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Quotendiskussion bei den LiberalenFDP will sich mit Frauen retten

Um den Frauenanteil in der FDP zu erhöhen, hat der Vorstand eine 30-Prozent-Quote beschlossen. Die Liberalen Frauen wollen jedoch 40 Prozent für Parteigremien.

"Man sollte offen sein für Frauenquoten": Silvana Koch-Mehrin. Bild: imago/zentrixx

Die Debatte um die Frauenquoten erreicht jetzt auch die FDP. Künftig sollen Frauen innerhalb der Partei stärker gefördert und der Frauenanteil deutlich erhöht werden. Das beschloss jetzt der FDP-Bundesvorstand. "Die FDP kann und wird es nicht länger zulassen, dass die immensen Potenziale qualifizierter und engagierter Frauen nicht genutzt werden", heißt es im Papier "Neue Chancen für Frauen".

Danach sollen künftig 30 Prozent der FDP-Mitglieder sowie der Funktions- und Mandatsträger weiblich sein. Wann dieses Ziel erreicht werden soll, sagt der Beschluss allerdings nicht. Heute sind von den rund 72.000 Mitgliedern 23 Prozent Frauen. Die FDP hat seit 1987 einen Frauenförderplan. Aber gebracht hat der wenig. Auch der aktuelle Beschluss wird folgenlos bleiben, ahnen daher viele FDPlerinnen.

Das wollen die Liberalen Frauen (LF) ändern und fordern eine 40-Prozent-Quote für alle Parteigremien. Dazu hat die Frauenorganisation der FDP für den Bundesparteitag im Mai in Rostock einen Antrag auf Satzungsänderung eingereicht. Doris Buchholz, LF-Bundesvorsitzende, rechnet nicht damit, dass der Antrag angenommen wird. "Aber wir reichen ihn einfach immer wieder ein", sagte Buchholz zur taz.

Die FDP ist die einzige Partei im Bundestag ohne Frauenquote. Das hat Folgen: Nur knapp ein Viertel der FDP-Bundestagsabgeordneten ist weiblich, die Fraktionsvorsitzende Birgit Homburger ist eine der wenigen Frauen in einer Führungsposition. 13 der 16 Landesverbände werden von Männern geführt, bei Wahlen landen Frauen oft nicht einmal auf einer Kandidatenliste oder nur auf aussichtslosen hinteren Plätzen.

"Ohne echte Frauenquoten ist gar nichts zu erreichen", meint Buchholz. Dabei habe die FDP schon längst Quoten, sagt die 51-jährige Rechtsanwältin. Sie werden nur nicht so genannt, sondern zum Beispiel "Kurfürstenliste": Die sorgt dafür, dass es im Bundesvorstand aus jedem Landesverband einen Beisitzer gibt. Auch die Wahl zum Bundesvorstand läuft über einen Regionalproporz. "Diese Männer haben kein Problem damit, Quotenmänner zu sein", sagt Buchholz.

Der Berliner LF-Landesverband hat dem 40-Prozent-Quoten-Antrag einstimmig zugestimmt. "Ein kommunistisches Ergebnis", sagt LF-Landeschefin Frauke Jung-Lindemann.

Quoten in der Wirtschaft lehnt die FDP weiterhin ab. Auch der aktuelle Beschluss des Bundesvorstands setzt hier ausdrücklich auf den "laufenden Bewusstseinswandel". Bei den Frauen selbst ist das Thema umstritten: Petra Müller, LF-Vorsitzende in Nordrhein-Westfalen, spricht sich für eine flexible Quote aus, Nicole Bracht-Bendt, frauenpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, will keine Quote. Europa-Abgeordnete Silvana Koch-Mehrin sagt: "Man sollte offen sein für Frauenquoten." Irmgard Schwaetzer, Ex-Bundesbauministerin, weiß: "Gegen Männerbünde helfen nur administrative Maßnahmen."

Während bei den FDP-Frauen gilt: Je älter, desto eher plädieren sie für Quoten, gibt es bei den Männern in allen Altersstufen Befürworter und Ablehner, hat Buchholz beobachtet. "Eine Frauenquote für Aufsichtsräte greift viel zu kurz. Deshalb müssen wir darauf achten, dass weiblicher Nachwuchs in den mittleren Führungsebenen entsteht und nach und nach bis ganz oben rückt", sagt Marco Buschmann, 33 Jahre alt und Vorsitzender des Rechtsausschusses des Bundestages: "Das ist eine langfristige Aufgabe."

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11 Kommentare

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  • T
    Tankwart

    Gerade die FDP ist ein wunderbares Beispiel dafür, dass Frauen auch ohne Quoten eindeutig nicht diskriminiert werden: 21% der Parteimitglieder sind weiblich, dem entspricht nahezu exakt der Frauen-Anteil von 23% der FDP-Bundestagsmitglieder. Ich kann hierin keine Ungerechtigkeit erkennen. Läge der Anteil der weiblichen Parteimitglieder bei 50%, der Anteil an den Abgeordneten aber nur bei 23%, dann und nur dann, könnte man überhaupt eine Diskriminierung vermuten.

     

    Dass die FDP mehr männliche Mitglieder hat und vor allem männmliche Wähler anzieht, hat m.E. seine Ursache darin, dass diese Partei für mehr Eigenverantwortung und weniger Regulierung steht. Frauen scheinen traditionell stärker für die Ideen Umverteilung und staatlicher Gleichmacherei empfänglich zu sein, was sich auch deutlich an der Quotendiskussion zeigt.

  • DL
    Die Liberalen Frauen wollen keine Frauenquote

    Der Artikel ist unzureichend recherchiert. Man hätte den Antrag komplett sowie mehrere Eingaben der Liberalen Frauen an den Bundesvorstand lesen sollen.

     

    Die Liberalen Frauen wollen keine Frauenquote, sondern ein Quote für Mitgliederinnen der Liberalen Frauen e.V. Das ist ein sehr großer Unterschied! Ein weibliches Parteimitglied würde nicht automatisch von der Quote profitieren. Nur, wenn sie Mitglied der Liberalen Frauen ist.

     

    Die bodenlos dreiste Idee geht noch viel weiter: Die Quoteplätze werden NICHT allgemein für Frauen reserviert. Die Liberalen Frauen wollen gleich über die personelle Besetzung von oben herab ENTSCHEIDEN und ihren Küngel ENTSENDEN.

     

    Mit einem demokratischen Wettbewerb um die besseren Inhalte hat das nichts zu tun.

  • B
    Bruno

    Mit welcher Begründung sollen 23% der weiblichen Mitglieder 40% der Posten bekommen?

  • J
    Jochen

    Ich denke, die FDP macht einen gravierenden Fehler, jetzt auf einen, wenn auch weitgehend dekontaminierten Feminismus zu setzen. Gerade begann die FDP für die wachsende Zahl von Männern interessant zu werden, die sich für Männerrechte und gegen die verbreitete Benachteiligung von Männern einsetzen, da ruiniert sie dieses mühsam erworbene Image wieder. Stattdessen sollte die FDP als einzige Partei, die bislang noch von diesen unsäglichen Frauenquoten verschont geblieben ist, sich konsequent zum Anwalt von Männerrechten machen, damit hätte sie in der gegenwärtigen Parteienlandschaft geradezu ein Alleinstellungsmerkmal, und der Trend geht sowieso rapide in Richtung einer Männerrechtsbewegung.

  • P
    Philip

    Ich finde dieses legalistische Programmdenken der Bundespolitiker traurig. Traurig, da rückwärtsgewandt.

     

    Paternalistische Gesellschaftsformen lassen sich nicht durch Gesetze wandeln!!! Der Gesellschafts/- und Kulturvergleich beweist es!

  • D
    Daniel

    Das ist keine Quote sondern ein Ziel, und was gibt es denn daran auszusetzen?

  • MH
    Martin Hagen

    Sie schreiben, 15 der 16 Landesverbände würden von Männern geführt. Ich zähle Mit Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (Bayern), Birgit Homburger (Baden-Württemberg) und Cornelia Pieper (Sachsen-Anhalt) drei weibliche Landesvoprsitzende. Die Rechnung geht irgendwie nicht auf ;)

  • R
    Robert

    "Die FDP kann und wird es nicht länger zulassen, dass die immensen Potenziale qualifizierter und engagierter Frauen nicht genutzt werden", heißt es im Papier "Neue Chancen für Frauen".

    heisst es da oben im Text. Da aber eine spezielle Förderung der Frauen bei gleichbleibender Anzahl der lukrativen Posten zwingend bedeutet, Männer zu benachteiligen, muss sich natürlich jeder, der obige Behauptung aufstellt, auch gleichzeitig fragen, ob er es sich leisten kann, die realen Leistungen und Potentiale qualifizierter und engagierter Männer (langfristig) zu verlieren.

  • M
    MatthiasF

    Schlecht recherchiert! "15 von 16 Landesverbänden werden von Männern geführt"

    Mir fallen da spontan Bayern (SLS) und BaWü (Homburger) ein, um das zu widerlegen.

  • C
    Celsus

    Die Qualität soll durch die Beteiligung von Frauen an Führugnspostionen also steigen. Wenn das kein indirektes Eingeständnis ist, dass die Qualität der FDP-Männer zu wünschen übrig lässt.

     

    Aber was soll die Frauenquote bei der Qualität der Partei verbessern? Ich erinnere mal an die Suffragetten, die ein Frauenwahlrecht forderten, eben weil die Frauen nicht besser und nicht schlechter als die Männer auch seien. Etwas mehr Realismus auch bei den FDP-Frauen sollte daher angesagt sein.

     

    Und würde es besser, weil qualifizierte Frauen behindert worden sind? Ich glaube nein. Die Frauen stellen doch eine Minderheit in der FDP, die noch wiet unter 30 % liegt. Wenn die dann zu 40 % Positionen besetzen sollen, ist ein weiterer Qualitätsverfall zu erwarten.

     

    Außer einer neuen Verpackung hat das dann nichs zu bieten. Es ist nach wie vor die Partei, die nicht mehr als Steuersenkungen als Ziel kennt. Alter Wein in neuen Schleuchen halt. Dadurch wird der auch nicht mehr besser.

  • Q
    Querulant

    *LOL* Bei dem Bild könnte man ihr auch etwas anderes in den Mund legen...