Überleben sichern trotz knapper Mittel

Die Spendenbereitschaft für die Erdbebenopfer in Pakistan ist ungebrochen. Dennoch fehlen Mittel für die Überlebenshilfe, weil viele Gelder an Wiederaufbauprojekte gebunden sind. Von Transparenz bei der Verwendung der Spenden kann keine Rede sein

VON NILS ROSEMANN

Auch in der Woche nach der Internationalen Geberkonferenz für die Erdbebenopfer ist die pakistanische Militärregierung bemüht, den Imagegewinn zu erhalten. Am Mittwoch besuchte der australische Premier John Howard die Erdbebenregion und erhöhte die Hilfsleistungen Australiens auf 40,1 Millionen Euro. Insgesamt haben sich damit die Zusagen von 4,95 Milliarden auf 5,21 Milliarden Euro erhöht.

Die Freude über die Rückkehr in den Kreis der respektierten Nationen wird jedoch von Kritik über die Verwendung der Hilfsmittel getrübt. Da 3,37 Milliarden Euro der Hilfe als Kredite gewährt werden, warnt der Internationale Währungsfonds vor einer Rückkehr zu unausgewogener Haushaltspolitik und ungebremster Inflation. Internationale Hilfsorganisationen kritisieren nicht nur die damit drohende weitere Verschuldung, sondern auch die Bindung der Mittel an Großprojekte für den Wiederaufbau. Der Koordinator der Vereinten Nationen, Jan Egeland, betonte am Mittwoch, dass trotz erhöhter Spendenbereitschaft die Mittel für die Aufrechterhaltung der Überlebenshilfe weiter knapp sind.

Gestern besuchte der Flüchtlingshochkommissar der Vereinten Nationen, António Guterres, die Erdbebenregion. Der UNHCR versorgt mit Pakistans Armee und der Luftbrücke der Nato einen Großteil der Überlebenden im Norden Pakistans und Kaschmir. Täglich werden bis zu 600 Tonnen Hilfsgüter verteilt. Immer mehr konzentrieren sich Hilfsorganisationen und Armee auf die Hilfe zur Selbsthilfe. Um den Familien beim Bau winterfester Behausungen zu helfen, hat die Armee 14.000 Armeeingenieure entsandt. Unterstützen soll diese Arbeit die von Präsident General Pervez Musharraf und Premier Shaukat Aziz gegründete Freiwilligenbewegung. Sie ist ein Teil des weltweiten Netzes von United Nations Volunteers und wird in Pakistan durch die Bundesregierung mit 850.000 Euro unterstützt.

Trotz Islamabads Zusicherung einer Verwendungsprüfung der Hilfsmittel durch eine noch zu benennende internationale Organisation zeigt Pakistans Militärregierung weiter Berührungsängste mit der Demokratie. Am Mittwoch scheiterte die konstituierende Sitzung des parlamentarischen Komitees für Erdbebenhilfe und Wiederaufbau, da dieses nach Auffassung der Opposition keine selbstständigen Kontrollbefugnisse habe.

Ungeachtet dieser Diskussionen erfordert der Winter schnelles Handeln. Die Regierung konzentriert sich auf Kompensationszahlungen. Am Montag wurde auf einer Sitzung der Wiederaufbaubehörde und der Zentralen Kommission für Hilfe ein Vorschlag der Provinzregierungen aufgegriffen, Entschädigungen zu erhöhen. Familien bekommen zusätzliche 1.785 Euro je zerstörtes Haus und weitere 360 Euro, wenn sie es nach erdbebensicheren Standards wieder aufbauen. Bislang wurden in fünf von neun betroffenen Distrikten 35,57 Millionen Euro Entschädigungen ausgezahlt.