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Kommentar Luftangriffe auf LibyenNato wird zur Bürgerkriegspartei

Kommentar von Eric Chauvistré

Libyens Luftwaffe soll zerstört sein. Was dann als plausibles Ziel der Angriffe bleibt, ist die Unterstützung einer Bürgerkriegsparte - die nicht von der UN-Resolution gedeckt ist.

D ie Nato-Mitglieder hatten ihren Sandkasten-Streit über die Führungsrolle bei der Durchsetzung der Flugverbotszone noch nicht beendet, da verkündete der Kommandeur der britischen Luftstreitkräfte schon Vollzug. Die libysche Luftwaffe sei keine kämpfende Kraft mehr. Das Thema Flugverbot ist also erledigt.

Es gibt jetzt kein Vorbeimogeln mehr an der Frage nach dem Ziel der Luftangriffe. Der Verweis darauf, dass die UN-Sicherheitsresolution auch den Angriff auf Bodentruppen zum Schutz von Zivilisten erlaube, reicht dabei nicht aus. Schon deshalb, weil der Krieg auf Seiten der Rebellen zwangsläufig auch von Zivilisten geführt wird: Menschen, die mitunter täglich an die Front pendeln und verständlicherweise den Schutz der Städte suchen.

Und da die Rebellen, ebenso logisch, jede von den ausländischen Flugzeugen erbombte Schwäche des Regimes zum Vorrücken nutzen, werden die Luftangriffe auch nicht zu einem Waffenstillstand führen. Was als plausibles Ziel der Angriffe bleibt, ist folglich die massive - von der UN-Resolution übrigens nicht gedeckte - Unterstützung einer Bürgerkriegspartei.

Bild: privat

ERIC CHAUVISTRÉ ist freier Journalist und Autor.

Auch das lässt sich natürlich als humanitäre Befreiungstat verklären. Der Unterschied zu George W. Bushs Doktrin des militärischen Regimechange ist dann aber nicht mehr erkennbar. Zwar werden keine fremden Bodentruppen in Libyen zum Einsatz kommen, doch Waffenlieferungen, logistische Hilfe, verdeckt agierende Spezialtruppen und eben weitere Luftangriffe auf Bodentruppen werden den Ausschlag geben.

Dann allerdings bleibt die Frage, ob es tatsächlich so viel ehrenwerter und moralischer ist, einen Haufen unerfahrener Männer mit Pickups und leichten Waffen gegen Panzer fahren zu lassen als, wie Bush es im Irak tat, den Krieg mit gut ausgerüsteten Truppen zu führen. Und es bleibt die Frage, ob man den arabischen Demokratisierungsbewegungen mit einem von außen herbeigebombtem militärischen Sieg einen Gefallen tut.

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4 Kommentare

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  • W
    Wolfi

    Was bleibt nun als Essenz der Kriegstreiberei in den deutschen Medien und Kommentarspalten? Keiner der kriegsfreunde weiß, wofür die NATO wirklich Krieg führt. Was wollen diese Länder USA. Großbrittanien, Frankreich wirklich bewirken?

  • V
    vic

    Das UN-Mandat wurde durchgesetzt, die Flugverbotszone verhängt.

    Ab sofort sind die Willigen der UN und NATO eine gewöhnliche Söldnertuppe.

  • W
    Wolf

    Die aktuelle Luftwaffe Libyens zerstören um der neuen Regierung eine neue verkaufen zu können. Nebenbei Russland aus dem Servicevertrag drängen!

     

    Kapitalistisches Blutmarketing!

  • VG
    Vera Gehlkiel

    Mir bleibt völlig unverständlich, wie man zu der

    Auffassung gelangen kann, in Libyen sei ein

    Bürgerkrieg ausgebrochen. Der Gewaltherrscher

    Gaddafi ist durch nichts legitimiert, Krieg gegen

    die Libysche Bevölkerung zu führen. Er ist durch

    einen Militärputsch zur Macht gelangt und konnte

    diese über Jahrzehnte mit Milliarden aus Deutschland

    und anderen öl/ sowie exportabhängigen Nationen

    sichern.

     

    Wir stehen hier in der Verantwortung, ein jeder von

    uns, weil wir libyschen Sprit getankt haben, unsere

    Playstations und Fernseher Gehäuse besitzen, die

    aus libyschem Erdöl gefertigt sind, wir unsere

    expansive wirtschaftliche Prosperität ganz zentral

    dem seit Jahrzehnten funktionierenden Öl/Deal

    verdanken, der Duldung von Fundamentalismus,

    wahnsinniger Diktatorenschaft, Folter, Mord und

    Unterdrückung dafür, das es uns, jedem Mann, jeder

    Frau, jedem Kind und jedem Haustier, hier gut geht,

    wir es warm haben, fünfmal im Jahr in Urlaub fahren,

    etc...

     

    In Nordafrika ist etwas aufgebrochen, um die Stimme

    zu erheben, das, was Hardt/Negri als "Multitude"

    bezeichnen, etwas, das sich von innen heraus

    demokratisiert hat, das die neuen Medien nutzt,

    um sich zu konsolidieren. Endlich passiert es, und

    es wirft ein Schlaglicht auf uns verrottete

    Profiteure. Wir könnten uns schämen, dann aufraffen,

    uns kritisch hinterfragen, was für Typen wir uns da

    am Leben halten, die uns Öl liefern, Wohlstand, wer

    es dort ist, der unsere "Leitkultur" gewährleistet,

    unsere Debattenkultur vor den Fernsehern und

    Monitoren mit Strom und Reizwörtern versieht.

     

    Wir könnten uns schliesslich in die

    Mitverantwortung stellen, uns als Mitverursacher

    definieren für all das Leid, das dort über die

    kommt, die gegen einen Diktator aufstehen, ihr

    Leben einsetzen, das ihrer Familien und Kinder,

    um frei zu sein. Natürlich, auch frei von uns,

    denn wir sitzen ja mit am Tisch bei den

    Massenmördern, wir gehören zu denen, für die,

    die dort sind, wir sind Teil des ausbeuterischen

    Krebses, der an ihnen frisst.

     

    Was tun wir aber?! Klar, wir haben unsere Mutti,

    die rechnet das erstmal hoch und sagt, das wird

    aber teuer, Jungens, da bleiben vielleicht nur

    dreimal Urlaub übrig, auch nur Nordsee oder

    Westerwald. Klar, es muß gebombt werden, wollen

    wir uns das echt geben, im Fernsehen, diese

    verbrannten Kinderarme und /Beinchen?!

    Sind wir denn wirklich an allem Schuld, was in

    der Welt an Mist geschieht, nur, weil wir mal

    den Adolf hatten?!

     

    Die Welt ist nun mal nicht so toll, sagt die Mutti,

    aber uns geht es doch noch gut, wir können auch fast

    alles haben, selbst die Hartzer kriegen ihre Ration,

    und können gemütlich ihr Bier zischen am Kiosk. Wir

    brauchen sie nunmal, um diesen Status Idem zu

    halten, die öl/und exportbasierte Wirtschaft, und

    es wird nunmal so sein, das Gaddafi das Rennen

    macht, und dann können wir uns ganz vorne in die Reihe stellen, und Gaddafi wird uns einen Rabatt

    reinrechnen, das den Franzosen das Blech wegfliegt.

     

    Klar, so läuft das. Ist nur wichtig, das wir uns

    alle vormachen, das in Libyen ein Bürgerkrieg tobt,

    in so etwas darf man sich unter souveränen Staaten

    ohnedies nicht einmischen, so haben wir wieder eine

    schöne weiße Halskrause um, egal, wie es kommt.

     

    Und was tun wir, das Volk, der Teil der Multitude

    mit Anspruch auf Kilometergeld und qualitätsoptimierter Tiefkühlkost? Wir kotzen nicht über den Tisch, rennen empört auf die Strasse, um uns mit anderen gemeinsam aufzuregen, starten einen

    Bezinboykott, usurpieren die sozialen Netzwerke mit

    Versicherungen unserer Solidarität! Nein, wir denken

    ein bisschen nach, ziehen dann, noch weiterhin

    kontemplativ gestimmt, bedächtig eine Schublade auf,

    in der sich George W. Bush gemeinsam mit Guttenberg,

    Westerwelle und Walt Disney befinden, versichern uns vor dem Spiegel, Auge in Auge mit uns selbst, nochmals, das wir gegen den Krieg sind, setzen uns

    an den Computer, Twittern kurz mit einem anderen

    Pazifisten, und spielen dann eine Weile, der

    Fernseher läuft schon ohne Ton, WoW bis zum Beginn

    von Maybrit Illner.

     

    Klar, manchmal merkeln wir, das uns das aufregt,

    weinende Greise, Kopftuchgattinnen, die sich über

    die Leiber toter Jünglinge werfen, Explosionen,

    Schreiende, die Kalaschnikows oder andere

    Sturmgewehre bedrohlich vor der Kamera schwenken.

     

    Dann brauchen wir ein emotionales Upgrade, etwas,

    das man früher Feindbild nannte, und wir zappen,

    wählen aus aus den Angeboten, was uns behagt:

    Broder, der zottelige Unjude, Fischer, der fiese

    Fettsack, Cohn/Bendit, der nicht mal richtig Deutsch

    kann, Sarkozy, die Mensch gewordene Dauererektion.

     

    Könnten nicht diese ausgewiesenen Unsympathen, diese

    Kriegstreiber, dran Schuld sein? Oder Obama, der

    falsche NobelpreisFuffziger?!

    Zum Glück gibt es auch diesmal Intellektuelle genug,

    die den soften Common Sense, dieses Gefühl von

    gelungen vermiedener Involviertheit, diesen Eindruck

    von Radikalität beim lauten Rufen eines "Nein"

    angesichts eines brennenden Ölfeldes oder in

    Betrachtung des Preisetiketts auf einem

    Marschflugkörper, melkend streicheln, sogar

    Staatsrechtler, die nachweisen, das die Koalition

    der Nichtwilligen im Rechte steht. Lobt mir den

    Westerwelle, wir hatten noch gar nicht gemerkt,

    was für ein patenter, besonnener Kerl das ist.

     

    Gäbe es nicht wie immer so viele Unschuldige,

    Wehrlose, tatsächlich nicht involvierte, manchmal

    glaube ich, wir würden uns heute besser stehen,

    hätten es damals, unter Reagan oder Bush Senior, eine amerikanische Invasion gegeben.