Fernverkehr-Monopol vor Gericht: Kleines Busunternehmen besiegt Bahn
David gegen Goliath: Die Deutsche Bahn verklagt eine kleine Mitfahrzentrale – und verliert. 2012 ist es aber eh vorbei mit dem Monopol der Deutschen Bahn.
BERLIN taz | Das Miniunternehmen "DeinBus.de" darf weiterhin eine Bus-Mitfahrzentrale betreiben. Das hat das Landgericht Frankfurt/Main am Dienstag entschieden. Die Bahn hatte gegen das Unternehmen von Alexander Kuhr, 27, Ingo Mayr-Knoch, 26, und Christian Janisch, 28, geklagt, weil sie der Ansicht ist, dass deren Angebot einen Linienverkehr darstellt. Dies verbietet im Moment noch ein altes Gesetz - es schützt das Monopol der Bahn im Fernverkehr.
DeinBus.de entgegnete, dass es sich nicht um Linien-, sondern um Gelegenheitsverkehr handele. Es stelle lediglich eine Internetplattform bereit, auf der sich Reisende zu einer Bus-Fahrgemeinschaft zusammenschließen. Finden sich zehn Interessenten, wird ein Bus organisiert.
Wegen der niedrigen Preise ist das Angebot sehr beliebt – besonders auf der Strecke zwischen Frankfurt und Köln. "In den letzten Monaten konnten wir immer fünf bis zehn Busse pro Woche anbieten", sagt Kuhr von DeinBus.de. Demnach wolle das Unternehmen das Angebot ausbauen, wenn die Nachfrage steige.
Das Landratsamt Bodenseekreis hatte das Geschäftsmodell genehmigt. Zu Unrecht, fand die Bahn. Doch das sieht das Landgericht anders. Die Kammer beanstande die Genehmigung nicht, da es sich um einen Ermessensspielraum der Behörde handele, so die Richterin.
Das heißt: Das Gericht sieht sich nicht zuständig, zu klären, ob es sich um Linien- oder Gelegenheitsverkehr handelt. Die Bahn kann jetzt in Berufung gehen oder erneut vor dem Verwaltungsgericht klagen. Hätte sie den Rechtsstreit gewonnen, wäre dies wohl das Aus für DeinBus.de gewesen.
"Eine Art letztes Gefecht"
Die Klage sei eine Art letztes Gefecht, sagt der Verkehrswissenschaftler Alexander Eisenkopf von der Uni Friedrichshafen. Denn das Monopol der Bahn bröckelt schon seit einiger Zeit. Das Bundesverwaltungsgericht entschied im Juni 2010, dass ein Fernbusverkehr, der deutlich günstiger als Bahnfahren ist, genehmigt werden kann. Bis dahin durfte eine Buslinie laut Personenbeförderungsgesetz nur genehmigt werden, wenn zwischen zwei Orten keine Bahnverbindung besteht.
2012 wird wohl endgültig Schluss sein mit dem Monopol. Im Mai will sich das Bundeskabinett mit einem Änderungsentwurf für das Gesetz befassen. Dieser sieht die vollständige Liberalisierung des Fernverkehrs vor. Wenn es dazu kommt, dann wird es schwierig für DeinBus.de. Denn dann wollen rund 50 Unternehmen auf den Fernverkehrsmarkt drängen und ein Linienbusnetz aufbauen. Und auch die Bahn will ein Stück vom Kuchen. Sie besitzt die größte Busflotte im Land. "Sie könnte bei den Fernbussen ein zweites Monopol aufbauen", fürchtet Eisenkopf.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen