Der Schutz endet im Gerichtssaal

Das nordrhein-westfälische Gewaltschutzgesetz ist erfolgreich: Viele Frauen erteilen ihren Männern Hausverbot. Vor Gericht würden die Opfer aber allein gelassen, beklagen viele Beratungsstellen

von ANNIKA JOERES

Gewalttätige Männer werden zunehmend vor die Tür gesetzt: In NRW steigt die Zahl der Wohnungsverweise stetig an. In den ersten sechs Monaten diesen Jahres wurden in Nordrhein-Westfalen fast 3.900 Gewalttäter aus der Wohnung gewiesen, um zumeist Frauen vor ihren Übergriffen zu schützen, sagte NRW-Innenminister Ingo Wolf (FDP) gestern anlässlich des Internationalen Tags gegen Gewalt an Frauen. Ein Jahr zuvor waren es noch knapp zehn Prozent weniger: Im ersten Halbjahr 2004 wurden 3.600 Lebenspartner von der Polizei vor die Tür gesetzt worden.

„Immer mehr Opfer wenden sich an die Polizei und bekommen schnell und wirksam Hilfe gegen Schläger“, sagte Wolf. Häusliche Gewalt sei keine Privatsache. Das resolute Eingreifen des Staates ermutige die Opfer, sich aus der Gewaltbeziehung zu lösen. Das so genannte Gewaltschutzgesetz erlaubt es ihnen, die Täter für zehn Tage aus der Wohnung zu verweisen.

Auch die Frauenberatungsstellen sehen das Gesetz als Erfolg. „Die Aufmerksamkeit für häusliche Gewalt hat rasant zugenommen“, sagt Regine Derr von der Landesfachstelle autonomer Einrichtungen gegen Gewalt in Dortmund. Frauen wüssten jetzt, was sie gegen ihre Peiniger ausrichten könnten. Allerdings greife der Staat nicht immer so resolut ein, wie es Innenminister Wolf behauptet. „Die Wohnungsverweise sind nur der Anfang,“ sagt Derr. Danach käme für viele der schwierige Gang vors Gericht – und dort würden die Täter geschützt. „Das Strafmaß für die Schläger wird nicht ausgenutzt.“ Wichtig sei es auch, den Frauen während des Prozesses beizustehen. „Wir brauchen Zeuginnen-Zimmer und mehr Beratungen“, sagt Derr. Dann könne auch die Zahl der Anklagen steigen.

Bisher landet nur ein Bruchteil der Schläger vor Gericht. Die Mehrzahl kommt mit einem zehntägigen Wohnungsverbot davon. Und auch diese Möglichkeit besteht erst seit 2002. Während dieser zehn Tage können die Opfer zur Ruhe kommen, bei Gericht längeren Schutz vor dem Täter beantragen und sich an eine Beratungsstelle wenden. Die Polizei nimmt den Gewalttätern die Wohnungsschlüssel ab und kontrolliert das Zutritts-Verbot. Dies ist ein großer Fortschritt: Bis Ende 2001 konnten die Behörden nur einen kurzzeitigen Platzverweis aussprechen oder die Täter vorübergehend in Gewahrsam nehmen.