Und plötzlich riss der Himmel auf

So jauchze denn, Christenheit: Osnabrück wird offizieller Ausrichter des 97. Katholikentages im Jahr des Herrn 2008

„Wir haben den Mut, das durchzuziehen!“, rief der heldenhafte Bischof von O.

Lang schon hatte die Stadt hinter den Bergen kein Licht mehr gesehen. Schwarzer Nebel strich durch die verfinsterten Gassen. Geduckt eilten die Menschen dahin und verfolgten mutlos ihr Tagewerk, das sie viel lieber in häuslichen Gefilden verrichtet hätten. Aber was half’s?!

Europas Kulturhauptstadt zu werden, hatte Osnabrück sich angeschickt, doch siehe, die Stadt des Westfälischen Friedens, der Varusschlacht, des unübertroffenen Kulturlebens war übertölpelt und ausgestochen worden von einer Obrigkeit, der von Braunschweig her kommende Schranzen um den Bart gingen und sie eines anderen, wenig Besseren belehren. Allumfassende Trübsal befiel diese schwer gezeichnete Stadt, in der sich Bausünde an Bausünde reiht, in der der zuchtmeisterliche Landesherr Christian Wulff seinen Stammsitz hat und aufopferungsvolle Deutschlehrer sich vergeblich bemühen, der Sprachkorruption der beiden örtlichen Gratisgazetten entgegenzuwirken.

Doch jüngst stieg ein Herold von der Autobahn herab, pochte ans Stadttor und bat um Einlass. Zögernd ward er ihm gewährt und die Spießbürgerlichen taten gut daran, denn der Sendbote überbrachte wichtige Kunde der Geistlichkeit. Am vergangenen Freitag sei es beschlossen worden: Osnabrück darf 2008 den 97. deutschen Katholikentag ausrichten. „Wir haben den Mut, das durchzuziehen!“, hatte der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode tapfer gerufen und damit schon im Vorfeld der Abstimmung Paderborn als letzten möglichen Turniergegner in die Flucht geschlagen – ein unerhörter Triumph für die Stadt am Haselauf.

Seit die frohe Botschaft die Runde machte, sieht man wieder lachende Gesichter auf den Straßen der alten Hansestadt. Kinderaugen glänzen, Spielleute bitten zum Tanz. Fast will es scheinen, als folge sogar das Wetter der aufgeräumten Stimmung – alle paar Stunden reißt die Wolkendecke zumindest für kurze Momente auf, legt der hier übliche Dauerregen eine Pause ein. Den Zeiten der Krisen und der Bruderkämpfe ward Lebewohl gesagt. Selbst Stadtschreiber Fuhs, der in seinem sonntäglichen Blatte Schlendrian, Steuerfron, Stadtplanung und Sozialleistungen alleweil unbarmherzig zu geißeln pflegt, hat sich Mäßigung auferlegt und bewillkommnet die 30.000 Pilger, die da kommen werden, obwohl sie die Erfüllung seines schlimmsten Albtraums bedeuten: den totalen Exitus der örtlichen Verkehrswege. Denn manch einer wird wohl zum Fuhs-Gänger werden, sobald Christenscharen die Straßen bevölkern und um Herberge flehen; wo sonst Gespanne in langen Reihen auf Weiterfahrt warten, werden Zelte und Notunterkünfte errichtet werden und die Dinge am Laufen hindern.

Die Osnabrücker aber lassen sich’s nicht verdrießen und freuen sich auf manchen Taler, den sie den Gefolgsleuten des Papstes abknöpfen werden. Jubelchöre dringen aus den Beträumen sämtlicher Konfessionen, und manch einer, der noch gestern mit dem Teufel im Bunde stand, entdeckt seinen Glauben wieder. Darauf ein dreifach donnerndes Halleluja. So aber spricht der Herr: Wer ohne Sünde ist, der werfe den ersten Steinhäger. Amen. CASPAR WIEDENBROCK