MEINE NULLERJAHRE
: Macken verpennt

Ein Fotohandy besitze ich bis heute nicht

Dass einem eine Pressemitteilung ernsthaft zu denken gibt, ist eher selten. Eine E-Mail des Eichborn Verlags aber hatte es in sich. „Sehr geehrter Herr Schröpfer“, wurde ich dort persönlich herausgefordert, „wissen Sie noch, wann Sie das erste Mal ein Yogastudio oder einen Biosupermarkt betreten haben? Wann plötzlich alle Twens Alcopops tranken, Männer metrosexuell wurden oder Sie das erste Bild mit Ihrem Fotohandy geschossen haben?“

Es ging um das Buch „Unsere Nullerjahre“ der Journalistin Judith-Maria Gillies, die darin die „Moden und Macken“ der 2000er-Jahre von A wie „Alcopops“ bis Z wie „Zoosendungen“ auflistet.

Ich war betroffen. Ein Yogastudio nämlich habe ich in meinem Leben noch nicht betreten. Statt eines Biosupermarkts erinnere ich mich an regelmäßige Einkäufe im Reformhaus, die ich in den Neunzigerjahren als Gymnasiast getätigt habe. Immer einen Marsriegel und eine Dose Cola. Denn der Laden hatte sich aus purer Verzweiflung den Bedürfnissen des nahen Schulhofs angepasst. Und ein Fotohandy besitze ich bis heute nicht.

Auch das Wort „Aromatherapie“ rief in mir keine Erinnerungen wach, geschweige denn „Zahnbleaching“ und auch nicht „Zehenringe“. „Zoosendungen“ habe ich in den Achtzigerjahren als Kind das letzte Mal gesehen (Prof. Doktor Doktor Dathe). Meine „Sudoku“-Phase dauerte nur zweieinhalb Wochen. Im „Billigflieger“ saß ich nicht, weil meine Freundin eine Vorliebe für die abgelegeneren Départements der französischen Provinz hegt. Und eine „Hotstone-Massage“ musste ich bislang ebenso wenig über mich ergehen lassen, wie ich mir etwa „Botox“ habe spritzen lassen.

„Du bist ein hoffnungsloser Fall“, staunte ein Bekannter, dem ich all das berichtet hatte. „Sind die Nullerjahre denn komplett an dir vorbeigegangen?“

ROBERT SCHRÖPFER