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Protest bei CastortransportenNeues von den Schotterfreunden

Linksradikale wollen erneut mit dem Untergraben von Gleisbetten Castortransporte stören. Dabei kommt die Staatsanwaltschaft mit "Schotter"-Verfahren kaum nach.

Es soll wieder geschottert werden beim diesjährigen Castortransport. Bild: dpa

BERLIN taz | Sie haben aufs Maul bekommen. Doch es soll weitergehen. Linksradikale Gruppen wollen auch den diesjährigen Castortransporten mit einer "Schotter"-Kampagne entgegentreten. Geht es nach ihnen, wollen sie beim Atommülltransport im November mit "Castor Schottern 2.0" den Widerstand gegen die Atommülltransporte im Wendland radikalisieren.

In einer Erklärung der Interventionistischen Linken, die seit wenigen Tagen im Internet kursiert, ruft das Netzwerk linksradikaler Gruppen für November zu einer Neuauflage des radikalisierten Widerstands auf. Dort heißt es: "Auch in der aktuellen Beschleunigung der Krisen und gegenwärtig nicht zu übersehenden Wendungen kommt dem Widerstand gegen die Atomtransporte ins Wendland eine herausragende Bedeutung zu."

Beim sogenannten "Schottern" versuchten im November vergangenen Jahren mehr als 3.000 Menschen, die Schienenstrecke im Wendland unbefahrbar zu machen. Dies gelang ihnen kaum. Viele AktivistInnen und PolizistInnen wurden verletzt. Auch in der linken Szene war der Erfolg der Kampagne umstritten. Im Aufruf der Interventionistischen Linken, dem es nicht an grober Rhetorik mangelt, wird die Schotter-Aktion dagegen als "erholsamer Ausbruch aus dem Alltag linken Scheiterns" bezeichnet.

Das Schreiben könnte nicht nur innerhalb der linken Szene, sondern auch bei Linkspartei, Verfassungsschutz und Journalisten auf Interesse stoßen. So heißt es darin etwa unverhohlen, "insbesondere die Pufferfunktion, die vor allem durch Abgeordnete der Linkspartei NRW geleistet wurde", sei eine essenzielle Unterstützung für den Erfolg der Widerstandsaktion gewesen.

Außerdem schreibt das Netzwerk: "Dabei haben wir mit den ,embedded journalists' in der Göhrde überwiegend positive Erfahrungen gesammelt." Während der Schotter-Aktion in der Region im Wendland hatten sich auch viele JournalistInnen mit AktivistInnen auf den Weg zu den Schienen gemacht. Schlüsselfiguren der Kampagne hatten immer wieder Schutz hinter JournalistInnen gesucht.

"Oft sinnvolle Ergänzungen"

Für Kontroversen könnte das Schreiben auch unter den zahlreichen betont gewaltfreien UnterstützerInnen der Schotter-Kampagne sorgen, die die Aktion ebenfalls unterstützt hatten.

In dem Schreiben beziehen sich die Urheber offen positiv auf die "oft sinnvollen Ergänzungen" autonomer Kleingruppen zu den Massenaktionen und nennen "das Konfrontationsniveau der Aktion nur ein[en] Aspekt der umfassenden Radikalisierung, die wir wollen". In ihrer Erklärung hält sich die Interventionistische Linke auch betont zugute, den Begriff des zivilen Ungehorsams "aus seiner passiven Engführung (,nur Hinsetzen ist ziviler Ungehorsam')" gelöst zu haben und ihn "auf eine massenmilitante Aktion beziehen zu können". Weiter heißt es in dem Schreiben: "So gelten in vielen europäischen Ländern massive Formen der Sachbeschädigung militärischer Einrichtungen und Waffen als ziviler Ungehorsam."

Während die Linken sich bereits auf die Proteste im November vorbereiten, hat die Staatsanwaltschaft Lüneburg noch keines der eingeleiteten Ermittlungsverfahren aus dem vergangenen Jahr abgeschlossen, wie eine Sprecherin der taz sagte. Die Staatsanwaltschaft hatte angekündigt, Ermittlungsverfahren gegen rund 1.500 Privatpersonen und rund 250 Organisationen einzuleiten, die die Schotter-Kampagne 2010 unterstützt hatten. "Bislang haben wir weniger als die Hälfte dieser Verfahren eingeleitet", sagte die Sprecherin. Mit der Aufarbeitung seien mehrere Mitarbeiter beschäftigt. Wann sämtliche Verfahren eingeleitet seien, sei derzeit nicht absehbar.

Im Hinblick auf die anstehenden Proteste im November sagte die Sprecherin: "Bislang haben wir diesbezüglich keine neuen Ermittlungsverfahren eingeleitet. Aber Sie können davon ausgehen, dass wir das beobachten."

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12 Kommentare

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  • F
    Frank

    Faktisch setzen Betreiber und Regierung die Gesundheit und das Leben von Generationen aufs Spiel. Zusätzlich werden Land, Grundwassser, Küste und das Meer dauerhaft verstrahlt sein.

    Rotzfrech wird die Welt durch wohldurchdachte Lügen desinformiert. "Alles verdünnt sich" lautet die politische Ankündigung der weltweiten Zunahme der radioaktiven Belastung.

    Die Wissenschaft beleumundet und die Politik definiert neue, der aktuellen Situation angepasste, höhere "Grenzwerte" als vertretbare Belastung von Mensch und Umwelt.

     

    Die Reaktion der direkt ortsansässigen Opfer, aber auch weltweit ist dem Ereignis unangemessen. Die politischen und wirtschaftlichen Befürworter, Profiteure und Verursacher des Restrisikos werden nicht zum Teufel gejagt, sondern als Adressat von "Forderungen" auch für die Zukunft als Organisatoren der Lebenswirklichkeit im Amt bestätigt! Dieselben Personen die gestern noch, für Jahrhunderte, die Unbedenklichkeit der Atomanlagen und den geplanten

    Endlagerstätten garantiert und politisch propagiert haben, wissen auch heute ganz genau welche Reaktoren sicher sind.

    Und zusätzlich bietet sich die Möglichkeit bei dieser Gelegenheit gleich klar zu stellen, dass die Gewinnerwartungen der "Wirtschaft" auf keinen Fall zu

    Schaden kommen darf. Strom wird, ja muss teurer werden.

    Die Schäden für Mensch und Umwelt müssen deshalb sozialisiert, durch "die Gesellschaft" getragen werden.

     

    Ganz friedlich werden Menschen verstrahlt und die Umwelt für Generationen unbewohnbar, kumuliert sich der radioaktive Abfall in Luft, Wasser und Boden. Ganz friedlich werden die messbaren Anstiegsraten von Missbildungen und Krebserkrankungen als unvermeidbares Lebensrisiko definiert. Ganz friedlich wird der Nachweis des ursächlichen Zusammenhang zwischen messbarer Strahlung und den nachgewiesenen Erkrankungen den Opfern auferlegt und teilweise schlicht

    geleugnet.

    Die Wissenschaft wird als Waffe gegen die Bevölkerung eingesetzt.

     

    Nicht die Atomindustrie und ihre politischen Hebammen müssen beweisen dass von deren Handlungen kein Schaden ausgeht! Im Gegenteil. Die Opfer benötigen den wissenschaftlichen Nachweis des Zusammenhangs zB. von Blutkrebs und radioaktiver Belastung.

    Die Unkenntnis der SICHTBAR und MESSBAR schädlichen Wirkungsweise, die "Dummheit" der Betreiber und der politisch "Verantwortlichen" wird zum Argument FÜR Atomkraft gegen die Opfer benutzt. Gerade weil bisher nicht nachweisbar ist, wie im wissenschaftlichen Detail die MESSBAREN und SICHTBAREN Schäden entstehen, kann man die Opfer mit dem "Argument" abspeisen und beeinflussen, wissenschaftlich sei nichts bewiesen!

     

    Und wenn, wo und so selten auch immer, ein Rest vom Nein Danke und von Widerstand auch nur zu lesen ist, dürfen Sie sich sicher sein, dass die Staatsorgane bereits ermitteln. Atomkraft ist Chefsache; Der Rest darf arbeiten und die Folgen tragen; Gesundheitlich, finanziell und ökologisch.

  • M
    Martina

    Die Erklärung der Interventionistischen Linken kann hier im Orginal nachgelesen werden:

     

    http://www.dazwischengehen.org/story/2011/04/alle-die-mit-uns-geschottert-haben-die-die-zukuenftig-schottern-und-einiges-mehr-wolle

  • S
    Schaumigschwatz

    Ich finde auch, dass diese Schwerkriminellen lebenslang in den Knast gehören, leider sitzen diese Energiebosse und Manager der Großindustrie (die Atomkraft massiv unterstützt) mit Frau Merkel zu oft am selben Tisch.

     

    Leider.

  • SB
    Swantje Behners

    Ich bin ein wenig enttäuscht von Martin Kaul, den ich sonst als mutigen und klugen Journalisten (und Kommentator) sehr schätze.

     

    Zunächst hätte ich mir gewünscht, daß er die Quelle für das zitierte Papier angibt. Ich habe es gegoogelt und unter www.dazwischengehen.org gefunden.

     

    Mir scheint Martin Kauls Zitatauswahl, nunja, ein wenig tendenziös zu sein. Als wären die Schotterer nur auf Krawall aus gewesen... Auch findet sich in der damaligen Berichterstattung (auch der taz) zum Schottern niemals (!!) ein Instrumentalisierungsvorwurf wie der jetzt passend nachgeschobe: "Schlüsselfiguren der Kampagne hatten immer wieder Schutz hinter JournalistInnen gesucht".

     

    Stattdessen berichteten die JournalistInnen wohlwollend davon, daß die Schotterer sehr offen mit der Presse umgingen.

     

    Angesichts von Fukushima (und 25 Jahre Tschernobyl) ist es der Republik doch nur zu wünschen, daß massenhaft Menschen den Mut zum Zivilen Ungehorsam finden!

  • F
    Florentinchen

    Es darf solange geschottert werden, bis die GRÜNEN wieder in der Bundesregierung sitzen. Dann fordern sie sicherlich wieder dazu auf, dies zu unterlassen und auf die GRÜNEN-und ..?..(CDU?) Regierung keinen Druck auszuüben. Und alle Schotterer und Anti-Castoris werden folgen. Wie gehabt.

  • Q
    Querulant

    Die Widerstansdkämpfer sind heute auch nicht mehr das was die Kämpfer früher mal waren... anständige Revolutionäre hätten die Schienen und Brücken gesprengt. Die Flaschen von heute graben den Schotter und den den Schienen weg... lächerlich

     

    wenn das Che wüsste... ;-)

  • AF
    Atomzirkus | Öko Fritz

    Wenn wir Betreiber von AKWs mal salopp mit einem "gefährlichen Zirkus" vergleichen, dann wäre das etwa so:

     

    Der Artist in der Manege riskiert seinen Kopf, die Zuschauer im Zelt ebenfalls (falls ein Artist abstürzt).

     

    Alle anderen außerhalb sind sicher!

     

     

    Wenn nun die Aktivitäten dem "Zirkus" andere außerhalb betrefffen, dann würde der Zirkus nicht mehr stattfinden dürfen.

     

    Das ist so, denn wir leben in Deutschland, wo alles oft soagr überorganisiert wird: z.B.

     

    Selbst eine "friedliche Anti-Atom-Demonstration" in Biblis muß mittlerweile mehr "Sicherheits-" Bedingungen seitens der Stadt erfüllen als der "gefährliche "AKW Zirkus" selbst.

     

    Man hat vor 5.000 friedlichen Demonstranten Angst!

    Anderseits sind gleichzeitig die Evakuierungspläne für 10.000 betroffene Menschen sehr mau!

     

    Es ist ein Hohn!

     

     

    Wenn der vorherige Schreiber (von Mauermer) Schottern als "krimminell" empfindet und "man mal durchgreifen" müßte, dann müßte MAN (wer auch immer dies ist) gerade bei supergefährlichen Atomktaftwerken erst Recht durchgreifen und sofort still legen.

     

    Technisch überaltererte AKS mit bekannten Sicherheitsmängeln, ohne Endlager und bei unverhinderbarer Terrorgefahr zu betreiben ist nicht nur grob fahrlässig, es ist vorsätzlich krimminell.

     

     

    Wenn man nun schon vor einer aktiven Antiatomberwegung dem "Schottern" Angst hat, dann sollte dies als "Hilferuf" wahrgenommen werden und nicht in die "Kravallecke" abgetan werden.

     

    Verbrecher sind die Betreiber und Befürworter von AKWs, denn diese Technik ist unsere Büchse der Pandora!

     

    Einmal geöffnet erzeugen wir für Millionenjahre Leid!

     

    Wir können über unsere Geschichte grob etwa 7.000 Jahre dokumentieren, alles andere fällt ins Reich der Legenden...

     

    Deswegen, AKWS sofort abschalten!

    Evt. müssen wir akzepieren, dass Strom oder Energie nicht immer verfügbar ist wie bisher! - Bis vor 200 Jahren ging es auch. Mit unserem Wissen haben wir unzählige Möglichkeiten und Alternativen, Resourcen gerechter zu verteilen.

     

    Antiatomgegner sind ernst zu nehmen!. Man darf den Spieß nicht umdrehen und die Menschen mit Verantwortungsgefühl und bereitigten Ängsten kriminalisieren!

     

    Weitere Infos auf atomnutte.de

  • M
    Mauermer

    Atomkraft ist gefährlich. Sie wird noch gefährlicher, wenn Fehlgeleitete die Schienenwege unsicher machen. Dies ist übrigens ein Straftatbestand. Es wäre gut, wenn hier mal richtig hart durchgegriffen würde. Ich halte die Handlungsweise der Demonstranten für unglaublich arrogant und keineswegs zielführend. Es ist keine demokratisch legitimerte Aktion, öffentliches Eigentum zu zerstören, nur um auf längst bekannte Mißstände hinzuweisen. Verhindern kann man mit solchen Aktionen rein gar nichts, Somit ist Schottern nur eine andere Form von Krawall!

  • V
    vic

    Genügt Schottern bereits um linksradikal zu sein?

    Man muss nun mal auffallen um aufzufallen.

    Ich sympathisiere mit den "Schotterfreunden", lehne persönlich jedoch auch Sachbeschädigung ab.

    Linksradikal sind die aber nicht.

     

    *Für diesen Beitrag würde ich nicht bezahlen*

  • H
    hann0s

    Solang keine Menschen verletzt werden oder es in großen Stil billigend in Kauf genommen wird hat Schottern meine 100%ige Solidarität.

    Der Staat hält sich noch weniger an geltendes Recht UND schadet Leuten, diese Schotter-Aktivisten sind noch immer um Welten besser als die Gegenseite. Und diese "Denkt doch an das tolle hübsche bunte familienfreundliche Bild das wir brauchen" Fraktion, Fukushima hat den Ausstieg gebracht, nicht eure seit 30 Jahren kläglich versagenden Protestaktionen. Sicherlich kann und muss man auf großen Kundgebungen in Städten breite Gesellschaftschichten zeigen, die gegen Atomkraft sind.

    Aber Protest gegen den Castortransport hat damit aber nichts zu tun, diese Massen kann man irgendwo im Wald nicht zusammenholen und das Ziel ist auch ein völlig anderes, nämlich das stoppen oder verlangsamen dieses Mistzuges, und dafür ist Schottern exzellent geeignet.

  • D
    Dingens

    "Beim sogenannten "Schottern" versuchten im November vergangenen Jahren mehr als 3.000 Menschen, die Schienenstrecke im Wendland unbefahrbar zu machen. Dies gelang ihnen kaum. Viele AktivistInnen und PolizistInnen wurden verletzt."

     

    Die Verletzungen von AktivistInnen und PolizistInnen so aufzuführen riecht danach, das man uns Schotterern anlasten wollte, dass es so viele Verletzte gab. Das ist nicht richtig. Wir waren unbewaffnet und friedlich, die Polizei dagegen schwer bewaffnet und teilweise gewalttätig. Auch ist der Verweis auf die relative Wirkungslosigkeit etwas überzogen: Schließlich wurde trotz einem riesigen Aufgebot von Polizei und Militär der Castor für sehr lange Zeit blockiert und dies gelang natürlich auch nur, weil wir viele Polizeikräfte gebunden haben und so anderen ihre Aktionen ermöglicht haben. Dies ist natürlich auch wechselseitig so, ohne die Sitzblockaden wären auch unsere Aktionen nicht so wirkungsvoll gewesen, doch muss festgehalten werden, dass der Erfolg des Schotterns nicht nur an der Zerstörung der Schiene gemessen werden kann, sondern auch daran, wie viel Spielraum dies für andere ermöglichte, wie gut es uns dabei ging und wie die öffentliche Wahrnehmung war.

    Für mich war eben z.B. auch ein Erfolg, dass es relativ wenig Festnahmen/Personalienfeststellungen gab (jedenfalls wie ich das gesehen habe), weil die Polizei nicht genügend Kapazitäten für massenhafte Festnahmen an die Schiene bringen konnte. So ersparen wir uns viel Ärger mit nachträglicher Kriminalisierung, die ja leider auch bei Sitzblockaden statt findet, wo sich eine Personalienfeststellung nur selten abwenden lässt.

  • S
    Schaumig

    Man sollte diese Schwerkriminellen lebenslang in den Knast stecken!