DAILY DOPE (612)

Lance Armstrong will nicht mit der US-Anti-Doping-Agentur (Usada) zusammenarbeiten. Er will nicht unter Eid aussagen und den geläuterten Insider spielen. Er will nicht mitmachen bei einer systematischen Aufklärung, an deren Ende, das teilte sein Anwalt mit, nur das Ziel stünde, „ausgewählte Individuen zu dämonisieren“. Welche Meinung der zugeknöpfte Armstrong zum Speichensalat hat, den er hinterließ, findet sich beim Kurznachrichtendienst Twitter. Hier verweist ein „Optimist in einer pessimistischen Welt“, Armstrong also, auf ein Essay seines Exkollegen Jonathan Vaughters. Der schreibt, er bereue es, bei der Usada ausgesagt zu haben. Vaugthers ist Teammanager eines US-Radrennstalls und Exdoper. Er beschwört in seinem zynischen, aber dramaturgisch clever inszenierten Gedankenstück auf cyclingnews.com eine Stunde null des Radsports – dem noch sauberen Nachwuchs zuliebe, der zeigen könne, „wie Radsport eigentlich sein kann“. Vaugthers präferiert die Version einer Kollektivschuld, die alle trifft: Verbände, Medien und Teams. Am Ende, nachdem er sich selbst als Teil des Systems brav an den rhetorischen Pranger geschrieben hat, poppt eine als Fazit getarnte Comicsprechblase auf: „Wir müssen für alles bezahlen, was wir taten.“ Ein nettes stilistisches Gimmick, das ein PR-Storyboard für die Zukunft beschwört: Nur Tabula rasa hilft. Das mag richtig sein, doch Lance und Kollegium sind leider keine Comicfiguren. Die Herren gibt es wirklich. JSCH