piwik no script img

Wechsel im WirtschaftsministeriumAmt für großes Gerede

Einprägsam war Minister Brüderles Arbeit nicht, beim Atomstreit agierte er unglücklich. Für Rösler könnte der Job aber ideal sein, um sich als FDP-Parteichef zu profilieren.

Übermächtige Konkurrenz: Von Wirtschaftsminister Brüderle wird nicht viel in Erinnerung bleiben. Bild: reuters

BERLIN taz | Seinen goldenen Moment hatte Rainer Brüderle gleich zu Beginn seiner Zeit als FDP-Wirtschaftsminister. Als 2009 über Staatshilfen für den angeschlagenen Autobauer Opel debattiert wurde, gab Brüderle den Ordnungspolitiker, stellte sich gegen die Kanzlerin und setzte sich durch. Opel gab danach bekannt, ohne das Geld auskommen zu können. Brüderle hatte gewonnen.

Sonstige erinnerungswürdige Gesetzentwürfe, Initiativen oder Grundsatzreden? Fehlanzeige.

In der Frage der Laufzeiten für AKWs stritt Brüderle sich allerdings 2010 mit CDU-Umweltminister Norbert Röttgen. Brüderle wollte die AKWs so lange wie möglich laufen lassen, Röttgen das Gegenteil. Als die zerstrittenen Minister schließlich ein Gutachten zu möglichen Szenarien gemeinsam vorstellten, demonstrierten sie vor laufenden Kameras ihre Uneinigkeit. Brüderle sagte, der größte Nutzen ergebe sich bei einer Laufzeitverlängerung zwischen 12 und 20 Jahren - Röttgen sagte, Verlängerungen hätten nur "marginale, aber keine entscheidende Bedeutung" für die Volkswirtschaft. Die Katastrophe von Fukushima hat Brüderles Positionen mittlerweile weggefegt.

Unglücklich lief für ihn auch der aktuelle Teil der Atomdebatte: Aus einem internen Gespräch mit Wirtschaftsvertretern sickerte durch, dass er die Atomwende "hysterisch" nannte und dies dem damaligen Landtagswahlkampf geschuldet gewesen sei.

Sind derlei Szenen gerade deshalb aufgefallen, weil ein Wirtschaftsminister ansonsten kaum noch Macht hat? "Die Zuständigkeiten wurden im Laufe der Jahre gestutzt", sagt Politikwissenschaftler Karl-Rudolf Korte von der Universität Duisburg-Essen - unwichtig sei das Amt aber nicht. "Der Wirtschaftsminister hat die kommunikative Zuständigkeit für alles, was mit Wirtschaft zu tun hat." Gerade deshalb ist der Posten für Brüderles Nachfolger Philipp Rösler wichtig. Als Wirtschaftsminister kann er sich in andere Ressorts einmischen und so als Parteichef profilieren. Er muss nicht nur Teuerungen verkünden wie bisher als Gesundheitsminister. Korte nennt das Kalkül Röslers "lächelnde Zielstrebigkeit". Rösler werde sich auch weniger an Zahlen orientieren. "Als Wirtschaftsminister kann er sich mit der grundsätzlichen Frage beschäftigen, wie eine Gesellschaft zukunftsfähig werden kann", so Korte.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • C
    Celsus

    Aber es wird wirklich nur ein Amt für großes Gerede von Sachen sein, von denen der Mediziner Rösler eben keine verstärkte Ahnung hat. Schon bei wesentlich unwichtigeren Arbeitsplätzen wird doch sehr viel mehr auf die Qualifikation der Bewerber geachtet.

     

    Ist es wirklich zu viel verlangt, dass unsere Steuergelder nicht meiner einer solchen Besetzung des Postens verschwendet werden?