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DFB-Pokalendspiel der FrauenWundertüte vor Zuschauerschwund

Ein 2:1-Sieg des 1. FFC Frankfurt im DFB-Pokal-Endspiel gegen Turbine Potsdam vor halbleeren Zuschauerrängen: So will keine rechte Vorfreude auf die Heim-WM aufkommen.

Die Frankfurterinnen feiern am Samstag in Köln den Sieg im DFB-Pokal-Finale gegen Potsdam. Bild: dpa

"Während des Spiels kriegt man das ja gar nicht so mit", sagte Birgit Prinz, die ewige Stürmerin des 1. FFC Frankfurt, kurz nachdem man ihr die Sieger-Medaille für den Erfolg im DFB-Pokal umgehängt hatte. "Aber ich glaube, die Stimmung war ganz gut." Nachdem die Siegerfrage geklärt war, Frankfurt hat den deutschen Meister Turbine Potsdam mit 2:1 geschlagen, wurde diskutiert, ob das Finale an sich ein Erfolg war. Zweimal haben die Frauen nun in Köln, losgelöst vom Endspiel der Männer, ihr Finale ausgespielt. Im Mai wird das Präsidium des deutschen Fußballbundes diskutieren, ob das so bleibt.

Ein bisschen mehr als 20.000 Zuschauer waren ins Bundesliga-Stadion des 1.FC Köln gekommen. 6.000 weniger als vor einem Jahr. Dabei spielten mit Frankfurt und Potsdam nicht nur die besten, sondern auch bekanntesten Frauenfußballklubs des Landes gegeneinander. 2010 hatte sich der weithin namenlose Bundesligazwerg des FF USV Jena für das Finale qualifiziert und zog im Spiel gegen Duisburg mehr Menschen an. Hannelore Ratzeburg, im DFB-Präsidium die Sachwalterin für Frauenfußball, hat es registriert und wollte die Zuschauerzahl doch als Erfolg verkaufen. "Vor ein paar Jahren wären solche Zahlen für ein Vereinsspiel noch undenkbar gewesen", sagte sie.

Dass von Vorfreude auf die Weltmeisterschaft im Sommer nichts zu spüren war in Köln, obwohl das Heimturnier optisch und akustisch vor und im Stadion omnipräsent war, erklärte sie damit, dass der Vereinssport mit dem, was rund um die Nationalmannschaft passiert, nichts zu tun habe. Und doch wirkte auch sie ein wenig ratlos. Warum bloß waren nicht mehr Zuschauer nach Köln gekommen? "Vielleicht lag es ja an den beiden Demonstrationen",. sinnierte Ratzeburg. Atomkraftgegner marschierten am Samstag in zwei Demonstrationszügen durch die Kölner Innenstadt. Angst vor gewalttätigen Auseinandersetzungen dabei könnte die Menschen vom Stadionbesuch abgehalten haben, so Ratzeburg.

Wurscht war das Nadine Angerer. Die Frankfurter Kapitänin, Torfrau auch in der Nationalmannschaft, findet es gut, dass es überhaupt mit dem eigenständigen Frauenfinale halbwegs klappt. Als sie vor zwei Jahren zum ersten Mal von Plänen für ein solches gehört hatte, hat sie sich gedacht: "Jetzt sind sie größenwahnsinnig geworden." Sie fand das Endspiel gut. Vielleicht war sie sogar eine der Glücklichsten im siegreichen Team. Denn sie hatte einen saudummen Fehler gemacht. Sie verpasste in der 58. Minute eine Freistoßflanke von Jennifer Zietz, die daraufhin ins Tor segelte. Wohl weil sie sich so schön hinfallen ließ, entschied Schiedsrichterin Christina Jaworek auf Freistoß für Frankfurt. Für Potsdam wäre das der Ausgleich zum 2:2 gewesen. Angerer: "Wenn du am Boden liegst, der Ball ist im Tor und du hörst den Pfiff, dann weißt du, dass du Glück gehabt hast."

Glück gehabt. Das haben beinahe alle gesagt an diesem Tag zum Erfolg der Frankfurterinnen. Deren Trainer, Sven Kahlert, war darüber alles andere als glücklich. Die schön herausgespielten Chancen seien nicht verwertet worden, dafür sei das 1:0 durch Svenja Huth (15.) nach einem haarsträubenden Abwehrfehler gefallen und das 2:1 unmittelbar nach der Pause durch einen Stocherer von Kerstin Garefrekes (Yuki Nagasato hatte kurz vor der Pause für Turbine ausgeglichen). "Zum Haareraufen" sei das gewesen. So gerne hätte er gesehen, wie sein Team die Potsdamerinnen an die Wand spielt. Dann wäre der erste Titel für die Frankfurterinnen nach ihrem Triple 2008 (Meisterschaft, Pokal, Uefa-Cup) schön und nicht nur wichtig gewesen. So hat Kahlert nach 18 Monaten im Amt immerhin wieder einmal einen Titel für die teuerste Mannschaft im deutschen Frauenfußball geholt. Beinahe untertänig bedankte sich Kahlert nach dem Match bei Frankfurts Manager Siegfried Dietrich, der "so viel für den Frauenfußball macht".

Der könnte dem Kader seines Trainers bald ein paar weitere Ausnahmespielerinnen hinzufügen. Bernd Schröder, Potsdams Trainer, ist sich sicher, dass zur neuen Saison zwei seiner Besten nach Frankfurt wechseln werden. Eine davon könnte die Technikerin Fatmire Bajramaj sein, die im Endspiel am Samstag nach einer Verletzungspause ordentlich gespielt hat, die zwei größten Chancen des Meisters aber vergab. Ihr Vertrag in Potsdam endet nach dieser Spielzeit.

Bernd Schröder ist so etwas gewöhnt. Er hat schon viele seiner Spielerinnen nach Frankfurt abwandern sehen. Und dennoch spielt sein Team jedes Jahr um die großen Titel mit. Für Schröder, der sich wohlfühlt in der Rolle des ewigen Underdogs, grenzt es fast schon an ein Wunder, dass Turbine den Frankfurtern ein Match "auf Augenhöhe liefern kann". Wie sagte er doch am Samstag? "Frauenfußball ist eine Wundertüte. Du weißt nie, was in den Köpfen der Mädchen vorgeht, wenn sie aufs Spielfeld laufen."

Angerer - Krieger, Hingst, Lewandowski, Weber (90.+2 Thunebro) - Smisek, Behringer (81. Landström) - Garefrekes, Prinz, Huth (61. Pohlers) - Marozsán Sarholz - Wesely (62. Monique Kerschowski), Peter, Henning - Schmidt, Odebrecht, Zietz, Kemme (46. Isabel Kerschowski) - Nagasato (81. Andonova), Bajramaj, Mittag Jaworek (Rötsweiler) 20.312 1:0 Huth (15.), 1:1 Nagasato (42.), 2:1 Garefrekes (48.)

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3 Kommentare

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  • CD
    christian d.

    einfach mal das stadion nach dem realistischen zuschauerinteresse auswählen, also alles eine nummer kleiner, dann passt das auch wieder! wunsch & wirklichkeit klaffen doch ein wenig auseinander.

  • CN
    Christian Neumann

    Komisch über die Hälfte der Spielerinnen von Potsdam sind auch nicht dort groß geworden, dennoch behaupten immer wieder manche Journalisten den selben Quatsch.

    Bajramai ein Potsdammermädel, Eigengewächs, Schröders Schülerin oder was - sie kam als Nationalspielerin aus Duisburg! etc. Hier werden immer die klassischen Klisches benutzt gegen das Böse, das in Frankfurt wohnt.(bei Eulenspiegel waren es noch die Juden)

    Gott ist das dämlich.

    Schade das die Methodik des Herrn Schröder, Menschenführung, so wenig dabei reflektiert wird. Da können einige Ex-Potsdammlerinnen ein Lied von singen.

    Das die dreimalige Weltfußballerin Prinz eine Frankfurterin ist, und Steffi Jones, Sandra Smisek etc, interessiert diese JournalisteInnen sowieso nicht, hauptsache ihr Raster kann immer wieder übernommen werden. Viel Spaß noch beim copie and paste. noch einen schönen Gutten Berg äh Tag.

  • OD
    Onkel Detlef

    Hat schon mal jemand dran gedacht, daß es ziemlich dämlich ist, das Pokalendspiel der Frauen auf den gleichen Tag zu legen, wie ein EM-Qualifikationsspiel der Männer ?!