Anti-Atom-Aktivistin über Massenblockaden: "Selbst in die Hand nehmen"

Luise Neumann-Cosel organisiert fürs Pfingstwochenende gewaltfreie Blockaden in der Nähe von Atomkraftwerken. Tagelang sollen AKWs abgeriegelt werden.

Der öffentliche Druck für eine andere Energiepolitik muss erhöht werden. Bild: dpa

taz: Frau Neumann-Cosel, die Anti-Atomkraft-Bewegung ist älter als sie selbst. Engagieren sich heute wieder mehr junge Leute gegen Atomkraft?

Luise Neumann-Cosel: Viele jüngeren Leute engagieren sich, weil sie hinterher auch diejenigen sein werden, die mit dem Atommüll leben müssen. Aber das hat für mich nicht notwendigerweise etwas mit dem Alter zu tun. Was den Widerstand prägt ist, dass sehr viele unterschiedliche Menschen aller Altersklassen zusammenkommen.

Für Juni organisieren Sie massenhafte Sitzblockaden an den derzeit aus dem Betrieb genommenen alten Atomkraftwerken. Was genau ist da geplant?

Wir werden am Pfingstwochenende in unmittelbarer Nähe der Kraftwerke große Zeltlager errichten. Mit tausenden Menschen werden wir dann ab Montag, dem 13. Juni, die Zufahrtswege zu den Atommeilern aktiv und gewaltfrei blockieren. Wir rechnen damit, dass diese Blockaden bis zu fünf Tage andauern könnten.

Sie glauben also nicht daran, dass die Regierung die Reaktoren, die derzeit stillstehen, außer Betrieb lassen wird?

Dieses Moratorium ist doch nichts als eine Beschwichtigungsmaßnahme. Erst am Ende der Zeit sollen die Karten neu gemischt werden. Dann hofft die Regierung darauf, dass sie die Dinger wieder anschalten kann. Genau dort setzen wir an. Wenn die Regierung nicht in der Lage ist die AKWs abzuschalten, dann nehmen wir das Problem selbst in die Hand. Wir werden solange Druck ausüben bis die Regierung die Atomkraftwerke abschaltet - und zwar jedes einzelne.

25, ist Sprecherin von "X-tausendmal quer".

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Eine Argumentationshilfe für den Ausstieg aus der Atomenergie kann im eKiosk der taz heruntergeladen werden: "100 gute Gründe für die Energiewende – raus aus der Atomkraft"; 0,99 Euro.

Stolzes Ziel: Aber kriegen sie dazu in der Kürze genügend Leute zusammen?

Auf unserer Homepage haben in kürzester Zeit schon über 1.300 Menschen ihre Absicht erklärt, an den Massenblockaden teilzunehmen oder uns zu unterstützen. Dieser Zuspruch wird in den kommenden Wochen rapide steigen. Damit können wir bereits jetzt politischen Druck ausüben, auf dass die alten Meiler gar nicht erst wieder ans Netz gehen.

Was ist denn, wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel die ohnehin abgeschaltet lässt?

Dann werden wir Abschaltblockaden an denjenigen AKWs durchführen, die derzeit noch laufen.

Mit Druck zu arbeiten oder mit Gewalt etwas durchsetzen zu wollen kann auch genau das Gegenteil bewirken.

Deshalb sind unsere Blockaden explizit gewaltfrei. Ich streite ja selbst gegen eine lebensfeindliche Technologie wie die Atomkraft. Deshalb liegt es mir gänzlich fern gewalttätig zu werden.

Nach dem Unfall von Fukushima beteiligen sich nun viele Menschen zum ersten Mal an den Protesten. Können Sie denen die Gewaltfreiheit, die sie propagieren, immer garantieren?

Natürlich gerät man bei Blockaden auch in Situationen, in denen es leicht emotional werden kann. Deshalb trainieren wir genau das auch vorher. Wir machen Aktionstrainings, bei denen man sich genau in die Situation hinein versetzen kann: Wie fühlt sich das an, wenn jemand kommt und einen wegtragen möchte? Auch in die Rolle der Polizei zu schlüpfen halten wir für wichtig. Denn sie ist ja nicht unser eigentlicher Gegner, sondern nur die ausführende Gewalt.

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