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Koalitionsvertrag zur HochmoselbrückeVerhandlungen ausgeschlossen

In Rheinland-Pfalz steht der Koalitionsvertrag von Rot-Grün zur Abstimmung. Wegen der Hochmoselbrücke wird auf dem Parteitag der Grünen mit Ärger gerechnet.

Zu früh gefreut? Rot-Grün präsentiert den Koalitionsvertrag. Bild: dapd

MAINZ taz | Sozialdemokraten und Grüne in Rheinland-Pfalz haben an diesem Freitag in Mainz ihren Koalitionsvertrag vorgestellt, der am Wochenende auf Sonderparteitagen von der Basis der Regierungspartner in spe noch abgesegnet werden muss. Während das bei der SPD von Ministerpräsident Kurt Beck, der sich als Gewinner der Koalitionsverhandlungen fühlen darf, am Sonnabend in Mainz problemlos über die politische Bühne gehen dürfte, steht den Grünen Zoff ins Haus. Denn eine Region wehrt sich.

Die Bürgerinitiative Pro-Mosel jedenfalls und auch Grüne aus dem Kreisverband Bernkastel-Wittlich, der von dem Weiterbau der B 50 (neu) plus Hochmoselübergang besonders betroffenen Region, mobilisieren für eine "Demonstration gegen den rot-grünen Koalitionsvertrag". Auf der Landesdelegiertenversammlung der Grünen Rheinland-Pfalz in Neuwied soll am Sonntag über den Koalitionsvertrag und das grüne Regierungspersonal abgestimmt werden.

Man wolle die Delegierten der Grünen dazu bewegen, dem Koalitionsvertrag in seiner jetzigen Form nicht zuzustimmen, sagte die Sprecherin von Pro-Mosel, Heide Weidemann. Kurt Beck allerdings machte am Freitag auf Nachfrage deutlich, dass es keine Revision des Vertragswerkes geben werde: "Nachverhandelt wird nicht!" Eine Position, die auch von der designierten grünen Wirtschaftsministerin Eveline Lemke und dem zukünftigen Chef der grünen Landtagsfraktion, Daniel Köbler, geteilt wird. Der Koalitionsvertrag sei schließlich insgesamt ein "gutes, inhaltsreiches und fortschrittliches Papier", so Lemke.

Brückenbaugegnerin Weidemann glaubt dagegen zu wissen, dass es "überall an der grünen Basis grummelt", weil sich die Führungsspitze der Partei bei den Verhandlungen von der SPD habe "über den Tisch ziehen lassen". Und das wohl nicht nur, was die 1,7 Kilometer lange Stelzenbrücke über den Moselsporn angeht, die zu verhindern die Grünen Rheinland-Pfalz im Wahlkampf - offenbar in Verkennung der Entschlossenheit von Beck, an dem 330 Millionen Euro teuren Projekt festzuhalten - fest versprochen hatten. Auch in Sachen Freizeitpark Nürburgring, dessen "windige Finanzierung" insbesondere von Eveline Lemke immer gegeißelt wurde, sind die Grünen eingeknickt. Die Einholung eines weiteren Gutachtens dazu wurde jetzt von SPD und Grünen beschlossen.

Becks Prestigeprojekte

Das Vergnügungsparkprojekt mit Achterbahn, Restaurant- und Hotelkomplex als solches aber, das auch nach Ansicht des Landesrechnungshofes undurchsichtig finanziert wurde, weshalb die Staatsanwaltschaft ermittelt, stand bei den Verhandlungen dagegen nie zur Disposition. Der Ring nämlich gehört zu Becks "unverzichtbaren" Prestigeprojekten, die angeblich Arbeitsplätze und Wirtschaftswachstum schaffen. So wie die "Bundesstraße 50 neu" mit der umstrittenen Hochmoselbrücke und auch der Hunsrückflughafen Hahn, der mit der B 50 neu an das Autobahnkreuz Wittlich und damit direkt an die Beneluxstaaten angebunden werden soll.

Mit ihrer Forderung nach einem Nachtflugverbot auf dem ehemaligen Militärflughafen Hahn, der jetzt vornehmlich von dem irischen Billigflieger Ryanair bedient wird, schmierten die Grünen bei Beck denn auch genau so schnell ab wie mit ihrem Wunsch nach Streichung aller Subventionen für den arg defizitären Regionalflughafen Zweibrücken. Dabei ist der Flughafen Saarbrücken (Saarland) nur 25 Kilometer Luftlinie von dem Winzling in Zweibrücken entfernt. Und zum Hahn oder zum Regionalflughafen in Metz ist es auch nicht weit.

Damit auf diesem Felde alles so bleibt, wie es zu Becks Zufriedenheit ist, wurde der Bereich Verkehr aus dem jetzt wohl bald grünen Wirtschaftsministerium ausgegliedert und einem neu zugeschnittenen Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur (plus Verkehr) zugeordnet, das der frühere Innenstaatssekretär Roger Lewentz (SPD) leiten soll. Die zukünftige grüne Wirtschaftsministerin Lemke bekam dafür die Zuständigkeit für Klimaschutz, Energie und Landesplanung. Weil zur Landesplanung auch der Tourismus zählt, machte Lemke darauf aufmerksam, dass sie dann ja immerhin "auch noch ein bisschen" für den Nürburgring zuständig sei. Bei den Grünen in Rheinland-Pfalz ist man bescheiden geworden.

Dass der Koalitionsvertrag auf der Landesdelegiertenversammlung am Sonntag abgelehnt wird, glaubt bei den Grünen Rheinland-Pfalz allerdings kaum jemand. In dem Vertrag stünden schließlich "sehr viele Dinge drin, die wir Grüne richtig gut finden", sagte Parteisprecher Marc Wensierski, der stellvertretender Regierungssprecher werden soll. Kurt Beck ist "guter Dinge".

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9 Kommentare

 / 
  • DW
    der Wehrhafte

    Aus der Presse 5vier.de

     

    Was bisher verschwiegen wurde:

     

    Veranstaltung Podiumsdiskussion Bernkastel-Kues, 2.3.2011, Hotel Burg Landshut, also vor der Wahl:

     

    Die VBB e.V. war mit zahlreichen Mitgliedern vertreten.

    Die VBB e.V. Fragen an die “Kandidaten” lauteten:

     

    Welche Partei / Wählergruppe würde im Fall der Regierungsbeteiligung:

    a) das Bauprojekt B50 Neu kippen, auch auf Gefahr, aus diesem Grund keine Regierungskoalition bilden zu können?

    b) eine Bürgerbefragung initiieren, dessen Votum auch ohne Rechtskraft angenommen wird?

     

    Die Kontamination der Böden im Bereich der B50-Neu ist allen Parteien bekannt und wird nicht bestritten. Die Böden sind z.T. mit bis zu dem 15 fachen der zulässigen Grenzwerte der Klärschlammverordnung kontaminiert.

    (Blei >800mg/kg, Uran b. 25 mg/kg, CU vielfach über dem Grenzwert).

    Trotzdem werden die Aushübe für die B50-Neu nicht entsprechend untersucht und behandelt, sondern offen gelagert und sogar im Wegebau eingesetzt.

     

    Frage war: welche Partei nimmt sich der korrekten Behandlung der belasteteten Böden endlich an und sorgt für eine die Bevölkerung nicht gefährdende Beseitigung?

    Antwort der Parteien/Wählergruppe: keine Antwort…..

     

    Gleiches gilt für die Sicherung der Rutschhänge (Graach) und die Ausarbeitung eines Katastrophenplanes.

    Wieder keine Antwort. Und im Kreistag wurde der diesbezügliche Antrag abgelehnt.

     

    Diese Fragen/Sachverhalte wurden nicht von der anwesenden Presse veröffentlicht. Die Fragestellung der VBB e.V. erfolgte öffentlich und direkt am Anfang der “Bürgerfragestunde”.

     

    Die “Antworten” der Parteien:

     

    1.)CDU/SPD/FWG/Grüne haben sich gegen o.a. Fragestellung positioniert -d.h. das Ding wird um den Preis der Regierungskoalation gebaut, fertig!

    2.) Eine Bürgerbefragung wird es mit den o.a. Parteien/Wählergruppe nicht geben -das haben die Parteien ebenfalls abgelehnt -auch die "Grünen"

    3. Kontaminationen sind allen Parteien bekannt -und egal.

    4. Rutschhänge sind allen Parteien/Wählergruppen bekannt und die Sicherung dergleichen sind den Politikern ebenfalls egal.

     

    Zahlreiche Teilnehmer bestätigten in der späteren “Diskussion” diese Einschätzung.

     

    Der "Milliarde" Baukosten wurde ebenfalls nicht widersprochen.

     

    FAZIT:

    Alle auf der o.a. Veranstaltung Anwesenden, dazu gehört Fr. Weidemann (Podium!!), die BI, die "vermeintlichen" Brückengegner wußten, daß die "GRÜNEN" die Brücke nicht kippen werden.

     

    Und wie reagierten die "GRÜNEN" bei der Vorstellung Ihres Koalitionsverhandlungsergebnisses, wiederum im Hotel Burg Landshut, Bernkastel-Kues:

     

    Die "GRÜNEN" verweigerten:

    den Brückengegnern:

    -das Zahlenmaterial, auf denen die Behauptung gestützt wird, der Ausstieg aus der Maßnahme wäre zu teuer.

    -die geologischen Fakten zu den fehlenden Gutachten

    -schlichtweg jedes Material, mit denen die BürgerInnen die Entscheidung der "GRÜNEN" hätten nachvollziehen können und die für eine Klärung der Sachfragen unabdingbar sind.

     

    Auf Nachfrage der VBB e.V. in puncto gesetzlicher Auskunftspflicht (LUIG/LIFG/IFG) werden diese Rechte abgesprochen -die "Loyalität" zu Beck ist lt. Fr. Lemke wohl höher anzusiedeln, als Recht und Gesetz.

     

    Aber auch die Brückengegner müssen sich Folgendes gefallen lassen:

     

    Viele der Grundstücke, die zum Brückenbau notwendig waren, wurden freiwillig an das Land verkauft, auch mit entsprechenden "Sondervereinbarungen" -s.Planfeststelllungsverfahren.

     

    Wenn nahmhafte Brückengegner öffentlich aussagen: ich bin gar nicht so sehr gegen die Brücke.... ich fordere eine dauerhafte Zuwendung für meine landwirtschaftlichen Mehraufwendungen, sprich Subventionen.....

     

    Wenn Fr. Weidemann im VG-Rat Bernkastel-Kues kein Notfallplan für Hangrutschgefährdungen einfordert....

     

    Wenn Fr. Weidemann als BUND Vorsitzende das Abholzen von Bäumen auf dem Flugplatz HAHN unterschreibt und damit die B50-Neu forciert....

     

    -wo waren da eigentlich die GRÜNEN?

     

    Wenn die Kontamination der Böden von Fr. Weidemann, die selbst vor Ort zur Probenentnahme war, geleugnet wird....

     

    Wenn die Flurbereinigungsbehörde bei entsprechender Belastung der Böden die "Weinbauwirtschaft" in Frage stellt.

     

    Wenn diese Belastung durch die Baumaßnahme B50-Neu und der Flurbereinigung erst auftritt

    (oberflächliches Verbringen von Aushüben etc.)...

     

    Wenn nur noch die VBB e.V. und einige BürgerInnen die Unversehrtheit der Person fordert und keinerlei Unterstützung bei den "GRÜNEN", des "BUNDs", oder anderer Parteien (Ausnahme DDP) findet....

     

    Wenn diese Belastungen per Analysegutachten festgestellt wurden, wenn die Behörden den BürgerInnen mitteilen, man müsse eben genügend inhalativen Abstand halten...

     

    Ja dann, dann sind die Brückengegner und die Parteien, Alle denen dieser Schuh passt, keine Gegner, sondern Verhinderer einer gesunden Umwelt und ökologischen, nachhaltigen Wirtschaft.

     

    Um den Preis kleingeistiger persönlicher Machtgelüste, (subventionierter) Vorteilsnahme ist eben nix heilig, wo wir doch jetzt so einen tollen Koalitionsvertrag haben, indem wir noch den Wassercent und den Kieseuro den BürgerInnen abknöpfen. Schließlich muß soviel Musik auch bezahlt werden.

     

    Ich habs Näpfle jedenfalls gestriche voll ob dieser Doppelzüngigkeit.

  • K
    Klingelschmitt

    Lieber Herr Theis. Habe ich da am Sonntag nicht Ihr KV-Grüne Bernkastel-Wittlich Mitglied Rudolf Trossen unter den Protestierenden gesehen? Hat der Ökowinzer auf ihrem grünen Koalitionsparteitag RLP in Neuwied nicht sogar eine Brandrede gegen den Hochmoselübergang gehalten!? Und standen nicht noch zwei andere Grüne aus Ihrem KV bei der Gruppe der Protestierenden vor der Halle!? Nein? Dann war ich wohl doch auf einer anderen Veranstaltung.

     

    Recherchieren geht eben über Echauffieren. Mir hat Trossen seine Gegenerschaft zum Koalitionsvertrag eben schon vorher signalisiert; Ihnen offenbar nicht. Sorry.

     

    Ihr Lieblingsautor.

  • GT
    Günter Theis

    Recherchieren sie bitte erst richtig bevor sie solch einen Artikel veröffentlichen.

     

    Die Grünen im Kreisverband Bernkastel-Wittlich werden (entgegen ihrem Bericht) definitiv NICHT gegen den Koalitionsvertrag demonstrieren!

     

     

    Günter Theis

    Vorstandsmitglied B90/Die Grünen KV Bernkastel-Wittlich

    Delegierter

  • S
    sitzsack

    Abgesehen von der ungeheuerlichen Tatsache, dass das Urzeitdenken der SPD jetzt tatsächlich in RLP umgesetzt wird, ist man als junger Bürger einfach nur enttäuscht von den GRÜNEN. Es sah nach der Wahl tatsächlich so aus, als hätte man verstanden, als wäre der Politik klar geworden, dass es so nicht weitergehen kann, weder aus ökologischer Sicht, noch aus ökonomischer oder aus rein logischer Sicht. Ich kann nicht verstehen, wie man einem Elektromechaniker derart folgeschwere Entscheidungen überlässt! Die GRÜNEN sind jetzt stolz auf nebensächliches, auf das King Kurt ohnehin verzichten kann, solange Zweibrücken, Nürburgring und HMÜ nach seiner Façon weiterlaufen. Als junger Bürger graut es mir jetzt schon davor nachfolgenden Generationen Rede und Antwort stehen zu müssen für einen Schuldenberg und die verantwortungslose Verkehrspolitik unserer Zeit. Was sage ich denen? "Tut mir leid, ich hab GRÜN gewählt, aber die hatten nicht die Eier in der Hose...?"

  • EK
    Eddy Kreyßig

    Lieber Herr Klingelschmitt,

     

    selbst Leute, die nicht dem Grünen-Umfeld zuzurechnen sind, werden bemerken, dass Ihr Artikel alles andere als ausgewogen ist. Selbst als die Grünen in der (außerparlamentarischen) Opposition waren, haben Sie Ihren lang gepflegten Ressentiments schamlos freien Lauf gelassen. So viel Größe war von Ihnen nicht zu erwarten, als dass Sie ausgerechnet jetzt mit einer fairen Berichterstattung anfangen. Aber vielleicht betreiben Sie Ihr Bashing wenigstens nicht ganz so plump. Das steigert die journalistische Qualität, hätte sogar manchmal etwas mit Information zu tun und Sie würden als Journalist wieder etwas ernster genommen.

    Schöne Grüße

    Eddy

  • OE
    Opportunisten eben

    Wäre ja nicht das erste Mal, dass die Grünen einknicken, diesmal eben zum Schaden einer weltbekannten Weinregion. Man darf sie eben einfach nicht wählen.

  • L
    landauer

    Hochmoselbrücke und Nürburgring sind ganz dicke Kröten die die RLPGrünen da schlucken müssen. Hoffentlich bleiben die eine zeitlang quer im Hals stecken. Noch nicht mal in der Regierung und schon den Kontakt zur Basis verloren...

  • T
    Tastenpunk

    Man kann nur hoffen, dass die grüne Basis in Rheinland-Pfalz sich traut diesen Koalitionsvertrag abzulehen. Alles andere wäre Betrug am Wähler/der Wählerin.

  • T
    tschok

    Wer hat uns verraten?

    Sozialdemokraten!

    Wer war mit dabei?

    Die Grüne Partei!

     

    Das war`s dann wohl. Die GRÜNEN, eine Partei wie jede andere. Ohne Ideale, machtgeil, wortbrüchig, verlogen.