teil der von der Bundesregierung geplanten insgesamt 52.000 Megawatt bis 2020.

Deshalb plädieren seit einiger Zeit auch Wissenschaftler und Ökonomen, die einen raschen Ausbau der erneuerbaren Energien befürworten, für einen Schnitt bei der Solarförderung. Ende 2010 hatten zehn Experten einen "dringenden Appell" gestartet, um schnell die PV-Vergütung "dynamisch anzupassen" und "Privilegien abzuschaffen".

Zu den Fachleuten zählten etwa Manfred Fischedick vom Wuppertal Institut, Felix Matthes vom Öko-Institut und Claudia Kemfert vom DIW. Sie warnten, dass die überteuerte Vergütung für den Solarstrom das gesamte Konstrukt des Erneuerbaren Energien-Gesetzes (EEG) gefährden könnte, weil dieses "besonders erfolgreiche Politikinstrument" dadurch "insgesamt an Akzeptanz verlieren und zur Disposition gestellt werden könnte."

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13 Kommentare

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  • K
    kastell

    Australien bekommt die Rechnung präsentiert, nicht genug für den Umweltschutz getan zu haben. Wer die Energie mit festen Brennstoffen (Uran, Kohle, Gas, Öl)erzeugt der sorgt dafür das 55-65% Wärme entsteht. Die Auswirkungen in Bali sind Temperatursteigerungen von 30°auf 45°C und tropische Regenfälle die statt einer Stunde 6 Std. andauern und im benachbarten Australien die Flutkatastrophe auslösen. Auch wir werden dafür zahlen wenn der Weizen der schon um 60% im Preis gestiegen ist weiter steigt. Da ist es doch besser die vorhandene Energie Sonne und Wind „um zu nutzen“. Wind und Solar erzeugen keine zusätzliche Wärme! Es ist auf längere Sicht viel billiger die 4 Cent/KWh EEG Umlage zu bezahlen als extreme Nahrungsmittelpreise und Hungerflüchtlinge zu beherbergen. Die Kosten zur Beseitigung der Flutschäden auch in Deutschland muß man auf die traditionellen Energien umlegen , damit man nicht Äpfel mit Birnen vergleicht. Diese sind nach einer Studie aktuell 8 Cent!

  • PS
    Post Scriptum

    @A.Parbel:

    Danke! Sehr anschaulich dargelegt.

  • Y
    yotago

    Ich bin zwar kein Freund von vergleichender Argumentation. Hier ist aber ein Beispiel diese anzuwenden. Im Vergleich zu den Summen, die die Bürger für die Atomkraft gezahlt haben, zahlen und bis in fernste Zukunft zahlen werden, sind die Beträge für die Solarförderung lächerlich gering.

  • BL
    Bürger Lars (aus Stuttgart)

    Der Srom wird trotzdem immer mehr von der sonne kommen (und von der windkraft). Die Zukunft der Energieversorgung steckt in Rotorblättern und auf Hausdächern.

     

    Das EEG hat dafür gesorgt, dass der Siegeszug der PV Stromversorung begonnen hat.

    Diese Photovoltaikstromerzeugung ist nun mit einem schweren Güterzug zu vergleichen, der volle Fahrt aufgenommen hat und nun nicht mehr gebremst werden kann und auch nicht mehr künstlich beschleunigt werden muss.

     

    Das Ölzeitalter endet nich wegen einem mangel an Öl - genauso wie die Steinzeit nicht wegen einem Mangel an Steinen zu Ende gegangen ist.

  • N
    nico

    An alle potentiellen Dachbesitzer, die in Solarstrom

    investieren wollen. Warten sie ab. 2012 oder noch

    etwas später kommen die neune Modelle und Preise.

    Dann wird alles billiger und effizienter. Dann kann

    man für 15 000 Euro soviel Strom erzeugen wie 2010

    um 30 000 EURO, das Investitionsrisiko halbiert sich vor allem für die Zeit nach der Fördrung (20 Jahre).

    Die Preise für Solaranlagen fallen. Man kann warten. Der Preisverfall ist erst am Anfang.

    Wer bisher investiert hat viel zuviel Kapital gebunden, das nach 20 Jahren keinen entsprechenden

    Ertrag mehr bringt.

  • AP
    A. Parbel

    Zugegeben hatte die Solarbranche nach den letzten Senkungen der Einspeisevergütung und trotzdem steigenden Absatzzahlen gegenüber der Politik ein Glaubwürdigkeitsproblem.

    Ob nun nach erneuter, ausserplanmässiger Absenkung der Verbraucher geschützt wird, sehen wir ja, wenn die Strompreise dann bald wieder sinken, oder zumindest nicht mehr steigen. Ich wage einen leisen Zweifel daran.

     

    Der volkswirtschaftliche Nutzen, der sogenannte Merit-Order Effekt - der Strompreis-reduzierend wirkt - und die Erfolge, die deutsche Unternehmen auch im Ausland auf Grund des EEG-Erfolges hatten, wurden jetzt wohl nicht mehr erwähnt. Auch die Tatsache, dass die Umlage ab dem Jahr 2013 / 14 wieder sinken wird, wurde getrost übersehen. Nicht zu vergessen die Tatsache, dass die Solarstromanlagen nach Ablauf der 20 Jahre ihren Strom zu Kosten von praktisch 0 € je kWh produzieren (und sie laufen sicher deutlich länger als 20 Jahre), fand sich nicht in den Diskussionen.

    Also von einer Dauersubvention kann hier wohl nicht gesprochen werden.

     

    Im Gegensatz dazu die Kernkraft, die seit Einführung von mehr als 40 Jahren in Deutschland immer noch - neben den Stromkosten - von Bürger subventioniert wird (man spricht hier von 160 Mrd. EUR). Das nenne ich eine Dauersubvention. Die Folgekosten für Endlagerung und Rückbau der Kraftwerke wollen wir hier mal gar nicht erwähnen. Alles Kosten, die von den Vier großen Kraftwerksbetreibern nicht übernommen werden, sondern über Steuergelder aus den Haushalten des Bundes und der Länder finanziert werden müssen.

    Dumm nur, dass das nicht in der Stromrechnung erscheint z. B. als "Kernenergie-Entsorgungs-Umlage". Das sind vermutlich mehr als 3,5 ct..

     

    Wie schon in den letzten Monaten beweist die Regierung hier wieder einmal, dass sie Lobby-Politik ganz im Sinne der Konzerne betreibt. Die zentralen Versorgungsstrukturen, die Abhängigkeit von der Macht der vier Energieproduzenten bleibt so erhalten.

    Die Erneuerbaren könnte eine Wende einleiten hin zu: "Energie in Bürgerhand".

  • S
    schade

    Ein sehr einseitiger Artikel. Schade. Wer 140€ mehr für die EEG-Umlage zahlen muss, verschwendet definitiv viel zu viel Strom. Und das Solarstrom zu einer erneuerbaren, dezentralen Stromversorgung mehr beizutragen hat als volkswirtschaftlich teurer Kohle- und Atomstrom fällt auch unter den Tisch.

  • X
    xonra

    Übrigens sind keineswegs "alle Beteiligten" mit dieser Kürzung einverstanden. Eurosolar und der Solarförderverein Deutschland www.sfv.de sehen das das anders.

  • P
    pseudoruprecht

    Schade, da hat es mal wieder nur zu einer ausgeschmückten Agenturmeldung gereicht.

     

    "und alle Beteiligten sind damit zufrieden."

     

    Wenn ich als Journalist so einen Satzteil fabriziere, sollte eigentlich der Verstand anspringen und sich auf die Suche nach Entscheidungen begeben, mit denen schon jemals "alle zufrieden waren"

  • W
    Waage

    Guter Kompromiss und nach meiner Ansicht die einzige Möglichkeit einer festen Deckelung des künftigen Zubaus (wie z.B.in Frankreich auf nur 0,5 Gigawatt/Jahr!!!)zu entgehen.

    Nachdem die Belastungsfähigkeit der Verbraucher/innen angetestet wurde ist jetzt mal die Solarbranche dran.

    Ich bin zuversichtlich, dass sie das aushalten wird.

  • X
    xonra

    Ich zahle gerne 140 Euro mehr pro Jahr. Die Angst, dass die Erneuerbaren Energien ihre Akzeptanz verlieren, sollten die ängstlichen Verbände getrost vergessen. Die Akzeptanz für fossile und atomare Energie ist schon lange dahin. Trotzdem wird den nachfolgenden Generationen zugemutet, dass die bis heute noch nicht genau bezifferten sogenannten externen Folgekosten evtuell weitmehr als 140 Euro p.A. kosten werden . Die Verbände haben sich von der Desinformationskampagne der fossil atomaren Energie(miß)wirtschaft einschüchtern lassen.

  • C
    cminusminus

    Nicht 3,5% sonder 3,5c also. Mein Fehler.

    Aufregung war wohl zu groß.

  • C
    cminusminus

    140€ mehr pro Familie pro Jahr. Das sind bei 3,5% 4000€ pro Jahr Stromrechnung.

    4000kWh pro Jahr a 20c kommen eher hin. Also 800€ -> bei 3,5% also 28€.

     

    Wo habt Ihr das abgeschrieben...