Flügelstreit bei der Linkspartei: Der Ton wird schärfer
Gregor Gysi befeuert Spekulationen über eine Rückkehr Oskar Lafontaines in die Bundespolitik. Die Partei reagiert darauf gespalten.
BERLIN taz | Linkspartei-Fraktionschef Gregor Gysi hat eine Rückkehr von Oskar Lafontaine ins Spiel gebracht. In einer Notsituation sei dies möglich, das sehe auch Lafontaine so. Der ehemalige Partei- und Fraktionsvorsitzende hatte sich vor einem Jahr krankheitsbedingt aus der Bundespolitik zurückgezogen.
Die Reformer in der Linkspartei sind weniger begeistert von dieser Aussicht. Der Berliner Stefan Liebich sagte der taz: "Es wäre ein ganz schönes Armutszeugnis für uns, jetzt wieder auf Lafontaine zurückgreifen zu müssen." Lafontaine solle "als wichtiges Mitglied Debatten forcieren", jedoch nicht an die Parteispitze zurückkehren.
Zudem griff Liebich Fraktionschef Gysi an. Man habe sich darauf verständigt, dass "eine Personaldiskussion frühestens nach den Abgeordnetenhauswahlen in Berlin im Herbst" stattfinden solle. In Wahlkämpfen sei "eine Personaldiskussion das Letzte, was wir gebrauchen können". Lafontaine sei ein "sehr guter Parteivorsitzender" gewesen. Jetzt müsse man aber Antworten für die Zukunft finden.
Ganz anders sieht das die stellvertretende Parteivorsitzende Sahra Wagenknecht. "Wir müssen auf dem Erfolgskurs von Lafontaine weitergehen", so Wagenknecht. "Einen Weg zurück zur PDS, wie ihn manche gerne hätten, darf es nicht geben." Nach den Wahlniederlagen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg sowie sinkenden Umfragewerten im Bund herrscht Nervosität in der Partei.
Die Reformer stören sich vor allem an den mageren Wahlanalysen von Parteichef Klaus Ernst. "Der tut so, als hätten wir gar kein Problem", sagt ein Vertreter. Auch die eher moderate parlamentarische Geschäftsführerin Dagmar Enkelmann rebelliert gegen das "Weiter so". "Hartz IV muss weg, das reicht nicht mehr", so Enkelmann. Der Ton im Flügelstreit wird schärfer.
Leser*innenkommentare
Peter Adam
Gast
Also, wenn Ich den Begriff " Flügelkämpfe " schon höre krieg Ich Plaque auf den Zähnen.
Es kann doch wohl nicht sein das es innerhalb einer Partei wie der Linken "rechts" und "links" gibt.
Entweder Ich bin Links oder nicht. Dieses ganze Kasperletheater schadet der gesamten Partei, und beweist einmal mehr das auch die Linken im Establishment angekommen sind.
Schade eigentlich, denn eben diese Linke ist der einzige Hoffnungsträgerall jener die von HartzIV, Altersarmut etc. betroffen sind.
Natürlich kann man innerhalb einer Interessengemeinschaft auch anderer Meinung sein, aber muss man sowas denn öffentlich diskutieren und sich die Blöße geben, nicht geschlossen dem akzeptierten Weg zur Erlangung der eigenen Ziele zu folgen?
Die Linke hat es hier im Westen doch eh schon schwer genug, da die Akzeptanz nicht so hoch wie im Osten ist, was auch an der braungefärbten Anfangszeit der ehemaligen BRD liegt.
Ein geschlossenes Auftreten wäre ein weithin sichtbares Signal, auch an die Zweifler an der Regierungsfähigkeit der Linken, sowie Ihren politischen Gegnern, das da eine Interessenvertretung des Volkes ist, was sich, wenn auch nicht in Detailfragen, so doch im groben, auf einen Fahrplan zum Regierungswechsel geeinigt hat.
Geschlossenheit ist das A und O einer jeden oppositionellen Partei.
Sascha
Gast
Liebich, wenn ich den Namen schon höre. Der gesamte Berliner Vorstand sollte endlich abtreten. Sie haben aus der Linkspartei eine Art rot angehauchte FDP gemacht! Sie gucken weg, wenn die Mieten explodieren, sie gucken weg, wenn die soziale Schieflage in Berlin trotz eines Jahrzehnts!! Regierungsbeteiligung immer größer wird. Die Bundeslinke soll den Berliner Landesverband endlich aus der Partei schmeißen!
Descent
Gast
... bei den Kommentaren von den Sympies der Linken hier muss ich sagen, es ist schlimmer, als man dachte.
Soso, die Medien sind Schuld und die anderen sind so böse, vor allem Sozen und Grüne. Und wenn nur der liebe Oskar wiederkäme.
Viel Spaß in Eurer schuhschachtelgroßen Welt, richtet Euch ein mit Eurem Messias, der für die die Bild schreibt, baut ihm Altäre und demnächst Denkmäler und dann könnt Ihr Straßen und Städte nach ihm benennen.
So ein peinlicher Personenkult, der jegliche inhaltliche Auseinandersetzung ersetzt. Nur Sprechblasen und Worthülsen auf FDP-Niveau.
Euch braucht KeineR
Ulli Müller
Gast
So lange SPD und grüne ihr soziales und friedfertiges Herz verloren haben,
so lange wird auch eine Linke von Nöten sein.
Und diese sollte dann sehr stark in der Bevölkerung und Parlamenten verankert sein.
Dazu bracuh die Linke Oskar.
Ob aber an der Parteispitze?
FAXENDICKE
Gast
Das eigentliche Problem der LINKEN sind doch letztlich die Medien. Die werden doch von allen Seiten diffamiert und verteufelt, warum, weil sie soziale Gerechtigkeit einfordern.
Man stelle sich vor die BLÖD Zeitung und diverse andere Medien, würden anstelle von wochenlangen Diffamierungskampagnen gegen Hartz IV Empfänger, sich Woche für Woche einen Neureichen vornehmen der durch Vergabe von Zeitarbeit, Zahlung von Dumpinglöhnen und womöglich Steuerhinterziehung ohne eigentliche persönliche Leistung in Saus und Braus lebt. Da hätten die über Jahre neue Kandidaten zum fertig machen. Gleichzeitig betonen das nur eine Partei zumindest verspricht derartigen wirklichen Sozialbetrug zu unterbinden, nämlich die LINKE.
Dann bräuchte es auch keinen Oskar.
Dr. No
Gast
Ich habe gerade Kommunalwahlkampf für die Linke in Hessen gemacht. Sehr engagiert. Als Anfang Januar Gesine Lötzsch diesen Kommunismus-Artikel gebracht hat, habe ich nur gedacht: Ach du Scheiße! Dabei war der Artikel an sich sogar sehr gut. Aber die Überschriftt "Wege zum Kommunismus" die war völlig daneben und die zwei Sätze dazu ebenfalls. Das hätte doch klar sein müssen. Hallo Gesine, fahr doch bitte mal in den Westen, und nicht zu K-Gruppen. Quartiere dich für eine Woche in ein kleines preiswertes Hotel ein, geh morgens um sechs Uhr mit den Monteuren zum Frühstück, geh in die Fabrikhallen, lies die Lokalzeitung, schau dich um bei Gewerbeverein, freiwilliger Feuerwehr, Altersheim, Bügerinitiativen, Elternabenden und so weiter. Versteh doch bitte mal wie die Menschen im Westen ticken. Intelligent bist du, aber du lebst in einer anderen Welt. Solange das so ist, brauchen wir Oskar. Wie oft habe ich am Stand gehört: "Na ja, ihr habt einen guten Mann verloren, den Oskar, ja der Oskar." Oskar hat in der Gesamtbevölkerung nicht super Beliebtheitswerte, aber für die Anhänger der LINKEN im Westen ist er das Zugpferd schlechthin, weil er ein brillianter und glasklarer Denker und Redner ist. Die Linke hat viele gute Leute, auch Dagmar Enkelmann ist eine hervorragender Sympathieträgerin. Klaus Ernst und Gesine Lötzsch haben beide ihre Stärken - bloß werden in den Medien nur ihre Schwächen thematisiert, d.h. die Linke wird als Porsche mit Kommunismus-Antrieb wahrgenommen. Sorry, das geht so nicht. Wir brauchen da andere Frontleute. Dagmar sollte es machen, die hat die Stärken von Gesine ohne ihre Schwächen und Oskar sollte als einer Art Ehrenvorsitzender eine prominente Rolle spielen. Und Klaus, wenn dir dein Porsche so wichtig ist, dann wird das auf Dauer nichts mit dem Vorsitz bei den Linken. Das passt einfach nicht zur ökologischen Erneuerung. Da kann man den Leuten 10 mal erzählen dass der Joschka jetzt die RWE berät, die gerade Hessen verklagt, damit Biblis wieder ans Netz geht. Denen fährt dein blöder Porsche im Kopf herum und ich kann nichts dagegen tun.
Apfelsaft
Gast
Schönes Titelbild zum Artikel :-)
Aber Lafontaine zurück in die Politik? Gott bewahre!
Ewig-gestrige Politik ist nicht sinnvoll. Das aber auch mit schönem Gruß an sämtliche Parteien in Deutschland.
Bernd Goldammer
Gast
Gut und Böse, wenn die TAZ solche Rollen zuweist bekommt der Begriff Reformer einen sehr schlechten Atem. Grüne TAZler möchten die selbstzerstörerischen Kräfte der Linken am Ruder sehen.Die "Reformer" der Linken müssen eines wissen:Wird die Linke so wie wie Grüne oder Sozen, schafft sie sich unverzüglich selbst ab. Ich würde langanhaltenden Beifall spenden.
Kurt W. Fleming
Gast
Die Formulierung, die von Liebich (eher: Be-Liebig) stammen soll, ist schon makaber:
"Lafontaine sei ein 'sehr guter Parteivorsitzender' gewesen. Jetzt müsse man aber Antworten für die Zukunft finden."
Das klingt so, als wäre L. ein Vertreter der Vergangenheit, während doch die sog. "Realos" diejenigen sind, die sich sozialdemokratisieren, ergo in die Vergangenheit zurückkehren wollen.
Ein "Zurück in die Zukunft" à la Liebich wird sich hoffentlich nicht in der Linkspartei durchsetzen.
Und was den Wahlausgang in BaWü und RhP betrifft, muß auf jeden Fall genauer analysiert werden, warum es so kam wie es kam.
Gegenseitige Schuldzuweisungen sind nur ein Ausdruck mangelnder Vision und Analysefähigkeit.
Weinberg
Gast
Ich schließe nicht aus, dass Oskar Lafontaine dem „Linken-Realo“ Liebich gelegentlich gewaltig auf die Füße getreten ist.
Oskar ist einige Nummern zu groß für den hauptstädtischen Provinz-Politker. Liebich kann dem Vollblutpolitiker von der Saar bekanntlich das (Berliner) Wasser nicht reichen.