Was tun, wenn der Handelspartner tötet?

Die geplante Hinrichtung eines Australiers in Singapur bringt die australische Regierung in Argumentationsnöte

CANBERRA taz ■ In einer Woche, am Freitag um sechs Uhr früh, wird der 25-jährige Tuon Van Nguyen am Galgen im Changi-Gefängnis in Singapur sterben. Er war vor rund drei Jahren im Transitraum des Flughafens des südostasiatischen Stadtstaates mit knapp 400 Gramm Heroin im Gepäck verhaftet worden. Singapur verurteilt Drogenschmuggler, die mit mehr als 15 Gramm Heroin festgenommen werden, automatisch zum Tod. Nguyens Mutter, die in der australischen Stadt Melbourne lebt, war vor einer Woche per Brief von der Gefängnisbehörde über die geplante Exekution informiert worden. Der zum Tode Verurteilte soll aus den Fernsehnachrichten von dem Termin erfahren haben.

Die geplante Hinrichtung empört seit Wochen eine wachsende Zahl Australier. Tausende schickten Petitionen nach Singapur. Sie bitten die Regierung des Stadtstaates, die „besonderen Umstände“ des Falles zu berücksichtigen und Nguyen zu begnadigen. Tatsächlich ist der Student vietnamesischer Abstammung kein typischer Drogenkurier. Er wollte mit dem Heroin seinen Zwillingsbruder von einer Schuld frei kaufen, die dieser bei Kriminellen hatte. Seit seiner Verhaftung zeigte Nguyen Reue und half den Behörden bei den Ermittlungen. Singapur will die Exekution dennoch wie geplant durchführen. Der Parlamentssprecher des Stadtstaates erklärte am Mittwoch, man wolle „ein Exempel statuieren“.

Die australische Regierung versucht seit längerem, über diplomatische Wege eine Neubewertung des Falles zu erreichen. Premierminister John Howard aber ist pessimistisch. „Es wäre ungerecht, den Angehörigen Hoffnung zu machen“, meint er. Singapur lasse sich nicht zum Umdenken zwingen. Er wies die Forderung verschiedener Juristen zurück, die Regierung von Singapur vor den Internationalen Gerichtshof zu ziehen, da die Exekution eine „grausame Form der Bestrafung“ darstelle.

Seit einigen Tagen wächst auch in den Reihen der konservativen Regierungskoalition die Haltung, Canberra müsse entschlossener gegen Singapur vorgehen – etwa durch die Verhängung von Wirtschaftssanktionen. Doch Außenminister Alexander Downer schließt solche Maßnahmen gegen den wichtigsten Handelspartner in Südostasien kategorisch aus.

Kritiker werfen Canberra vor, wirtschaftliche Interessen höher zu bewerten als das Leben eines Staatsbürgers. Als Howard vor kurzem in Singapur um eine Umwandlung der Todesstrafe in eine Haftstrafe bat, schlug er gleichzeitig einen Zusammenschluss zwischen Singapore Airlines und der australischen Fluggesellschaft Qantas vor. Bald wird die australische Regierung darüber entscheiden, ob sie der staatseigenen Singapore Airlines für die äußerst rentable Strecke zwischen Sydney und Los Angeles Flugrechte geben wird. Howard hat am Donnerstag klar gemacht, der Fall Nguyen werde bei der Evaluierung des entsprechenden Antrages keine Rolle spielen. URS WÄLTERLIN