Jahresbericht des Landesrechnungshofs: Bezirke machen, was sie wollen
Der Rechnungshof rügt die uneinheitliche Verwaltung in Hamburg, das ineffiziente Einsetzen von Lehrern und immer teurer werdende Bauvorhaben - und lobt die SPD.
HAMBURG taz | Der Landesrechnungshof hat die Bezirksverwaltungsreform kritisiert. In ihrem aktuellen Jahresbericht 2011 bemängelte die Kontroll- und Beratungsbehörde, dass Teile der Reform nicht umgesetzt worden seien und andere nicht funktionierten. Weitere Teile des Berichts befassten sich damit, dass Lehrer nicht effizient eingesetzt werden und öffentliche Bauvorhaben regelmäßig teurer werden als geplant - ein Thema zu dem der Senat immerhin eine überbehördliche Arbeitsgruppe eingesetzt habe.
Die allgemeine Haushaltslage sei aufgrund der Finanzkrise schlechter denn je, sagte der Präsident des Rechnungshofes, Jann-Meyer Abich. Immerhin stiegen die Einkommen wieder, womit sich auch die Chancen, den Haushalt ins Lot zu bringen, verbesserten.
Wie der Präsident ausführte, gibt die Bürgerschaft jeden zehnten Euro für Zinsen aus - eine Milliarde Euro. "Was könnte man mit diesem Geld alles machen", seufzte Meyer-Abich. Bis 2014 werde die Stadt ein Defizit von 4,6 Milliarden Euro aufhäufen. Noch stünden 5,7 Milliarden Euro an Kreditermächtigungen zur Bewältigung der Krise bereit, ausgegeben zu werden. Dabei stehe in der Landeshaushaltsordnung, dass ab 2013 keine neuen Schulden mehr gemacht werden dürften; und ab 2015, so der Plan, sollten eigentlich 100 Millionen Euro im Jahr zurückgezahlt werden. "Wie soll das gehen?", fragte Meyer-Abich.
Angesichts dessen zeigte sich der Präsident zufrieden, dass die Haushaltspolitik in einem Wahlkampf erstmals eine bedeutende Rolle spiele. Dass die SPD beteuert, sie werde in jedem Jahr höchstens ein Prozent mehr ausgeben als im Jahr davor, nannte Meyer-Abich "ein wichtiges und richtiges Versprechen". Leider seien die Konsolidierungsbemühungen der alten, schwarz-grünen Regierung aufgrund des Koalitionsbruchs stecken geblieben. Damit habe die Stadt Zeit verloren.
Das Thema "Bezirksverwaltungsreform" hatten kürzlich die sieben Bezirksamtsleiter in einer gemeinsamen Erklärung aufs Tapet gebracht. Unter anderem beklagten sie sich, sie würden von den Senatsbehörden unnötig kontrolliert. Der Rechnungshof moniert das Gegenteil: Im Verhältnis zwischen dem für die Bezirke zuständigen Finanzsenator und den Bezirksamtsleitern fehlten "klare Entscheidungsstrukturen". Dass Fachanweisungen der Behörden nur verbindlich würden, wenn alle Bezirksämter zustimmten, habe sich nicht bewährt.
Es sei ein Fehler gewesen, den Leistungsvergleich zwischen den Bezirksämtern zu stoppen. Wie nötig der sei, zeigten einfache Zahlen: So variiere die Zahl der Quadratmeter pro Mitarbeiter zwischen 23 und 35. Manche Bezirke gewährten doppelt soviel Eltern- und Erziehungsgeld wie andere. Statt vielen Kundenzentren mit schlechten Öffnungszeiten sollte es wenige Kundenzentren mit langen, einheitlichen Öffnungszeiten geben.
Der Rechnungshof kritisiert, dass weniger Obdachlose als geplant in eigenen Wohnungen untergebracht wurden. "Die Verwaltung hat es hingenommen, dass die mit Teilen der Wohnungswirtschaft vereinbarten Zielzahlen für die Aufnahme von Wohnungslosen deutlich verfehlt wurden", so die Behörde. Zudem würden die dafür vorgesehenen Wohnungen immer weniger. Das müsse sich ändern, denn es sei schlecht für die Menschen und teuer für die Stadt.
Die Kontrolleure wundern sich, dass mehr als 10.000 Lehrerstellen eigentlich gut ausreichen müssten, um den Unterricht zu garantieren. Das sei aber nicht der Fall und die Schulbehörde wisse nicht, was ihre Lehrer tun.Werden Lehrer krank, kann zwar eine Vertretung bestellt werden, doch aus dem Topf dafür sind nach Zählung des Rechnungshofs neun Million Euro nicht abgefordert worden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!