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Kommentar zu Strauss-KahnWenn sexuelle Gewalt verniedlicht wird

Ines Pohl
Kommentar von Ines Pohl

Sprache spiegelt nicht nur Machtverhältnisse wider, sie ist auch ein Instrument, diese zu zementieren. Empathie erfährt der Vergewaltiger, nicht das Opfer.

D ominique Strauss-Kahn, der jetzt als Chef des IWF zurückgetreten ist, sei "kein Kind von Traurigkeit" - schwer zu sagen, wie oft man diesen Satz in den vergangenen Tagen gehört oder gelesen hat, so oder so ähnlich. Vielleicht auch diese Variante: "Da scheint einmal mehr einer der einflussreichsten Männer seine Triebe nicht recht im Griff zu haben." Solche Sätze wurden und werden in Deutschland geschrieben, wenn es um einen Mann geht, dem vorgeworfen wird, am vergangenen Wochenende in New York eine Hotelangestellte vergewaltigt zu haben.

Es soll hier nicht darum gehen, ob diese Anschuldigungen stimmen. Es soll darum gehen, welche Worte und Bilder verwendet werden, wenn in den Medien, aber auch in der Gesellschaft das Thema sexuelle Gewalt gegen Frauen angesprochen wird. Wenn man betrachtet, mit welcher Begrifflichkeit dabei gearbeitet wird, zeigt sich, wie entlarvend Sprache sein kann.

Zur Erinnerung: Strauss-Kahn wird vorgeworfen, dass er, der 62-jährige Mann, eine 32-jährige wehrlose Frau vergewaltigt haben soll. Und zwar in einem Luxushotel, in dem sie arbeitete und in dem er für 3.000 Dollar den Tag nächtigte. Für den Vorwurf gibt es so handfeste Indizien, dass der außerordentlich einflussreiche Franzose auf einer Insel in einem US-Hochsicherheitsgefängnis sitzt.

taz

INES POHL ist Chefredakteurin der taz.

Aus der Vergewaltigung wird die "Sex-Affäre"

Spätestens seit feministischen Sprachwissenschaftlerinnen wie Luise F. Pusch und Senta Trömel-Plötz wissen wir, dass Sprache nicht nur das Denken spiegelt, sondern auch Wirklichkeit und Machtstrukturen herstellen und festigen kann. Sobald der Vorwurf des sexuellen Übergriffs im Raum steht, greift in patriarchal geprägten Gesellschaften daher gern der Mechanismus der Verniedlichung. Aus der Vergewaltigung wird dann die "Sex-Affäre".

Seitenlang wird darüber spekuliert, warum es Männern wie Strauss-Kahn immer wieder passieren kann, dass sie ihre Lust "nicht recht im Griff" haben. Statt "Vergewaltiger" zu sagen und damit klar einen Begriff zu verwenden, der in einer feministischen Tradition steht, spricht man lieber von "Lustmolchen" und "notorischen Schwerenötern". Große deutsche Tageszeitungen schreiben sogar vom "Schwachpunkt Genitalbereich" oder darüber, dass Strauss-Kahn letztlich sogar über "seine Geilheit stolpern könne", dass er "sich von seinen Hormonen die Karriere vermasseln lässt". Und geachtete Kolumnisten philosophieren, ob "der Dämon Sex Strauss-Kahn zu verschlingen droht" und ein so begabter Mann "über diese Sache da im Hotelzimmer stolpert".

Noch einmal: Diese Zitate stammen alle aus namhaften deutschen Magazinen und Tageszeitungen. Da muss man gar nicht erst zur absichtlich provokanten Kolumne des Bild-Autors Franz-Josef Wagner greifen, der schreibt, Strauss-Kahn tue ihm leid, und der um Milde wirbt, weil der Mann doch schließlich kein Massenmörder oder Serienkiller sei. Das zeigt, dass Deutschland noch lange nicht so gleichberechtigt und aufgeklärt ist, wie es sich gern darstellt.

Die Frau wird zum Zimmermädchen degradiert

Die breiten, milieuübergreifenden Beispiele aus unterschiedlichsten Medien zeigen, wem sich die Gesellschaft näher fühlt und welche Haltung sie durch ihre Wortwahl, wie bewusst oder unbewusst auch immer, einnimmt. Wer vom Lustmolch spricht und davon, dass Strauss-Kahn sich von seinen Hormonen die Karriere vermasseln lässt, der zeigt, dass er oder sie bereit ist, die Perspektive des Täters einzunehmen. Die Nähe, die Empathie, das Hineinfühlenwollen wird dem Vergewaltiger geschenkt. Nicht der Frau, die während ihrer Arbeit vergewaltigt wurde.

Und die vergewaltigte Frau? Sie wird zum Zimmermädchen degradiert - zu einer Person also, die durch diese Bezeichnung zu einem Kind gemacht wird, das nicht im Vollbesitz ihrer Urteilskraft ist. Bestenfalls wird vom Missbrauchsopfer geschrieben - aber auch dieser Ausdruck sollte nachdenklich machen. Der Annahme, dass ich etwas missbrauchen kann, liegt immer zugrunde, dass ich etwas gebrauchen kann. Frauen werden dadurch einmal mehr zu Objekten, die je nach Gusto benutzt werden dürfen.

Sprache spiegelt nicht nur Machtverhältnisse wider. Sie ist auch ein Instrument, um Machtverhältnisse zu zementieren, sexuelle Gewalt gegen Frauen zu verniedlichen und damit letztlich Täter zu entlasten.

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Ines Pohl
Ines Pohl (Jahrgang 1967) war von Juli 2009 bis Juni 2015 Chefredakteurin der taz. Bevor sie als politische Korrespondentin für die Mediengruppe Ippen in Berlin arbeitete, leitete sie das politische Ressort der Hessischen /Niedersächsischen Allgemeinen. 2004/2005 war sie als Stipendiatin der Nieman Foundation for Journalism für ein Jahr an der Harvard University. Im Dezember 2009 wurde ihr der Medienpreis „Newcomerin des Jahres“ vom Medium-Magazin verliehen. Seit 2010 ist Ines Pohl Mitglied im Kuratorium der NGO „Reporter ohne Grenzen“. Außerdem ist sie Herausgeberin der Bücher: " 50 einfache Dinge, die Sie tun können, um die Gesellschaft zu verändern" und "Schluss mit Lobbyismus! 50 einfache Fragen, auf die es nur eine Antwort gibt" (Westend-Verlag)

86 Kommentare

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  • SM
    Sarah Mohn

    Endlich geht einmal eine Zeitung das Grundproblem am Schopfe an.

    Die Wortwahl spiegelt nachweislich die Denke der Gesellschaft.

    Die Menschenrechtlerin Monika Gerstendörfer hat darüber ein Buch geschrieben. "Der verlorene Kampf um die Wörter"

    Betroffene von sex. Gewalt in Ihrer Kindheit kämpfen seit Jahren dafür, dass der Begriff "sex. Missbrauch" aus dem Wortschatz gestrichen wird, weil er ein schweres Verbrechen an wehrlose Kinder bagatellisiert und damit der Öffentlichkeit vorgekaukelt wird, dass dieses "Delikt" ja nicht so schlimm ist. Bis heute wird dieses Verbrechen an Kinder strafrechtlich als harmloses "Delikt" eingestuft. Zum Vergleich: Wenn jemand ein Rad klaut, zählt dies auch als Delikt. Hinterzieht aber jemand Steuern, ist dies strafrechtlich sehr hoch angesetzt. Steuerschulden verjähren nicht. Delikte bereits nach kurzer Zeit.

    Weiter so, liebe Redakteure der TAZ. Endlich mal eine Zeitung, die den "oberen Schichten" die Stirn bietet.

    Sarah Mohn (Betroffene von sex. Gewalt in der Kindheit)

  • BA
    bitte anonym

    Hui, Gute Frau - koennte es sich hier evt. Um ein 'Misverstaendniss' handeln ?

    Die Deutschen Schlagzeilen sind doch eigentlich ' transliterations' von den Amerikanischen Schlagzeilen, wobei das Wort ' Affair' nicht fuer ' Kurzliason' und dergleichen steht, sondern fuer ' Skandal ' steht, wie zb ' the Watergate "affair", the Whitewater " affair" , was nichts mit sexuellen 'verhaeltnissen zu tun hatte.daher ist der ' moegliche' Kriminalakt nicht verniedlicht worden.

     

    In ihren schreiben liest es sich als ob sie Hernn Strauss Kahn fuer Schuldig halten; dieser hatte aber noch keine Gereichtstermin, und seine Schuld muss ertmal geprueft werden - noch ist er kein straftaeter.

     

    Ich bin eine Frau, und emfinde diese ganze Geschichte um den Hern nicht nur traurig weil die ihm angeklagten delikte nicht logisch nahcvollziehbar sind, sondern auch weil es tatsaechlich vergewaltigten Frauen schden wird.

    Es wird sich in kuerzester Zeit herausstellen das die Angklage gegen Strauss Kahn keinem funken Wahrheit entspricht -

    Aber diese sache hat Konsequenzen denn wird man nun vergewaltigten Frauen die anklage erheben mehr glauben ?

     

    Es gab in der vergangenheit zuviele Frauen die sich nicht trauten zur Polizei zu gehen nachdem sie vergewaltigt wurden - wird diese ' affaire' diese tatseachlich vergewaltigten Frauen bestaerken ?

    Me thinks not...

  • M
    mazza

    @ nachdenken - um das thema "zimmermädchen" abzuschliessen - wenn ich all die kommentare zu GSK, die ich bis jetzt gelesen habe, durchgehe, muss ich feststellen: auch mit dem hinweis auf ein "zimmermädchen" sind die meisten - und zwar männliche user - der meinung, dass das zimmermädchen kein opfer ist. es wirkt also nicht der angebliche versuch der frau einen gefallen zu tun. weibliche vergewaltigungsopfer sind in der mehrzahl junge frauen/mädchen. und die meisten männer wie GSK und andere bevorzugen sowieso junge bis ganz junge frauen. das ist allen bekannt.

    ob der fall kachelmann oder GSK , vergewaltigungsopfer begegneten immer misstrauen , wenn nicht äusserst markante spuren der verbrechen an ihrem körper sichtbar waren. es ist unerträglich, wenn es um sexualisierte gewalt an frauen geht, wie in zahlreichen blog-kommentaren vergewaltigungen bzw. die vorwürfe der opfer angezweifelt werden. den (mutmasslichen) tätern trifft in erster linie die unschuldsvermutung - den opfern sollte das genauso zustehen.

  • U
    Ursula

    Zimmermädchen. Auf englisch: housekeeper. Das klingt anders, respektvoller,oder?

  • N
    nachdenken

    Ich bin jedenfalls keine Feministin.

     

    Und ich habe so oft gehört "Du warst doch kein Kind mehr!".

     

    Kindesmissbrauch wird in der Gesellschaft verurteilt. Also, dass es schlimm ist, ein Mädchen zu missbrauchen, das denkt jeder.

     

    Aber bei Frauen sagt man immer noch "selber schuld".

     

    Mit der Bezeichnung "Zimmermädchen" statt "Hotelangestellte" hat die Presse - finde ich - der Frau ein Gefallen getan. Weil das den Eindruck erweckt, dass es sich um ein kleines, unschuldiges Wesen handelt, welches man nicht missbrauchen darf.

  • M
    mazza

    bei "zimmermädchen = hotelangestellte" geht es um eine berufssparte. daß sich frauen über 30 als mädchen bezeichnen, habe ich nie verstanden. der antiquierte begriff "zimmermädchen, stubenmädchen, dienstbotin" stammt sicher aus der zeit, als es üblich war , die zumeist (rechtlosen, sozial schwachen)jungen frauen mit sexuellem missbrauch oder vergewaltigung zu überhäufen. von seiten der hausherren und anderer im haus lebender männlicher personen waren diese jungen frauen häufig sexueller belästigung bis hin zu vergewaltigungen ausgesetzt. und so mancher meint auch heute - siehe DSK - er könne ein "..mädchen" - in diesem fall auch noch eine "farbige" frau" mal kurz über den tisch ziehen. ein hinweis i.d. presse zu "der mächtige und die magd" rundet dieses bild ab, und zwar: "auf dem sender france-culture grinste ein bekannter journalist, DSK habe doch nur eine `magd ` gelöchert." habe nur eine "magd bzw. ein zimmermädechen" gelöchert. so wird die hotelangestellte gleichzeitig als magd abgewertet: sprache spiegelt machtverhältnisse wider. sie ist auch ein instrument, um machtverhältnisse zu zementieren, sexuelle gewalt gegen frauen zu verniedlichen und wie auch der franz. journalist mit seinem ausspruch bewiesen hat, damit letztlich täter zu entlasten.

    das sollten feministinnen, die es ernst meinen, mal überdenken.. wir sprechen auch nicht mehr um den antiquierten begriff notzucht, wenn es um das verbrechen vergewaltigung geht...

  • K
    klitzeklein

    Dass "Zimmermädchen" eine herabsetzende Bezeichung ist, kann ich nicht nachvollziehen, bezeichnen sich doch nicht wenige erwachsene Feministinnen selbst als Mädchen, Fräulein oder Miss und legen - darauf angesprochen - großen Wert darauf, sich so bezeichnen zu "dürfen", weil ihnen "Frau" irgendwie zu spießig klingt. Ein Bewusstsein für die Selbstherabsetzung scheint nicht vorzuliegen und der Protest gegen "Mädchen" nur nach Opportunitätskriterien auf die Tagesordung zu kommen.

  • N
    nachdenken

    Auch sehe ich das mit dem "Missbrauchsopfer" anders.

     

    Ich verstehe das Wort "Missbrauch" so, dass ein Täter in solcher Situation seine Opfer nicht als Menschen sondern als Objekte sieht, und dass er diese Objekte zu seiner Befriedigung missbraucht.

     

    Im deutschen Strafrecht wird "Gewalt" sehr eng definiert. Hier muss sich das Opfer körperlich massiv gegen den Angriff des Täters gewehrt haben. Sehr oft werden Vergewaltigungsanzeigen eingestellt, weil man keine Gewalt nachweisen kann, und man von einem "einvernehmlichen Sex" ausgeht. Selbst ein körperlicher Kraftakt, welcher aus objektiver Sicht Gewalt darstellt, wird nicht als Gewalt gewertet, wenn der Beschuldigte glaubhaft machen kann, dass dies aus seiner subjektiver Sicht keine Gewalt war.

     

    Bei bestimmten Opferpersonengruppen muss man aber keine Gewaltanwendung nachweisen, damit der Beschuldigte verurteilt werden kann. Dazu gehören z.B. Kinder, Psychotherapiepatienten in Behandlungsverhältnis, Schwerbehinderte in Betreuungsverhältnis. Hier muss sich das Opfer nicht gewehrt haben, hier kann sich das Opfer sogar in Sex eingewilligt haben oder sogar selbst Sexwunsch geäußert haben, trotzdem kann die sexuelle Handlung strafbar sein. In diesen Fällen spricht man vom "Missbrauch", eben weil hierfür kein Gewaltnachweis notwendig ist.

     

    Diese Gesetzeslage ist insofern brisant, da es auch Täter gibt, welche bevorzugt junge erwachsene Frauen im Abhängigkeitsverhältnis missbrauchen (z.B. Schülerinnen der gymnasialen Oberstufe oder Berufsschule, Studentinnen an Hochschulen, Auszubildende, Sekretärinnen, Freiberuflerinnen, Hostessen). Dieser Missbrauch wird aber derzeit nicht als Straftat geahndet, weil der Straftatbestand des Missbrauchs nicht für gesunde erwachsene Opfer gibt. Als eine Vergewaltigung wird die Handlung nicht gesehen, weil keine Gewalt gesehen wird, denn welche junge Schülerin oder Studentin traut sich, in dem Moment gegen ihren langjährigen, vertrauten Lehrer oder gegen einen Professor körperlich heftig einzuschlagen? Und welche Parteifreundin haut auf einen hochrangigen Politiker? Da wehrt man oft eher passiv oder man sagt nur Nein - und das reicht für eine strafrechtliche Verurteilung in Deutschland nicht.

     

    Dies ist eine Gesetzeslücke zu Ungunsten des Opferschutzes, welche dringend geschlossen werden sollte. Und hierzu ist die Differenzierung zwischen "Missbrauch" und "Gewalt" sehr wichtig.

     

    Und in dem Fall Strauss-Kahn hat der Autor wohl einen Missbrauch gesehen (Sex unter Ausnutzung eines Abhängigkeitsverhältnisses) aber wollte sich auf Gewalt noch nicht festlegen - weil genau das der Streipunkt im Verfahren ist.

     

    Es kann sehr wohl sein, dass in USA "Gewalt" anders definiert ist, als in Deutschland. Und das ist genau das Thema bei der Sprache.

  • M
    Mazza

    Vergewaltigungsopfern wurde schon immer Misstrauen, Unverständnis, Verharmlosung entgegengebracht, so daß viele gar nicht den Mut hatten und haben, ihre Peiniger anzuzeigen. Früher bis in die 80er Jahre hinein gab es noch nicht einmal den Begriff Vergewaltigung in der Ehe. Dafür haben Feministinnen lange gekämpft, um auch den verharmlosenden Begriff Notzucht zu hinterfragen.

    Die Änderung des Sexualstrafrechts ging einher mit viel Häme, das übliche Machodenken "Ein Mann vergewaltigt in der Ehe nicht, er setzt nur seinen Anspruch durch." Wer`s nicht glaubt, kann sich informieren.

    Die Strategie, einer Frau nicht zu glauben bzw. das, was sie erlebt hat zu verharmlosen, ist in der praktizierenden Volksmeinung keine Ausnahme , sondern die Regel. Und viele sexuellen Übergriffe, Vergewaltigungen kommen häufig gar nicht erst zur Anklage.

    Deshalb ist es wichtig, daß sexuelle Gewalt nicht verniedlicht wird - jahrzehntelang haben Feministinnen für die Enttabuisierung des Themas Gewalt, sexuelle Gewalt gekämpft. Der Kampf gegen Vergewaltigung und Gewalt in der Ehe ist heute genauso ein zentrales Thema wie vor 35 Jahren.

     

    Und noch einmal, es ist unerträglich, überall in den Medien von "Zimmermädchen" zu lesen - (Junge) Frauen sind Hotelangestellte, keine Kinder, keine kleinen Mädchen und schon gar keine SexualObjekte für brünstige Männer, siehe Google-Bilderserie, Stichwort "Zimmermädchen".

    Danke an Ines Pohl für ihre kritischen Überlegungen!

     

    http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13525549.html

  • N
    Nachdenken

    Ich bin vor allem mit folgenden Sätzen nicht einverstanden:

     

    "Statt Vergewaltiger zu sagen und damit klar einen Begriff zu verwenden, der in einer feministischen Tradition steht"

     

    Dass die Sprache geeignet ist, die Meinung der Gesellschaft in bestimmte Richtungen zu lenken, ist Basiswissen des Journalismus. Das ist auch nicht nur bei Berichterstattungen über Sex so, sondern auch über Finanzkriese, Bildung, Krieg, Atomkatastrophe.

     

    Eine feministische Zeitung oder Betroffenenselbsthilfeplattform würden hier natürlich gleich von Vergewaltigung sprechen, eben weil dieses Wort auch zur Meinungsbildung beiträgt, nur in die andere Richtung. Man kann aber von nicht-feministischen Zeitungen nicht erwarten, dass sie sich feministisch ausdrückt, ohne vorher die Fakten nachgeprüft zu haben. In Deutschland würden die bekannt gewordenen Delikte zudem nicht als Vergewaltigungen gewertet werden.

     

    "Zur Erinnerung: Strauss-Kahn wird vorgeworfen, dass er, der 62-jährige Mann, eine 32-jährige wehrlose Frau vergewaltigt haben soll. Und zwar in einem Luxushotel, in dem sie arbeitete und in dem er für 3.000 Dollar den Tag nächtigte. Für den Vorwurf gibt es so handfeste Indizien, dass der außerordentlich einflussreiche Franzose auf einer Insel in einem US-Hochsicherheitsgefängnis sitzt."

     

    Das ist auch Meinungslenkung, wo die Leser ein bestimmtes Bild haben sollen. Wenn jemand in einem Gefängnis sitzt, ist er Vergewaltiger, und wenn jemand nicht im Gefängnis sitzt, ist er keinen? Und woher will man wissen, dass die Frau wehrlos ist? Und was tut es zur Sache, wieviel ein Zimmer im Lusushotel kostet?

     

    Ich habe den Eindruck, dass die Gesellschaft durch solche feministische Berichterstattung misstraurisch geworden ist. Studien besagen, dass den Vergewaltigungsopfern heute mehr mit Skepsis begegnet werden als früher. Ihnen wird weniger geglaubt als früher.

     

    Ich weiß nicht, ob diese Art Feminismus den Opfern hilft.

     

    Und das sage ich als eine Frau, und als ehemaliges Vergewaltigungsopfer.

  • M
    Mazza

    Prima Artikel! Auch sexuelle Belästigung ist rechtswidrig. Strauss-Kahn lt. Presseberichten bekannt dafür im Umgang mit Frauen. Sein pathologisches Verhältnis zu Frauen ein offenes Geheimnis, sagen die einen. So hat er sich mehrmals rechtswidrig verhalten (können), ohne dass sein Umfeld ihn zur Rechenschaft zog. Wie Vergewaltigung, sexuelle Nötigung, sexuelle Belästigung von vielen als Kavaliersdelikte verniedlicht wird.

    Den Begriff ZimmerMädchen empfinde ich unpassend und diskriminierend. Frau muss nur mal googeln unter dem Begriff, welche Assoziationen sich auftun. Das Zimmermädchen bildhaft gerne als sexuelles Objekt dargestellt. Dieser Begriff sollte endlich abgelegt werden. Schließlich sind die weiblichen Hotelangestellten Frauen und keine Kinder.

  • D
    Demotouristin

    Leute, es geht in diesem Artikel nunmal einfach nicht darum, ob DSK eine versuchte Vergewaltigung begangen hat oder nicht. Es geht um die Medienberichterstattung und die Art und Weise, wie hier - exemplarisch für viele viele anderen Fälle von sexueller Gewalt (gegen Frauen) - durch verharmlosende Phrasen ein krimineller Akt entweder gradheraus zum Kavaliersdelikt gemacht wird, oder zumindest ein gewisses Level an Verständnis für die Tat impliziert wird, da "Männer ja so hart gegen ihren Testosteronüberschuss kämpfen müssen". Die Frau, die - ob nun tatsächlich oder eben nur in der von den Medien kreierten Version ist wiederum nicht der Punkt - durch ihre Gegenwehr die Vergewaltigung verhindert hat, verschwindet irgendwo in der Versenkung, ist irgendwann keine Person mehr, sondern nur symbolisches Opfer.

    Ganz ähnlich z.B. die Schlusssequenz im Film Gran Torino, wo das Mädchen, dass eingangs als starke Persönlichkeit portraitiert wird, vergewaltigt wird und danach eigentlich von der Bildfläche verschwindetd. Plötzlich stehen nur noch die männlichen Akteure im Vordergrund, die Täter auf der einen Seite und die heroischen Rächer der Tat auf der anderen.

    Ist auch irgendwie schön entlastend, sexuelle Gewalt so aufzulösen - die Frau wird zum Opfer, und das Opfer verschwindet irgendwann, stattdessen wird sich ausgiebig mit der Perspektive des Täters auseinandergesetzt, dann lassen die Rächer - na klaro, Männer - Gerechtigkeit walten und die ganze Sache ist damit beendet.

    Wem zu diesem Artikel nur einfällt, zu fordern, dass offengelassen werden soll, ob DSK schuldig ist oder nicht, verfehlt schlicht und einfach das Thema.

  • AO
    Angelika Oetken

    Zeitungen orientieren sich in ihrer Berichterstattung an den - vermeindlichen - Erwartungen ihrer Kundschaft. Davon ist die taz natürlich nicht ausgenommen :)

     

    Die klischeebeladene Berichterstattung über die "Affäre" Strauss-Kahn ist mir sehr aufgestoßen.

     

    Offenbar eignet sich der Verdächtige ebenso zur Projektionsfläche wie das vermutete Opfer.

     

    Es bleibt zu hoffen, dass im Zuge der polizeilichen Ermittlung und der gerichtlichen Verhandlung, wo ja eine sachliche Sprache genutzt wird, auch etwas mehr Vernunft in die Berichterstattung zurückkehrt.

     

    Hier fand ich den Beitrag von HD 20.05.2011 10:11 Uhr sehr hilfreich und vorbildlich sachlich.

     

    "von H.D.:

     

    Man kann die Anklage jetzt auf Scribd lesen: www.scribd.com/doc/55548171/Criminal-Court-Complaint"

     

    "Gewaltsame anale und vaginale Penetration" beschreibt nämlich gerade in seiner distanzierten Sprache sehr genau, was bei einer Vergewaltigung passiert, worum es dem Täter geht und wie eklig und entwürdigend so eine Gewalttat ist.

     

    Die "Sexaffäre" eines sehr mächtigen Mannes kann dagegen alles Mögliche sein. Der Versuch trotz altersbedinger Erektionsstörungen als "toller Hecht" klischeebeladene Erwartungen zu bedienen bis hin zu der Absicht eine korruptive Beziehung zu einer nicht-standesgemäßen Frau zu verheimlichen.

     

    Angelika Oetken, Berlin

  • N
    Nicht-Bildleser

    "Nicht der Frau, die während ihrer Arbeit vergewaltigt wurde."

     

    Mutmaßlich? Unabhängig von der berechtigten Sprachkritik erwarte ich solche Vorverteilungen eher von der Bild.

  • Z
    Zeno

    Ich lese, höre und sehe (in Talkrunden) Frau Pohl immer sehr gerne.

    Mit ihrer hier geäußerten Kritik hat sie im Prinzip Recht. Leider hat sie aber an einer Stelle ihre Worte auch - bewusst? - 'falsch' gewählt:

    "Die Nähe, die Empathie, das Hineinfühlenwollen

    wird dem Vergewaltiger geschenkt. Nicht der Frau, die während ihrer Arbeit vergewaltigt wurde. Und die vergewaltigte Frau?" Das impliziert: Die Vergewaltigung ist Tatsache. Da das aber erst noch erwiesen werden soll, lobe ich mir den besseren, weil korrekteren, Kommentar von Monika Frommel in der taz von morgen (ich bin PDF-Abonnent). Wobei die Überschrift "Beschämende Demütigung" bei mir ein leichtes Missbehagen hervor gerufen hat. Klingt etwas nach Pro-DSK. Ist aber nicht so gemeint, was der Text sehr schnell klärt.

  • TZ
    thomas ziegler

    @20.05.2011 16:28 Uhr: L.A. WOMAN:

     

    > ...Die politische Seite sollte doch auch in der taz Erwähnung finden: Was für ein Zufall, just in dem Moment, wo die USA mit 14,3 Billionen am Ende ist, keine Kredite mehr aufnehmen kann, wäre doch der Vorsitz im IWF durch eine von den Staaten gelenkte Person überlebensnotwendig. da müsste doch die Koinzidenz mit dem Fall von DSK möglicherweise durch eine 'honey trap' selbst dem naivsten Journalisten auffallen...

     

     

     

    seh ich auch so! -wenn die schere im kopf nicht wär...

     

     

    u weiter:

    wenn "der herr" WIRKLICH schon früher "auffällig" war:

     

    von was für speichelleckern, günstlingen u duckmäusern ist zb dessen dunstkreis durchsetzt...?

     

    u was sind das für politische/macht-verhältnisse etc..., dass er damit bisher "durchkam"...??

  • J
    Jonas

    Sagt mal warum veröffentlicht ihr meinen Kommentar nicht? Also hier nochmal:

     

    "Für den Vorwurf gibt es so handfeste Indizien, dass der außerordentlich einflussreiche Franzose auf einer Insel in einem US-Hochsicherheitsgefängnis sitzt."

     

    Schon mal was von Guantanamo gehört? Oder Bradley Manning? Ist ja wohl abscheulich in einer Tageszeitung die behauptet links zu sein so ein Zeug zu lesen. Unabhängig davon ob es handefeste Indizien gibt oder nicht: Die Tatsache dass jemand in einem US-Gefängnis sitzt ist eines mit Sicherheit nicht: Beleg dafür, dass es handfeste Indizien gibt.

    Ab da hab ich dann auch gar nicht erst weitergelesen...

  • UM
    Urs Meier

    Von Verharmlosung kann man bei Behauptungen wie Strauss-Kahn sei "kein Kind von Traurigkeit" ja nur dann sprechen, wenn man davon ausgeht, er habe die behauptete Tat begangen.

     

    Wenn man vom Gegenteil ausgeht, sind alle diese "Verniedlichungen" in Wahrheit bodenlose Unverschämtheiten gegenüber dem Beschuldigten. Man unterstellt Strauss-Kahn ja mit solchen Formulierungen, er habe die Vergewaltigung tatsächlich begangen. Die Frage ist doch nicht, wie man mit sexueller Gewalt gegen Frauen in diesem Fall umgeht, sondern ob sich überhaupt ein Fall sexueller Gewalt gegen Frauen zugetragen hat.

     

    Dies scheint mir viel mehr als alle Verniedlichungen ein Beispiel dafür zu sein, wie Sprache eine (Schein-)Realität schafft.

  • LW
    L.A. WOMAN

    20.05.11 - 16.25 Uhr

    Was die Sprache in solchen Fällen angeht, da gebe ich Pohl recht, ist immer unterschwellig ein wenig von Verständnis getragen für die Täter, wie man auch im Fall Kachelmann erkennen kann.

    Nur:

    da weder im Fall Kachelmann noch im Fall DSK eine klare Beweislage vorliegt, sollte Vorsicht walten in Parteinahme für wen auch immer.

     

    Beim Fall des DSK ist nur eine erheblich Asymmetrie auszumachen:

     

    Es gibt bisher nur Gerüchte, Spekulationen, und eine insofern asymmetrische Betrachtung, als wir bisher n u r DSK sehen konnten in einer unwürdigen Zurschaustellung der US-Medien und nicht das Opfer - mit dem Erfolg, dass sich alle Erklärungen auch Empathien auf ihn fokussieren. Dadurch kommen auch die verschwurbelten Definitionen für solche Machtmenschen zustande, die 'sich nicht im Griff haben, sich nicht steuern können etc., was eine subcutane Entschuldigung impliziert.

     

    Übrigens, Das Zimmer kostete 525 Dollar, laut CNN, sollte doch auch festgehalten werden.

    Zum 'Zimmermädchen':

    Damit ist keineswegs eine Degradierung des vermutlichen Opfers gemeint, damit macht es sich Pohl zu einfach.

    Das ist -leider- immer noch die Berufsbezeichnung für diese Tätigkeit, wenn sie auch die Vorstellung einer eher zart gebauten Person imaginiert. Ich selber habe im Hotel meiner Mutter gearbeitet, und die 'Zimmermädchen' konnten bei der wirklich sehr schweren Arbeit nicht zart gebaut sein. Es wäre wahrhaftig besser gewesen, man hätte in den Medien den Terminus 'Hausdame' gewählt, ist zwar eine leitende Funktion, aber diese gehen ja auch zur Kontrolle durch die Räume, dann wäre die Vorstellung des Opfers eine andere.

    Dieser doch eher kleine Mann DSK würde mir als Frau keine Angst machen, aber ganz bestimmt ein Mann wie zum Beispiel O.J. Simpson.

     

    Die politische Seite sollte doch auch in der taz Erwähnung finden:

    Was für ein Zufall, just in dem Moment, wo die USA mit 14,3 Billionen am Ende ist, keine Kredite mehr aufnehmen kann, wäre doch der Vorsitz im IWF durch eine von den Staaten gelenkte Person überlebensnotwendig. da müsste doch die Koinzidenz mit dem Fall von DSK möglicherweise durch eine 'honey trap' selbst dem naivsten Journalisten auffallen.

  • W
    Wortschätzchen

    Danke dafür.

  • MS
    Marion Schmid-Drüner

    Danke Frau Pohl, für diese Zusammenstellung.

    Hier ein guter blog post zum gleichen Thema der "Verniedlichung" durch Worte: http://kateharding.info/2011/05/17/the-medias-groping-problem/

  • L
    Lentz

    schon richtig was sie schreiben betrfs der darstellung

    nur

    "hilflose frau"?

    eine hart arbeitende 32jährige mutter,die ob gelungener gegenwehr bewiesen hatt das sie mit einem über 60jahre alten knacker und sesselpf****** durchaus fertig wird zum armen hascherl zu degradieren ist genauso albern und klischeetriefend.

  • H
    Harald

    Es stimmt, Sprache spiegelt Machtverhältnisse wider und zementiert diese. An erster Stelle in den Bereichen Finanz und Wirtschaft, wo die Irreführung nicht zu toppen ist.

     

    Die Motive für Verharmlosung oder Verdammung sind dabei die selben. Wenn BLÖD nun um Milde für DSK wirbt, keine Sorge - tagsdrauf wird auch wieder ein "SEX-MONSTER" gejagt.

     

    Wie dem auch sei, beim Lesen des Kommentars werde ich den Eindruck nicht los, an genau dem teilzuhaben, was darin angeprangert wird.

     

    Oben heißt es: " Es soll hier nicht darum gehen, ob diese Anschuldigungen stimmen."

    Um dann unten zu fragen: " Und die vergewaltigte Frau? Sie wird zum Zimmermädchen degradiert."

     

    Kann es sein, daß "Hormone" auch der Kommentatorin ein klares Denken "vermasseln"?

    Kein Wort zum tagelangen, globalen Medienpranger, zur Vernichtung des - immer noch mutmaßlichen - Täters, der nun zu "New Yorks Boldest" gehört.

     

    Dafür Empörung über "Zimmermädchen". Mein Vorschlag: Suite Directing Manageress. Und anstatt Liftboy: Elevator Route Manager.

  • R
    rebellchen

    1. ob eine vergewaltigung vollzogen wurde, oder nicht unterliegt zunächst den rechtsgrundlagen der jeweiligen gerichtsbarkeit. diese unterscheiden sich mindestens von nation zu nation. daneben gibt es aber auch die subjektive definition von vollzogener vergewaltigung. hier sind die grenzen fließend. deswegen kann ich der einstimmigen empörung über die formulierung ines pohls nicht zustimmen.

     

    2. durch den begriff der wehrlosen frau (und da stimme ich jens und linus zu)wird ebenfalls ein bild zementiert, dass frauen grundsätzlich wehrlos sind. fakt ist aber, dass frauen sich sehr wohl wehren können und auch sollen. vergewaltiger suchen opfer, keine gegner. deswegen ist es extrem wichtig, dass häufiger darüber berichtet wird, dass frauen sich ERFOLGREICH gegen sexuelle gewalt gewehrt haben. man sollte das wirklich betonen, denn mehrere studien haben gezeigt, dass in den meisten fällen (über 90%), täter vom versuch einer vergewaltigung absehen, sobald die oder der betroffene sich heftig wehrt. das wird leider viel zu selten erwähnt und so bleiben frauen tatsächlich "wehrlos" da sie angst haben, noch schlimmeren schaden zu erleiden.

  • E
    ErnstEllert

    Ihrer Sprachkritik,oder Kritik am Machtmißbrauch durch die Medien, muss ich eine eine formelle Kritik engegenstellen.

     

    Der Sprachtrick, mit dem sie aus einem der versuchten Vergewaltigung Angeklagten, einen Vergewaltiger machen (als solcher durch Außenstehende, wie sie oder mich, erst nach einer rechtskräftigen Verurteilung zu benennenden) nur um anschließend darauf hinzuweisen das solcher Sprachmißbrauch Macht schaffen oder etablieren kann soll doch hoffentlich nur Provozieren?

     

    Die Frage die sich (nicht nur der mänliche Teil) die europäischen Gesellschaft stellt. Warum konnte dieser Mann der doch bestimmt intelligent genug ist, seine "Triebe" nicht legal und diskret abwickeln?

     

    Herr Kahn war vor den jetzigen Anschuldigungen als "Schwerenöter" bekannt, ist er jetzt demnächst möglicherweise ein verurteilter Vergewaltiger würde eine solche Persöhnlichkeitsbeschreibung eine starke Untertreibung bedeuten. Bis dahin rate ich zu Zurückhaltung...

     

    Und schließlich besonders ärgerlich ihr Lapsus:

    ..."Statt "Vergewaltiger" zu sagen und damit klar einen Begriff zu verwenden, der in einer feministischen Tradition steht..."

     

    Indem sie den feministischen "Wortschatz" in ihrer Argumentation als verpflichted darstellen führen sie ihre eigene Überschrift ad absurdum,

    und fordern zur Gegenfrage auf:

     

    Was passiert wenn möglicherweise unschuldige durch sprachliche Vorverurteilung öffentlich fälschlich Denunziert werden?

     

    Mir reicht eine geringe Wahrscheinlichkeit zur Unschuldsvermutung aus, große Geldmengen und Macht wie in diesem Fall verstärken mein Mißtrauen.

     

    ErnstEllert

  • N
    not_me

    jeder ist unschuldig, bis seine schuld bewiesen ist.

     

    erstmal ist er ein verdächtiger dem eine vergewaltigung vorgeworfen wird.

  • PK
    Peter Koepf

    ... alles richtig. aber Strauss-Kahn ist noch nicht überführt und sollte deshalb (noch?) nicht als Vergewaltiger bezeichnet werden. Alles was Recht ist.

  • AD
    Anette Diehl

    Vielen Dank für diesen Beitrag! Schon 1998 haben wir, Frauennotruf Mainz, mit der Plakatkampagne „Sittenstrolch? Triebtäter? Sexmörder? - Vergewaltiger sind Vergewaltiger!“ auf unsere Tagung „Tatort: Medien“ aufmerksam gemacht, die das Thema Berichterstattung zu Sexualisierter Gewalt aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchtete. Es hat sich Einiges getan - aber nicht genug. Die Sprache wird mit Artikeln, wie denen, die im Kommentar zitiert wurden, zum Mittel, sexualisierte Gewalt an Frauen und Mädchen zu verharmlosen, zu bagatellisieren, zu negieren.

    Frau Pohl setzt dem etwas entgegen.

    Zur Erinnerung: Es geht nicht darum, WAS genau passiert ist, sondern WIE über ein Thema berichtet wird und wie das wiederum auf uns wirkt.

    Anette Diehl, Frauennotruf Mainz

  • G
    GerdEric

    Ich habe früher als Schüler meine Lehrer bewundert, als sie von den Verhältnissen am Hofe des "Sonnenkönigs" träumten und eine Stunde später im Religionsunterricht von Treue, Sanftmut und weiß der Teufel was sie logen...

  • TB
    Tanja. Barn

    Erinnert sich noch jemand an Andreas Türk? Der wurde wie DSK auch wegen Vergewaltigung angeklagt - an den Vorwürfen war absolut nichts dran, von hinten bis vorne war alles erlogen. Seine Karriere war trotzdem vorbei.

     

    Ich als Frau finde es ganz furchtbar, wie Frauen immer wieder die Behauptung sexueller Gewalt gegen Männer nutzen, um diesen zu schade - das hat auch mit Emanzipation nichts zu tun, sondern mit dem Strafrecht, das einseitig die Männer benachtiligt und die Frauen übervorteilt. Opferschutz gibt es de facto in Deutschland nur für angebliche Vergewaltigungsopfer, bei Männern gilt dann auch keine Unschuldsvermutung mehr - offensichtlich auch nicht in diesem angeblich aufgeklärten Artikel hier, der zwischen den Zeilen eindeutig von der Schuld von DSK ausgeht.

     

    Und zur Erinnerung: Falsche Anschuldigungen sind ein schweres Verbrechen.

  • JC
    Jutta Cailloux

    vielen Dank Frau Pohl, ich wohne in Frankreich und hier hören wir nicht eine der Feministinen, die sonst bei der kleinsten Kleinigkeit grosse Töne anschlagen, so etwas Richtiges sagen

  • N
    NoName

    Martin Pfeiffer hat völlig recht. Der Artikel ignoriert beharrlich, dass auch in der taz zuerst von einer "Sex-Affaire" u.ä. zu lesen war und dies in verschiedenen Leserbriefen massiv (und völlig zu recht) kritisiert wurde.

     

    Jetzt kommt ein Artikel, der genau diese Problematik zum Thema hat aber die diesbezügliche "Vorgeschichte" in der taz nicht mit einem Wort erwähnt. Sorry, aber das wirkt einfach nur scheinheilig.

    Dass die taz unter Verweis auf eine angebliche Meinungspluralität regelmäßig Leute wie Herrn Dieckmann zu Wort kommen lässt und in der nächsten Ausgabe gegen die BILD wettert ist auch so ein Beispiel für die Unfähigkeit zur kritischen Selbsreflektion.

  • HK
    Heinz Kummer

    Gleichberechtigung ist etwas, das in Wirklichkeit noch ganz ganz weit weg ist - schreibt eine "Leserin"

     

    Am 19.5.2011 erschießt eine Polizistin in Frankfurt ein Frau, die einen Polizisten (ihren Kollegen) mit dem Messer attakiert hat.

     

    Die Gleichberechtigung ist schon gestern in der Wirklichkeit angekommen.

  • L
    leserin

    Absolut zutreffend. Danke für diesen notwendigen Artikel.

    Es gibt sogar Stimmen, die "diese Sex-Sache" eigentlich gar nicht in den Medien sehen wollen, weil ja ein echtes Boulevardthema und niveaulos. Wie bitte? Vergewaltigung - ein Boulevardthema? Wie wäre es mit dem Begriff Verbrechen? Nein, es ist ein niedliches Boulevardthema, eine kleine Sexgeschichte eines mondänen Mannes....wieder ein Beispiel für Verharmlosung.

    Und Doktorarbeiten? Die sind es allen Medien wert, rauf und runter diskutiert zu werden....mit größter Seriosität..aber doch bitte keine Verbrechen, ist doch nur ein Sexaffärchen...verrückt, diese Welt.

  • E
    einer

    Guter Anfang.

     

    Leider geht in der feministischen Perspektive unter, daß es in unserer Gesellschaft simples oben und unten gibt - in der öffentlichen Wahrnehmung mit Sicherheit um Größenordnungen gewichtiger als Geschlechterzuordnungen. Wie wäre die Wortwahl wenn umgekehrt das Opfer prominent und der Täter irgendwer gewesen wäre?

  • K
    Karl-Heinz

    Ich wäre doch der Meinung, dass man auch außerhalb einer "feministischen Tradition" jemanden als Vergewaltiger bezeichnen kann.

     

    Außerdem kann man auch die "Täterperspektive" einnehmen - schlicht in dem Sinne, dass es sich auch beim Täter um einen Menschen handelt. Wenn Sie also das Opfer der versuchten Vergewaltigung nicht zu einem Objekt degradieren wollen, dann tuen Sie das doch auch einfach mit dem mutmaßlichen Täter nicht, lassen Sie Herrn Strauß-Kahn doch einfach seinen Namen und sein Mensch-Sein, ganz egal, was er möglicherweise für ein Schwein ist, auch wenn er leider nicht unter Ihre feministische Schutzmacht fällt. ;-)

     

    Und generell: Gibt es eigentlich irgendeine "geschlechtergerechte" Berichterstattung? Ihr Artikel steht alleine im Walde der schlechten - patriarchalischen - Berichterstattung, in so fern ist eine "feministische" Ausrichtung verständlich. Schade nur, dass das dann immer in die andere Richtung ausarten muss.

  • R
    Robert

    Aus der SZ:

    http://www.sueddeutsche.de/kultur/strauss-kahn-und-die-unschuldsvermutung-kampfbetonte-voreingenommenheit-1.1099639

     

    Diese US-amerikanische Schuldvermutung per juristischen Procedere und medialer Öffentlichkeit ist, fair betrachtet, doch auch eine Art Gewaltausübung. Oder? Auch dieses Opfer hat selbst mit seinem vielen Geld und seinen Verbindungen keine Chance.

     

    Die Rechte und Interessen des wahrscheinlichen (!) Opfers werden auch mit dieser Vorverurteilung schwerstens verletzt.

    Es gibt wohl keine vernünftige Lösung und wird auf alle Zeiten so weitergehen.

  • OM
    Oliver M.

    Anscheinend wurde mein Text nicht veröffentlicht. Falls er doch noch kommt, trotzdem folgende Anmerkung:

     

    Den Cohn-Bendith hätte ich vielleicht aus der „Liste“ draußen lassen sollen. Allerdings ging es bei ihm immerhin um den Verdacht von Missbrauch an Minderjährigen, den er in einem Buch niedergeschrieben hat. Er hat es ursprünglich selbst als Autobiographie bezeichnet. Dazu gibt es von ihm einige schauderhafte Videoaufnahmen aus dem TV, bei denen er ebenfalls auf eine Verniedlichung der Pädophilie anspielt.

     

    Unabhängig von dem Wahrheitsgehalt seiner Aussagen sind solche Provokationen für viele anständige Menschen Grund genug, das politische Amt dieses Mannes in Frage zu stellen. Seine Äußerungen haben auch wirklich gar nichts mit dem Zeitgeist der 70er Jahre zu tun!

     

    Seine Partei interessiert mich übrigens nicht, sondern was er sagt. Ich hoffe, bei den Grünen ist das nicht umgekehrt...

  • Z
    zweifelhaft

    Ich möchte aufgreifen, was "Leserin" schrieb:

     

    >>Ich frage mich, was wäre wenn eine der wenigen hochrangigen Vorstandsfrauen einem Kellner zwischen die Beine greifen würde und einen Stapel anzüglicher Bemerkungen fallen liese.

  • KD
    Kat Dat

    Ich finde die Kritik an den Ausdrücken und Verniedlichungen von Ihnen gut dargestellt und mehr als angebracht. Jedoch sollte auch noch keiner, der noch nicht verurteilt ist, als Vergewaltiger bezeichnet werden.

     

    Das Deutschland noch lange nicht aufgeklärt und insbesondere in sexueller Hinsicht unemanzipiert ist, ist keine Frage.

  • H
    H.D.

    Man kann die Anklage jetzt auf Scribd lesen: http://www.scribd.com/doc/55548171/Criminal-Court-Complaint

     

    Dabei wird deutlich, dass es nur deshalb als versuchte Vergewaltigung geahndet wird, weil in den USA nur vaginale Penetration als solche betrachtet wird. Es haben aber, laut dieser Anklage, orale und anale Penetrationen unter Zwang stattgefunden. Schade, dass das in den deutschen Zeitungen nicht so formuliert wird.

     

    Im Übrigen finde ich eine Vielzahl von Kommentatoren in den Foren der taz und anderswo mehr als unterirdisch. "Innocent until proven guilty" - das Gleiche sollte auch für das Opfer gelten!

  • M
    Mark

    Sehr geehrte Frau Pohl,

    Sie haben recht, wenn Sie gegen eine Verniedlichung schrecklicher Tatsachen anschreiben. Befriedung ist z.B ein äußerst unpassender Begriff für Krieg. Wenn Sie es nun für unpassend halten aus einer Vergewaltigung eine Sex-Affäre zu machen, muss ich Ihnen auch zustimmen. Allerdings muss ich auch fragen, ob es anständig ist, einen Menschen aufgrund von unbewiesenen Anschuldigungen (bei denen es zudem nicht um eine Vergewaltigung sondern, schlimm genug, den Vorwurf einer Solchen ging) als Vergewaltiger zu verurteilen?

    Es tut mir leid, aber mir erscheint Ihre Argumentation, milde ausgedrückt, nicht stimmig. Ob Sie damit der eigentlich richtigen Grundaussage einen Gefallen tun wage ich zu Bezweifeln. Stimmung allerdings lässt sich damit machen.

  • R
    Robert

    Unter dem Beitrag von Gabriele Dietze fand sich dieser Kommentar von einem Mirko Schmidt, der vielleicht, leicht redigiert, den Weg in die Druckausgabe finden sollte.

    "Liebe Gabriele Dietze,

    liebe Tatz,

     

    sicher haben Sie mit ihren Beitrag über die bösen Alpha-Männchen, oder wie sie es ausdrücken, "die primitiven Oberaffen" recht. Aber in ihrem Beitrag sind einige gravierende Schönheitsfehler.

     

    Eines ist völlig klar, wenn Herr Dominique Strauss-Kahn eine Frau zum Sex gezwungen hat, so bin ich völlig Ihrer Meinung. Aber es wurde noch nicht einmal der Versuch unternommen darzustellen was genau passiert ist. Was bitte ist denn in diesem genauen Fall Sexuelle Nötigung? Was verbirgt sich dahinter?

    Ist es denn das gleiche Szenario wie bei Herrn Assange? Bei dem Mann, bei dem schon die Ankündigung des Namens einige Politiker achteckige Schweißperlen auf die Stirn bekommen?

    Oder ist es wie bei Herrn Martin Luther King?

    Was sind die genauen Verbrechen, welche es rechtfertigen, ohne eine Untersuchung den Angeklagten den Medien vorzuführen, und diesen wie im Mittelalter an den Pranger zu stellen, ohne dass seine Schuld bewiesen ist.

     

    Ist es jetzt die Verfolgung eines Verbrechens? Oder ist es ein Kaltstellen?

     

    Es scheint so, als würde die deutschen Medienlandschaft nur noch aus der Eingleisigkeit des simplen Nachplapperns einer neuen Information existieren.

    Völlig egal woher diese stammt und welchem Zweck diese dient.

    Da wird nicht mal ansatzweise nachgefragt wenn eine Information von den Amerikanern kommt.

     

    Das Land, das unter dem Vorwand Terrorismus zu bekämpfen Rohstoffkriege führt, das immer noch ohne jeglichen rechtliche Deckung Gefangene wie Tiere auf Kuba hält und ständig alle Menschenrechte dieser Welt mit Füssen tritt. Inklusive der sexuellen Nötigung von Gefangenen.

     

    Das Land, das die Weltfinanzkrise zum 2.mal ausgelöst hat. Das Land, das am Meisten unter dem Euro leidet. Das Land, aus dem immer wieder die Herabstufungen der Kreditwürdigkeit der Euroländer kommen!

    Das Land, dass sich die höchste Verschuldung leistet und mehr Schulden hat als ganz Europa gesamt!

    Das Land, das die ganze Welt in Brand setzt, und den fanatischen Islamisten ständig Zündstoff gibt, ihre Zahl damit explosionsartig anwachsen lässt und somit eine eigene Entwicklung dieser Länder verhindert.

     

    Wo ist denn der "Investigative Journalismus"?

    Warum werden denn bitte keine Fragen mehr gestellt?

     

     

    Wie zum Beispiel:

    Ist er wirklich schuldig? Was ist die Geschichte hinter der Geschichte?

    Wem nützt das? Wer sind die Gewinner eines Ausscheidens des Herrn Dominique Strauss-Kahn, dem mächtigsten Mann des IWF? Welche Rolle spielt wieder mal Herr Sarkozy, dessen Widersacher, bzw. Konkurrenten immer mal wieder durch ähnliche Affären verschwinden?

    Woran hat Herrn Dominique Strauss-Kahn zuletzt gearbeitet, wofür steht er, was macht seine Politik aus? Wem stand er im Weg?

    Was genau hat er wie gemacht? Wie soll der Tathergang sein?

    Warum wird bei dem Thema Sex nie der Grundsatz "in dubio pro reo" (im Zweifel für den Angeklagten") angewendet und der Verdächtige schon verurteilt und in Einzelhaft gesteckt, während ein U-Bahnschläger, der mit der Absicht zu töten gehandelt hat erst mal auf freien Fuß gelassen, weil er ja Rechte hat?

     

    Bin ich der Einzige, dem das ganze "spanisch" vorkommt?

    (Die Spanier haben übrigens diese Probleme, weil der amerikanische Finanz-Molloch durch seine Gier nach Maximalprofit dort ordentlich spekulative Investitionsruinen hinterlassen hat. Der spanische Staat darf jetzt diese auf eigene Kosten beseitigen! Und die amerikanischen Ratingagenturen schreien nach Herabstufung der Kreditwürdigkeit, welche eine Verschärfung der Kreditbedingungen und Kosten für Spanien bedeutet.)

    Wem nützt das, kann durchaus eine interessante Frage sein. Oder? Besonders in Bezug auf den Euro!

     

    Waren das nicht auch Dinge, mit denen sich Herr Dominique Strauss-Kahn beschäftigt hat?

    Keine Ahnung, denn es scheint ja angesichts der Vorwürfe nicht so interessant zu sein.

     

    Warum flippen alle schon bei dem Wort sexuelle Nötigung aus? Was genau ist gerade im Fall Herrn Dominique Strauss-Kahn mit sexuelle Nötigung gemeint?

    Ist es nötig ihn deshalb wie einen Schwerverbrecher zu behandeln?

     

    Und worin genau besteht denn nun sein Verbrechen?

    Was ist denn nun wirklich genau dort vorgefallen?

    Hat er versucht zu vergewaltigen? Oder hat er einfach die Grenzen des guten Geschmacks überschritten und eine anzügliche Bemerkung gemacht?

    Oder ist er gar, wie die allseits bekannten "Flitzer", welche splitterfasernackt über das Fußballfeld rennen, über den Flur des Hotels gerannt?

     

    Wollte ich eine eingleisige Meinungsmache lesen, würde ich die Bild kaufen.

    Von der TAZ erwarte ich einfach mehr, als einfache Meinungen, welche auf bloßem Hörensagen beruhen.

    Es ist schon schlimm genug, dass ich bei sämtlichen Nachrichten welche im Fernsehen kommen wie alle meine Bekannten diese erst mal recherchieren muss um auf den Kern zu kommen, jetzt bitte nicht auch noch die Taz!

     

    Also bitte, haltet die Qualität Eurer Beiträge hoch.

    80 % dieses Beitrages besteht aus unwissenschaftlichen Annahmen!

    Das ist nicht zu akzeptieren, die Bild hätte es nicht besser machen können. Na gut, dort werden die Formulierungen der Ausdrucksweise der Zielgruppe angepasst. Aber sonst hätten sie den Beitrag dort auf alle Fälle auch verkaufen können.

     

    Wie würde es Volker Pispers formulieren?

    Wenn ich einen Beitrag über das "Böse" also den Mann, lesen will, dann kaufe ich mir ein Buch von Alice Schwarzer, dann hat der Tag Struktur!

     

    Vielen Dank

     

    PS.: Sexuelle Nötigung ist laut Definition auch ein Witz über Sex, wenn mein Gegenüber befindet, dass er ihn nicht hören wollte.

    Viel Spaß beim Selberdenken!"

     

    Man sollte diesem US-amerikansichen Rechtssystem aufs Äußerste mißtrauen. Den hysterischen und eben überhaupt nicht unabhängigen Medien sowieso. Hier gab es u.U. ganz andere als sexuelle Interessen. DSK ist beruflich und gesellschaftlich erledigt. Verurteilt für alle Zeiten. Die wahrscheinlich(!) vergewaltigte Frau sieht nun dem erwartbaren medialen "Mißbrauch" entgegen. Auch chancenlos. Vielleicht ist es wenigstens finanziell die Chance ihres Lebens, und sie bekommt ein paar Millionen Dollar "Schadensersatz". Nie wieder Zimmer putzen.

    Gerechtigkeit und Würde findet damit allerdings niemand.

     

    Was also nun?

  • DA
    Differenzierte Auseinandersetzung

    Liebe Frau Pohl,

    Sie haben recht mit Ihrer Kritik. Danke dafür, dass Sie die verqueren Umschreibungen für gewalttätiges Verhalten anprangern!

     

    Und daoch machen Sie denselben Fehler wie die von Ihnen Kritisierten. Beliben Sie sachlich, bleiben Sie bei den Fakten und vor allem - wie sie es selber fordern - wählen Sie Worte mit Bedacht!

     

    Der Vorwurf gegen Strauss-Kahn lautet nach meiner Kenntnis auf "versuchte Vergewaltigung". Der Begriff "sexuelle Gewalt" ist für die über die Presse verbreiteten mutmasslichen Vorgänge angebracht. Ihre Formulierung "...die vergewaltigte Frau..." weckt jedoch andere Assoziationen. Genauso begründete sich die Untersuchungshaft im ersten Moment - sofern ich den Originalwortlaut einer amerikanischen Ofiiziellen im Radio richtig verstanden habe - mit der hohen Fluchtgefahr des Verdächtigen und in keiner Weise mit einer hohen Schuldwahrscheinlichkeit. Auch hier wecken Ihre Formulierungen einen anderen Eindruck.

     

    Ich habe lange darauf gewartet, dass das Tabu-Thema sexuelle Gewalt in die öffentliche Diskussion gelangt. Das hat in den vergangenen Jahren stattgefunden und ich hoffe sehr, dass das erst der Anfang war. Ich wünsche mir eine differenzierte Auseinandersetzung.

  • R
    Redbranch

    Ines Pohls Beitrag zum Thema ist vom Feinsten.

     

    Herzlichen Dank dafür, etwas Angemesseneres zum Thema habe ich bislang noch nicht gelesen.

     

    Ich bin schockiert – insbesondere über mich selbst.

     

    Auch ich habe über die Formulierungen in anderen Printmedien, wie die Autorin sie geschildert hat, großzügig hinweg gelesen. Schließlich hat mich in erster Linie interessiert, ob nun die Vorwürfe gegen Strauss-Kahn nun gerechtfertigt sind oder ob hier möglicherweise eine perfide Rufmordkampagne seitens des politischen Gegners inszeniert worden ist. Auszuschließen ist letzteres meines Erachtens immer noch nicht.

     

    Und ich habe mir immer eingebildet, das, was Medien mir vorsetzen, grundsätzlich kritisch zu hinterfragen, auf die Art und Weise der Berichterstattung zu achten, manipulative und suggestive Ansätze zu erkennen, etc...

     

    Peinlich, peinlich. Sowohl für diejenigen, die sexuelle Gewalt sprachlich verharmlosen als auch ein Stück weit für mich selbst. Na ja, wenn’s der guten Sache dient (Lerneffekt) darf es auch mal wehtun.

     

    Viele taz-Beiträge halte ich für unterste Schublade und bin ich solchen Fällen froh über die geringe Reichweite der taz.

     

    In Bezug auf Ines Pohls Kommentar ist dieser Umstand schade. Sehr sogar.

  • B
    überrascht

    Vielen Dank für diesen Artikel Frau Pohl!!

     

    Endlich wird mal über die Sache an sich geschrieben, dass hier eine Vergewaltigung im Raum steht und nicht diese ewige Verharmloserei wie man sie hier in anderen Kommentaren und auch Leserbriefen gelesen hat, die sich erstmal in Verschwörungstheorien ergangen haben.

    Liegt es wirklich am Parteibuch ob man für eine Vergewaltigung verdächtig sein kann, oder kann nicht sein was nicht sein darf?

  • P
    Paul

    Frau Pohl hat sicherlich nicht unrecht mit ihrer Kritik an der Wortwahl vieler deutscher Medien. Wenn man sich aber so sehr auf die Wortwahl fixiert, sollte man auch in der Lage sein, zwischen Vergewaltigung und versuchter Vergewaltigung unterscheiden zu können. Ich zumindest habe bisher immer nur von letzterem im Falle Strauss-Kahns gelesen.

  • EM
    Emanzipierter Mann

    Vergewaltigunggeschichten sind immer sehr vielschichtig und psychologisch komplex.

     

    Wir neigen immer zum Klischee: Die Frauen sind immer die Opfer und die Männer immer die Monster. Dies stimmt sicher so nicht.

     

    Letztlich sind die Männer immer die Dummen. Sie sind total verunsichert. Heutztage haben Männer sogar Angst. in einen Fahrstuhl zu steigen, in dem eine Frau alleine ist. Entweder kann die Frau den Mann zu Recht anzeigen, weil er sie im Fahrstuhl belästigt hat oder sie kann ihn nach dem Antidiskriminierungsgesetz anzeigen, weil er sie wegen ihres Geschlechts, ihrer Schönheit oder ihres Alters nicht belästigt hat.

     

    Fragen

    Dient diese extreme Einstellung wirklich dem Schutz der Frau?

    Dient diese Haltung dem gleichberechtigten Schutz von Mann und Frau?

    Was ist, wenn DSK nur ein "sexsüchtiger Verführer", aber kein Vergewaltiger war?

     

    Den Frauen ist jahrhundertelang/ jahrtausendelang böse mitgespielt worden. Der Kommentar über die Sprache zeigt richtigerweise deutlich Spuren der Männerherrschaft.

    Manchnal habe ich aber den Eindruck, dass die Frauen jetzt Rache wollen - egal ob der Mann es getan hat oder nicht.

    Er ist immer schuldig, denn er ist schließlich ein Mann und Frauen müssen schließlich zusammenhalten.

    Dies wäre keine gute Entwicklung

    In Frankreich, Spanien und in Italien versteht man Emanzipation anders als in Deutschland. Dort geht die Emanzipation nicht in erster Linie gegen den Mann, sondern gegen die Gesellschaft, gegen die Kirche, gegen das gesamte System der Normen und Traditionen, die den Mann jahrhundertedlang auch unterdruckt hat und ihm eine Rolle aufgezwungen hat, an denen er zerbrechen und scheitern musste. Dort helfen sie dem Mann, eine neue partnerschaftliche Rolle zu finden. Partnerschaften bleiben dort lebbar. Unser Verständnis führt zur Vereinsamung von Mann und Frau. Wir schaffen unsoziale narzistische Einzelkämpfer, die keinem nützen.

    Schade um die vertane Lebenszeit und Lebenskraft, die wir für Glück nützen könnten

  • F
    fritillaria

    Danke für den Kommentar. Er ist längst überfällig. Wir befinden uns immer noch auf dem gesellschaftlichen Standard von Adam und Eva. Das Resultat ist bekannt: Eva verführt und ist Schuld daran, dass Adam aus dem Paradies vertrieben wird.

  • J
    jens

    Die Kritik des Artikels ist ja berechtigt, aber was soll der Hinweis auf eine "wehrlose Frau"? Ist es weniger schlimm, wenn die Frau sich wehren kann? Warum wird düberhaupt das Klischee der "wehrlosen Frau" bedient?

     

    Auch ist es egal, sie während ihrer Arbeit oder in ihrer Freizeit vergewaltigt wurde. Oder soll die Erwähnung, dass es während der Arbeit geschah uns mitteilen, dass der Fall dann schwerer wiegt? Ist Hausarbeit eigentlich auch Arbeit? Oder dürfen Hausarbeitende mit weniger Unterstützung rechnen?

  • LB
    Linus Blau

    Ja, mit Sprache kann man etwas machen und da wurde im Fall DSK einiges verniedlicht, bagatellisiert, nicht zuletzt in der TAZ selbst, was ja eine Flut von Leserbriefen auslöste. Schade, dass die Chefredakteurin zu letzterem nichts zu sagen hat.

     

    Dass Ines Pohl allerdings die Tat umstandslos als vollendete Vergewaltigung darstellt, ist befremdlich. "...die Frau, die während der Arbeit vergewaltigt wurde..." Mein Eindruck ist, dass DSK eine versuchte Vergewaltigung vorgeworfen wird. Es geht hierbei nicht um belanglose juristische Spitzfindigkeiten. Auch hier bewirkt Sprache etwas, nach meinem Empfinden auf Kosten des Opfers, der Würde des Opfers. Wenn die Frau sich erfolgreich gewehrt hat, sollte das nicht unter den Tisch fallen, alles andere verfestigt die Opferrolle.

  • SW
    Stefan Wössner

    Mich erinnern diese Prozesse an mittelalterliche Hexenprozesse.

     

    Die Hexenprozesse waren dadurch gekennzeichnet, daß die Anschuldigung einer einzelnen Person ausreichte, um die Angeklagte auf den Scheiterhaufen zu bringen.

    Weiteres Belastendes Material wurde vom Gericht nicht gefordert. Die Angeklagte allein hatte die Beweislast für ihre Verteidigung.

     

    Ebenso in den letzten Prozessen gegen Assange und Kachelmann.

    Im Fall Kachelmann ist die Absurdität der Anklageverfolgung durch das Gericht am besten veranschaulicht. Mehrere gerichtsmedizinische Gutachter haben unabhängig voneinander die Unschuld Kachelmanns bewiesen.

     

    Das Verfahren wurde und wird aber dennoch fortgesetzt. Kachelmann hatte bisher trotz erwiesener Unschuld keine Chance, die gerichtliche Verfolgung zu beenden.

    Dabei beruht die Anklage auf der nachweislich falschen Aussage einer einzelnen Zeugin.

     

    Frage:

    Wie kann sich ein Prommi, Politiker etc. denn gegen eine solche Anklage schützen?

    Wohl nur dadurch, daß er Tag und Nacht immer Zeugen an seiner Seite hat, die seine Unschuld bezeugen können.

    Und diesen Zustand muß er wohl auch durchhalten, wenn er die Nacht mit der (dem) Geliebten oder Exgeliebten verbringt.

     

    Das ist jetzt die reale Bedrohung durch "Hexenprozesse", in der sich nicht nur Promis befinden, sondern z.B. auch die vielgeliebten Lehrer.

     

    Es wird einige Schülerinnen und Schüler geben, die mit dem Gedanken spielen, sich für ungerechte Beurteilung durch den Lehrer zu rächen, oder?

  • A
    atypixx

    Handfeste Indizien, ja, die gab es ja auch bei Kachelmann. Nun gibt es sie nicht mehr. Kachelmann hätte man Recht damit getan, eine etwas "verniedlichende Sprache" zu wählen, weil er dann trotz des zu erwartenden Freispruchs nicht so erledigt wäre, wie er es jetzt ist. Warum soll solches bei S-K ein Fehler sein?

  • P
    Piawanegawa

    Ich gebe dem Artikel insofern recht, dass es diese Tendenzen zur Verniedlichung gibt. Genauso gibt es aber Tendenzen, die jeden einer Sexualstraftat Beschuldigten über eine ähnliche Sprachmethodik automatisch zum Schuldigen erklärt. So auch die Autorin. Sie möchte - zurecht - nicht von einem "Schwerenöter" sprechen, sondern das Kind beim Namen nennen ... nur um es dann mit dem Bade auszuschütten. Sie möchte vom "Vergewaltiger" sprechen und dabei die Unschuldsvermutung außer Kraft setzen.

     

    Diese Tendenz zur Vorverurteilung geht so weit, dass allein der Vorwurf ausreicht, um einen Menschen, primär einen Mann, gesellschaftlich und beruflich zu vernichten.

     

    Wirklich sinnvoll können wir mit solchen Vorwürfen aber nur umgehen, wenn wir beides unterlassen, sowohl die Verniedlichung als auch die Vorverwurteilung.

  • L
    Leserin

    Danke für diesen Artikel.

     

    Ich frage mich, was wäre wenn eine der wenigen hochrangigen Vorstandsfrauen einem Kellner zwischen die Beine greifen würde und einen Stapel anzüglicher Bemerkungen fallen liese.

     

    Wie würden wohl die Berichte und Kommentare ausfallen?

    Und was wäre erst, wenn sie es schaffen würde ihn mit vorgehaltener Waffe (denn was ist ein körperlich überlegener Mann wohl sonst?) zum Sex oder zu sexuellen "Spielchen" zwingen würde?

     

    Gleichberechtigung ist etwas, das in Wirklichkeit noch ganz ganz weit weg ist.

  • K
    Knatteratz

    Mit Verlaub, der Vorwurf lautet "versuchte Vergewaltigung", das ist schon ein gewaltiger Unterschied. Zum zweiten hat man ja bereits bei Julian Assange gesehen, dass dem Vorwurf der Vergewaltigung nicht immer eine tatsächliche Vergewaltigung zugrunde liegt. Sicherlich, Schweden ist dabei ein extremes Beispiel. Mit im Spiel waren dabei auch politische Faktoren. Ob das nun bei Strauss-Kahn anders ist?

     

    Nur zur Klarstellung, wenn sich der Vorwurf bestätigt, dann ist das schlimm. Das hier ist auch keine Sympathie-Bekundung für Strauss-Kahn. Aber direkt die patriarchale-Unterdrückungs-Schiene zu fahren, ist völlig unseriös.

  • R
    reblek

    "Wagner"? "Bild"? Ist es nicht so, dass die taz durch Herrn Diekmann diese Dreckschleudern hofiert?

    Die Frauenredaktion der taz hat, das nur ganz am Rande, sich beharrlich geweigert, sich mit der Sprache in deutschen Medien auseinanderzusetzen, wenn es um Vergewaltigung geht. Da ist ständig die Schreibe vom "Sextäter", weil der - kurz und knackig - so gut in die, sorry, Spalte passt. Dass Vergewaltigung mit Sex nichts zu tun hat, sondern es um Gewalt (steht ja schon im Begriff) sowie der Ausübung von Macht, interessiert in diesem Land so gut wie keine(n) Schreiber(in). "Sextäter" liest sich doch viel aufregender.

  • T
    Till

    Guter Kommentar, nur wird mit keiner Silbe erwähnt, dass auch die taz (am 16.5. auf S.1) von "Sex-Vorwürfen" und "Zimmermädchen" gesprochen hat.

  • MP
    Martin Pfeiffer

    Bravo! Aber gibt der Kommentar nicht genau die Meinungen der Leserkommentare wieder, die gestern und vorgestern in der TAZ zu finden waren und die sich auf die Wortwahl in der Berichterstattung in der TAZ bezogen? Die Originalartikel habe ich leider nicht gelesen, aber es scheint, dass hier ein bischen Selbstkritik auch möglich (und notwendig) gewesen wäre.

  • KT
    K T

    Zitat 1:

    Es soll hier nicht darum gehen, ob diese Anschuldigungen stimmen. Es soll darum gehen, welche Worte und Bilder verwendet werden, wenn in den Medien, aber auch in der Gesellschaft das Thema sexuelle Gewalt gegen Frauen angesprochen wird. Wenn man betrachtet, mit welcher Begrifflichkeit dabei gearbeitet wird, zeigt sich, wie entlarvend Sprache sein kann.

     

    Zitat 2:

    Und die vergewaltigte Frau?

     

    Inwieweit ist Zitat 2 nicht tendenziös?

  • MN
    Mein Name

    Jemanden vor einer rechtskräftigen Verurteilung als "Vergewaltiger" zu bezeichnen, setzt das Prinzip der primären Unschuldsvermutung ausser Kraft. Insofern greift die Argumentation von Frau Pohl zu kurz.

  • H
    Heinz

    An dem Artikel von Ines Pohl ist wohl viel Wahres dran.

    Muß ich jetzt auch als Mann zugeben.

  • H
    Hagen

    Liebe Frau Pohl,

     

    wie in so vielen Artikeln, auch bei Ihnen, ist DSK offenbar schon schuldig gesprochen. Auch, wenn noch nichts bewiesen ist. Bis dahin kann man Ihn ja wohl auch noch nicht "Vergewaltiger" nennen. Man sollte auf den Urteilsspruch warten. Fem. Theorie hin oder her.

  • AH
    Anja-Susann Huber

    Sehr geehrte Frau POHL,

     

    ich bin Ihnen sehr dankbar für ihren Artikel "Wenn sexuelle Gewalt verniedlicht wird".

    Er spielgelt sehr genau wieder, wie ich die aktuelle Diskussion erlebe. Die Art und Weise der Berichterstattung und die Reaktionen in den Medien zum Fall Strauss-Kahn empfinde ich schockierend und sie macht mich echt wütend. Leider zeigen sich darin die vielen unterschwelligen und offen-sichtlichen frauenfeindlichen Strukturen.

    Erstaunlich immer wieder von neuem, wie wenige Menschen (sowohl Männer als auch Frauen) dies in unserem ach so fortschrittlichen Deutschland registieren. Es zeigt außerdem, dass es eine Art von Toleranz für sexuelle Übergriffe gibt.- Wie soll sich bei solch einem Neandertal etwas bewegen?

     

    mit freundlichen Grüßen

     

    Anja-Susann Huber

  • BB
    bn bn

    Andererseits kann man ihn auch schlecht einen Vergewaltiger nennen, die Unschuldsvermutung gilt.

    Man weiss aber, dass DSK sich bereits (sexuelle) Eskapaden geleistet hat, die nie zu einer Verurteilung fuehrten. Daher die Begriffe Schwerenoeter, Geilheit, etc. pp.

    Vergleichen sie doch einfach mal die Berichterstattung ueber DSK mit verurteilten und rueckfaellig gewordenen Vergewaltigern - hier redet niemand mehr von Schwerenoetern, sondern von Sexualstraftaetern.

    Alles in allem scheint mir also die Berichterstattung die reale Situation und nicht die patriarchalische Gesellschaft wiederzuspiegeln.

  • M
    Maia

    Danke für diesen außerordentlich guten Beitrag! Viele Menschen verstehen immer noch nicht, welche Bedeutung Sprache im Alltag eines Menschen hat.

    Auch in den Nachrichten, die ich gesehen habe, wurde von "dem Mann, der Frauen schon immer liebte" gesprochen. Eine solche Untertreibung ist einfach nur widerlich!

    Es wird doch dadurch klar wie wenig Aufklärung über die Rolle und das Bild der Frau noch herrscht.

    Ein wichtiger Faktor zur Besserung ist meiner Meinung dabei auch die geschlechtergerechte Sprache, die noch viel zu selten benutzt wird!

  • PM
    Prinzessin Manfred

    Schön, dass diese Verharmlosungen hier angesprochen werden. Allerdings finde es doch merkwürdig, dass auch die taz es z.B. in dem Artikel "Keusch sind nur die Medien" nicht schafft, klar zu trennen zwischen z.B. Seitensprüngen, "etwas zu peinlichen Verführungsversuche[n]" und sexualisierter Gewalt.

     

    Und die Hotelangestellte scheint glücklicherweise in dieser Situation letztendlich nicht "wehrlos" gewesen zu sein - was den Angriff nicht weniger schlimm macht und auch nicht von Frauen einfordern soll, sich halt besser zu wehren. Aber die Verknüpfung von "wehrlos" und "Frau" fällt mir hier besonders unangenehm auf.

  • FE
    Frau Elch

    Gerade die taz hat ja zuletzt in eigener Sache gezeigt, wie man sprachlich daneben liegen kann... Die berechtigte Kritik gilt für sämtliche Medien.

     

    Ganz abgesehen davon ist der Mann noch nicht schuldig gesprochen.

  • RS
    Ralph Schneider

    Ich finde es richtig, dass Vergewaltigung nicht mehr als Kavaliersdelikt behandelt wird. Aber der Fall Strauss-Kahn ist heikel für den Feminismus: Der Mann wurde als Vergewaltiger vorverurteilt, bevor irgendetwas geprüft werden konnte. Wenn es sich einbürgert, dass bereits die ungeprüfte Aussage einer Frau zum Ruinieren einer Karriere reicht (siehe Kachelmann), ist das das problematisch. Und das gilt selbst dann, wenn DSK schuldig sein sollte: Die Unschuldsvermutung muss auch bei Vergewaltigungsverdacht Bestand haben.

     

    Anmerkung: Die Berufsbezeichnung "Zimmermädchen" mag diskussionswürdig sein, aber den Medien Sexismuss zu unterstellen, weil sie in diesem Fall keinen anderen Begriff verwenden, ist doch arg bemüht.

  • HK
    Henning König

    Sehr geehrte Frau Pohl, die Klarheit die ich in Ihren Beobachtungen und Ihrer Analyse lese tut gut. Es erschrickt mich wie selbstverständlich mir selbst Worte werden und immer wieder geworden sind.

    Die konsequente Verhaftung und Anklage des mutmasslichen Vergewaltigers Strauss-Kahn zeigt wie selbstverständlich bestimmte feministische Gedanken im Alltag bereits verwurzelt sind, wie es von wenigen Jahren kaum denkbar erschien. Hier existieren die hoffnungsvoll stimmenden Anfänge eines wirklichen breiten Bewußtseins.

    Ich persönlich sehne mich nach dem Tag, an dem wir mit den Rechten emanzipierter Männer ebenso weit sind.

    Mit Dank und gute Wünschen von Henning König

  • J
    joam

    Jain.

     

    Einerseits war dieser Kommentar wirklich schon überfällig - die Vermischung von sexuellem Übergriff und ausschweifendem Liebesleben, die in den letzten Tagen von der Medien tatsächlich so vollzogen wurde, stieß auch mir sehr sauer auf. Die Inanspruchnahme von einem Call-Girl-Service und ein gewalttätiger sexueller Übergriff sind einfach zwei völlig verschiedene paar Schuhe. Das eine ist eine Privatsache, das andere ein Gewaltverbrechen. Wie man das eine mit dem anderen verwechseln oder "in einen Topf werfen" kann, ist mir völlig schleierhaft.

     

    Und ja, dieser Mediendiskurs sagt vermutlich sehr, sehr viel über die Verfassung, in der unsere Gesellschaft sich befindet. Und das betrifft offensichtlich die linken Kreise genauso wie den Rest. Leider. Daher danke für diesen Kommentar!

     

    Was ich allerdings sehr bedenklich finde: Hier ist auf einmal von einem Vergewaltigungsvorwurf die Rede. Das stimmt so einfach nicht. DSK wird der Versuch einer Vergewaltigung vorgeworfen. Ich sage nicht, dass man ihm das Misslingen seiner Absicht zugute halten kann. Nichts desto trotz sind auch das zwei durchaus verschiedene Dinge. Das gilt insbesondere, da bislang nicht geklärt ist, was an den Vorwürfen überhaupt dran ist.

     

    Schade, das tut dem ansonsten sehr guten und wichtigen Artikel einen Abbruch.

  • F
    Faulpelz

    "Zur Erinnerung: Strauss-Kahn wird vorgeworfen, dass er, der 62-jährige Mann, eine 32-jährige wehrlose Frau vergewaltigt haben soll."

     

    Zu Ihrer Erinnerung: Straus-Kahn wird keine Vergewaltigung vorgeworfen, sondern der Versuch. In Ihren Augen ist das wohl männliche Wortklauberei, ist aber juristisch erheblich. Und Ihre Wortwahl mag ja nicht so plump sexistisch sein wie die zitierten Passagen, ist dafür umso giftiger: "der außerordentlich einflussreiche Franzose auf einer Insel in einem US-Hochsicherheitsgefängnis" Da muss er ja wohl schuldig sein, nicht wahr? Ist die Vorverurteilung von Männern immer noch eine feministische Tugend?

  • AS
    Alfred Schwarzmüller

    Wenn der Verdacht stimmt, ist es vollkommen richtig. Die Sicht der Dinge, einen Vergewaltiger als harmlosen Lustmolch mit einem Problem darzustellen ist eine Menschenfeindliche Einschätzung. Ebenso Menschenfeindlich war die Ausführung, die 32jährige Angestellte wäre doch nicht so attraktiv, absolut indiskutabel. Menschen zu Sex zu nötigen ist ein Verbrechen an der Menschlichkeit.

    Es gibt in diesem Fall jedoch eine andere, außerordentliche Brisanz. Nämlich dass ein linksliberaler IMF Chef kurz vor einer möglichen monetären Hilfsaktion bei der die Finanzinstitue Nachteil daraus ziehen könnten, dass genau in diesem Moment ein derartiger Skandal auftritt. Es war kalkulierbar, dass ein "übergriffiger" Mann mit derartigen Methoden kaltgestellt werden könnte, und das Ziel ist bereits erreicht, denn GSK ist weg. Und die spektakuläre Verhaftung mit dem schnell veröffentlichten Bericht von Rikers Island ist eine Warnung an seine Nachfolger. Wenn es so ist, also wenn GSK tatsächlich nur ein Lustmolch ist, der a´la Stromberg den Frauen auf den Hintern klatscht, dann hätte er eine derartige Behandlung nicht verdinet. Denn menschenfeindlich werden auch Männer behandelt. Aber ich fürchte, die Wahrheit, ob es wirklich einen demütigenden sexuellen Übergriff gegeben hat, werden wir nie erfahren.

    Nur, jemand wie dieser reiche Politiker, der könnte sich für seine Triebe jederzeit Personal leisten, er hätte es nicht nötig das Reinigungspersonal anzugraben. Das ist es, was die meisten Männer nicht verstehen. Ich übrigens auch nicht.

    Ich glaube tatsächlich, dass es sich um eine Verschwörung handelt.

    Von wem? Es gäbe so viele die Interesse daran hätten. Sogar die deutschen Banker.

  • B
    BerlinerIn

    Danke für diesen längst überfälligen Kommentar!

     

    Die wiederwärtige Verharmlosung einer - möglichen oder tatsächlichen - Vergewaltung als Sexgeschichte zu verharmslosen ist ja nicht erst bei Strauß-Kahn der Fall.

  • EG
    Eric Gampopa

    Ich kann mich nicht erinnern, dass jemals eine Vergewaltigung von irgend einem Blatt oder Sender als Sex-Affäre bezeichet worden wäre. Eine Sex-Affäre, das ist eine außereheliches Abenteuer oder, im Extremfall, eine Eskapade mit Koks und Prostituierten.

     

    Allerdings fällt mir auf, dass gewisse Kreise sehr schnell mit der Bezeichnung "Vergewaltiger" bei der Hand sind, auch wenn so gut wie keine Details bekannt sind und eine juristische Schuld bei weitem nicht bewiesen ist. Da muss der vage Hinweis auf die "handfesten Indizien" reichen, die es ja sicher geben muss, denn wenn er im Gefängnis sitzt, dann wird schon irgendwas dran sein, nicht wahr?

     

    Man kann sich aus den bekannten Einzelheiten von Strauß-Kahns Lebensgeschichte genug zusammenzukratzen, um ihn als "Schwerenöter" zu bezeichnen, oder vielleicht sogar als "Lustmolch". Für einen "Vergewaltiger" reicht's aber noch nicht. Vielleicht ist das der Grund, warum andere Medien zurückhaltender sind als jemand, dem es wichtig ist, "in der feministischen Tradition" zu stehen.

     

    Dass es Journalisten gibt, die nicht vorverurteilen, ist kein Ausdruck von Machtstrukturen. Dass die Karriere dieses Mannes schon heute beendet ist, und dass die Aussage eines Zimmermädchens dafür schon genügt hätte: allerdings schon.

     

    Die Macht der Sprache, ja, in der Tat...

  • M
    Michael

    Wie war! Die Bild (keine journalistisches Produkt, wie wir ja seit kurzem wissen ...) hatte getitelt "Sex-Krimi". Mir wurde ganz anders. Unter Krimi verstehe ich eine Fiction-Story zur allgemeinnen Unterhaltung. Aber das ist ja keine Überraschung, wenn die das schreiben. Was ich nicht verstehe, ist, wo denn die Grenze zwischen dem sonstigen "lyncht den Triebtäter" und dem lustigen Krimi, wo einer über siene Hormone stolpert, gezogen wird ... ???

  • PL
    Philipp L.

    Frauenrechte in allen Ehren, aber hier die feministische "Sprachwissenschaftlerin" Luise F. Pusch anzuführen ist doch der absolute Hohn. Diese Frau ist mit dafür verantwortlich, dass die deutsche Sprache mit binnen I und anderen Gräuslichkeiten "gegendert" wird, wo sie doch eigentlich wollte, dass man die weiblichen Endungen ganz abschafft und fortan "die Professor" sagt, aber um diese Debatte geht ja dankenswerterweise im Text überhaupt nicht. Trotzdem: Was hat es eigentlich mit Wissenschaft zu tun, wenn man sich die Genese eines gegebenen auf fadenscheinige Weise aus einem anderen Konstrukt (dem Patriarchat) konstruiert? Ein Blick auf die Realität entlarvt diesen Herrschaftssprachen-Quatsch sofort: Im Englischen gibt es, ganz in Sinn der Gleichberechtigung, nur geschlechtsneutrale Bezeichnungen. Will mir jemand ernsthaft erzählen, die amerikanische Gesellschaft sei weniger sexistisch oder patriarchalisch oder weiß der Kuckuck was als die deutsche? Warum ist Schweden in Punkto Frauenrechte Vorbild, obwohl nicht (sprachlich) gegendert wird? Fragen sie sich doch einmal, liebe FeministInnen, warum es sowas wie feministische Naturwissenschaften, also "hard sciences", niemals geben kann. Ich würde sagen: Weil sie keinen beliebigen Kriterien unterliegen und sich am in der Wirklichkeit gegebenen orientieren und die Sozialwissenschaften sollte sich daran orientieren. Und nein, dies führt nicht zwangsweise zu einer "Sozialtechnologie", denn um Ungerechtigkeiten aufzudecken muss man sich nicht seiner Fantasie bedienen, sondern kann sich die Dinge so anschauen, wie sie faktisch sind und dann anfangen zu abstrahieren, aber nicht umgekehrt. Per politisch korrekter Sprachverordnung von oben herab die Verhältnisse ändern zu wollen, ist zum Scheitern verurteilt. So etwas macht man im Umgang miteinander, mit diesbezüglichen Gesetzen, von mir aus mit Quotierung aber nicht mit einem herumdoktern an dem historisch gewachsenen Kommunikationsmittel schlechthin, der Sprache. Zurück zum Text: Es finden sich Formulierungen, die fragwürdig sind: "eine 32-jährige wehrlose Frau". So so, wird bei so einer Formulierung nicht auch das "Machtverhältnis" der Geschlechter wiedergespiegelt? Ich meine, sind Frauen qua frausein wehrlos? Sie hat sich ja faktisch befreien und somit wehren können. Wäre das Kunstwort "Zimmerfrau" wirklich "besser" als das gebräuchliche Zimmermädchen? Außerdem wird ständig von Vergewaltigung gesprochen, obwohl der Vorwurf versuchte Vergewaltigung lautet. "Für den Vorwurf gibt es so handfeste Indizien, dass der außerordentlich einflussreiche Franzose auf einer Insel in einem US-Hochsicherheitsgefängnis sitzt." Das kann ja wohl nicht Ihr Ernst sein. In den USA sitzen mehr Unschuldige im Knast als irgendwo anders in der westlichen Welt. Menschen werden in Indizienprozessen zum Tode verurteilt und politisch ist DSK kein Freund der USA, auch wenn er prominent und einflussreich ist. Ich finde, man darf an der offiziellen Version durchaus Zweifel äußern, ohne einem machistischem Gedankengut verdächtigt zu werden, zumal niemand genau sagen kann, was wirklich vorgefallen ist. Wenn alle Medien, wie hier gefordert, zum jetzigen Zeitpunkt vom "Vergewaltiger" sprechen würden, wäre das eine Vorverurteilung, die m.E. weit schlimmer wäre als die vermeintlich verniedlichende Rede von der "Sex-Affäre".

  • E
    Ex-Odenwaldschülerin

    An der Odenwaldschule wurden auch mädchen sexuelle gewalt angetan bis hin zu vergewaltigungen.Interessanterweise hört man in diesem zusammenhang immer nur von Jungen und es entsteht der eindruck als ob nur jungs betroffen gewesen wären.Warum ist das so?

  • L
    leser

    Ist Strauss-Kahn schon verurteilt, oder nicht?

    Ich dachte eigentlich, dass er noch nicht verurteilt wurde! Deshalb: auch für ihn gilt die Unschuldsvermutung.

  • MK
    Maren Kammrad

    Ich bin -wohlgemerkt als Frau- nicht der selben Meinung wie die Kolumnistin. Berechtigt ist sicher die Kritik an den Boulevardmedien, die sich einer einfältigen und gerade bei sexuellen Inhalten beschönigenden Ausdrucksweise befleißigen. Doch dahin zielt die Kritik der Autorin nicht.

    Sie fordert eine Vorverurteilung auf sprachlicher Ebene, und das ist nicht in Ordnung. Genauso wenig, wie die 32-Jährige als "Missbrauchsopfer" bezeichnet werden sollte, darf Strauss-Kahn nun nicht vorschnell als "Sextäter" vorverurteilt werden.

    Sprache hat eine starke Wirkung und derartige Formulierungen wirken sich sehr machtvoll auf die öffentliche Meinung aus.

    Noch sind die Umstände der Tat nicht geklärt und bis dahin gilt die Unschuldsvermutung.

    Dass eine Vergewaltigung eine schlimme Sache ist steht dabei außer Frage, jedoch (noch) auf einem anderen Blatt.

  • DP
    Daniel Preissler

    Sie haben ziemlich komplett Recht, Frau Pohl, mit dem, was Sie sagen wollen. Allerdings nicht damit, wie Sie es sagen.

    "eine 32-jährige wehrlose Frau vergewaltigt haben soll."

    Was soll wehrlos? Damit zementieren Sie doch genau die Sichtweise, dass Frauen eher passiv sind, Männer eher aktiv. Die Frau wird auch in Ihrer Darstellung in die Nähe eines "Objekts" gerückt. Merken Sie's?

    Die Frau konnte sich übrigens laut geschildertem Tathergangs des Mannes einigermaßen erwehren und flüchten. Außerdem soll er sie eben nicht vergewaltigt haben. Sie konstruieren hier eben auch ("stellen Wirklichkeit her") - natürlich längst nicht so gravierend, wie z.T. andersrum der Fall.

     

    "Aus der Vergewaltigung wird die "Sex-Affäre""

    Da haben Sie Recht, das ist ein Unding! Allerdings steht eben der Vorwurf der versuchten Vergewaltigung im Raum, nicht der der Vergewaltigung (auch wenn Sie das 3x im Text verdrehen).

     

    Vielleicht ändern Sie den Text noch an den genannten Stellen? einmal korrekter und einmal etwas feministischer?

    ehrliche und freundliche Grüße,

    DP

  • MS
    Martin S.

    Die Hotelangestellte wurde übrigens schon davor in ihrem Arbeitsalltag zum "Zimmermädchen" degradiert. Außerdem geht es hier doch ganz allgemein um Machtstrukturen. Privilegierte Vergewaltiger haben Probleme im Genitalbereich. Unterprivilegierte Vergewaltiger sind Bestien. Die Unterdrückung der Frau ist IMHO eine logische Fortsetzung der ungleichen Machtverhältnisse in unserer Gesellschaft auf einer anderen Ebene. Wenn der Staat hier nicht regulierend eingreift, wird sich nie was ändern. Denn nur der Staat könnte dem Machtübergewicht etwas entgegensetzen. Deshalb brauchen wir QuotEN.

  • S
    Sokrates

    Sehr gut analysiert. Die deutsche Sprache und die Sexualität stehen sowieso in einem merkwürdigen Verhältnis zueinander, so liegen Aktivität, Macht und Sympatie beim Mann und der Geschlechtsverkehr wird Beischlaf genannt. Diese Tendenzen setzen sich in der Gerichtssprache fort. Kein Wunder, dass Sexualstraftäter bei deutschen Richtern immer so gut davonkommen.

    Abhilfe können nur Reformen in der Juristerei bringen und zwar nicht nur in den Studiengängen, sondern schon bei den Studienzugängen. Zu viele Gutbürgerliche aus wohlhabenden Schichten bestimmen Sprache, Urteile und Werte. Von kultureller Vielfalt ist nur wenig zu spüren!

  • JS
    Jens Schlegel

    Ich bin immer skeptisch, wenn ich im Zusammenhang mit Gleichberechtigung den Sprachgebrauch in der Analyse sehe.

    Einfach deshalb, weil eine Sprache für beide gelten sollte und ich es eher seltsam finde wenn dem Wort "man" das Wort "frau" gegenüber gestellt wird um die Frauen insgesamt mehr zu würdigen.

    Hier allerdings muss ich sagen, es stimmt was ich da lese. Es ist stimmig in der Argumentation und in den Beispielen die angeführt werden.

    Der Täter wird "entschuldigt" durch die Sprache. Ob ihn Vergewaltiger zu nennen schon Vorverurteilt - wohl ja. Allerdings sind eben auch die anderen Bezeichnungen Vorverurteilungen, nur eben zu harmloseren Urteilen.

    Die Frau ist das Opfer, das ist zumindest an zu nehmen. Es wird nicht lange dauern, da wird auch noch darüber gesprochen werden, was ihre angebliche Schuld an dem Verbrechen, das ihr widerfuhr, ist.

    Was mir aber noch fehlt ist eine besondere und geschlechterunabhängige Betrachtung folgender Tatsache. Massen Medien, print von Boulevard bis zu sogenannter seriösen Blatt, haben häufig die mehr oder weniger deutliche Aufforderung in ihren Kommentaren, Sexualtäter stärker zu bestrafen, ebenso Triebtäter. Warum? Weil hier immer der gesehen wird, der ja eh nix mehr zu verlieren hat, der der hinter der dunklen Ecke steht.

    Und hier? Kein Aufruf der Bild zu Kastration. Kein geheul, wie die Bevölkerung besser schützen sei. Ob Abschreckung nun präventiv wirkt oder nicht wird nicht erörtert.

    Warum? Nun ja, es war ein Mann der ja bisher kein Verlierer war. Jemand, mit dem manch einer wahrscheinlich auch gerne auf dem Bild in der Zeitung zu sehen war.

    Und Abschreckung ... betrachtet man, was für ein Leben Strauss-Kahn hatte (3000€ oder $ pro Nacht für ein Zimmer im Hotel usw.) ist der Unterschied zu dem, was er nun hat deutlich größer, als wenn ich nun mit meinem durchschnittlichen Gehalt in den Knast müsste. Trotzdem hat es nichts gebracht, niemand wurde geschützt. Ich hoffe daran erinnern wir uns wieder, wenn das nächste grausige Verbrechen statt fand.

    Was ich aber eigentlich schreiben wollte war, die Diskriminierung läuft nicht nur zwischen Mann und Frau. Hier für mich sehr deutlich zwischen wohlhabend und nicht wohlhabend.

  • E
    EgonBonn

    Sprachgefühl ist wichtig. Die hier wiedergegebenen Zitate sind aber nicht unbedingt verharmlosend zu verstehen. So viel böser Wille ist auch nicht überall. Wenn sich jemand "Probleme im Genitalbereich" attestieren lassen muss, ist das schon vernichtend, noch dazu für ein Mitglied der Weltelite. Und der Begriff "Zimmermädchen" mag etwas lastend großväterlich klingen, klingt aber ebenso nach einer besonders schutzbedürftigen Person. Welchen anderen Ausdruck gäbe es? Raumpflegekraft für Beherbergungsbetriebe? Schwierig. Sehr gut ist allerdings die Analyse des Wortes "Missbrauch" im vorliegenden Zusammenhang. Allein dieser Satz macht den Artikel zu einem guten.

  • B
    Bihe

    Superkommentar, den ich nur teilen kann. Aber, liebe Ines Pohl, über "das Zimmermädchen" als Bezeichnung der vergewaltigten Frau, bin ich gestern auch in der taz gestolpert. Diese Herabsetzung tauchte in einigen Artikeln der taz in den letzten Tagen auf! Natürlich ist die taz keine Insel der Seeligen, aber ich würde hier doch etwas mehr Sprachsensibilität erwarten! Gut war allerdings auch der Kommentar von Gabriele Dietze zu dem Thema!