LEGO bis zum Mond

Nach Finanzkrise setzt der dänische Spielzeughersteller wieder auf den klassischen Steckstein und zeitlose Themen wie Burgen und Piraten

von Kaija Kutter

Ein Bekannter erklärt die LEGO® Krise so: „Die Steine sind einfach zu stabil, die gehen nie kaputt.“ Deshalb habe der Hersteller immer kompliziertere LEGO Welten auf den Markt gebracht, „aber die baut man einmal auf, und kriegt es dann nie wieder so hin“.

LEGO Spezialisten gibt es viele. Man setze sich nur mit der Firmenselbstdarstellungsbroschüre neben drei Männer in die S-Bahn, und schon meldet sich jeder unaufgefordert zu Wort, alle besorgt um die Zukunft ihres Kindheitsspielzeugs. „Die Manager, die die Krise verantworten, die haben sich doch bestimmt schon längst abgesetzt“, schimpft ein Mitvierziger. Stimmt nur nicht. Das dänische Unternehmen wird seit 1934 von der Familie Christiansen geführt. Gegründet wurde LEGO zunächst als Firma für Holzspielzeug von Ole Kirk Christiansen, der für den Namen die dänischen Wörter „leg godt“, spiel gut, zusammensetzte. Sein Sohn Godtfred Kirk ließ 1958 das legendäre Stecksystem patentieren. Der Enkel des Firmengründers, Kjeld Kirk, entwickelte die Produktpalette weiter und gab zwar im Oktober 2004 die Geschäftsführung ab, blieb aber als Vize-Chef dabei. Da hatte die LEGO Gruppe einen Rekordverlust von 1,43 Milliarden Dänenkronen eingefahren, die die Schulden auf 3,6 Millionen Kronen erhöhte.

Zu dem Zeitpunkt aber ist die Welt mit LEGO schon gut versorgt. 52 Steine kommen im Durchschnitt auf jeden Erdenbürger, heißt es unter „interessante LEGO Zahlen“ im Unternehmensprofil, was über 300 Milliarden Steine ausmacht. Für die Entfernung zum Mond bräuchte man 40 Milliarden.

Seit den 60ern wurde das LEGO Sortiment immer weiter aufgefächert, so dass es heute 2.400 verschiedene Elemente in 90 Farben und 30 Materialkombinationen gibt. Zunächst wurde für kleinere Kinder der größere DUPLO Stein entwickelt und 1968 im dänischen Billung der erste von vier LEGOLAND Parks eröffnet. 1974 gab es die erste LEGO Figur, 1979 startete das LEGO Raumfahrtprogramm. Da die Figuren beliebt waren, „wurde das Schwergewicht nunmehr auf Geschichten, Themen und Rollenspiel verlegt“, heißt es in der Firmenchronik. In den 90ern kamen schließlich auch Figuren speziell für Mädchen auf den Markt und 1998 ein mit Robotertechnik kombiniertes Bausystem, das es Schulkindern erlaubt, computergesteuerte Modelle zu bauen. Ergänzend wurde 2001 unter BIONICLE eine Action-Figurenwelt entwickelt, die mit interaktiven Onlinespielen verbunden werden kann. Und schließlich erwirbt LEGO seit Ende der 90er Lizenzen, um zu Kinohits wie Star Wars und Harry Potter das passende Spielzeug auf den Markt zu bringen.

Man wolle nun, so heißt es selbstkritisch in der Firmenpublikation, sich wieder aufs „Kerngeschäft“, auf die „zeitlose Produktidee, den LEGO Stein“ konzentrieren. Es sollen mehr „unvergängliche“ Themen wie „Stadt, Burgen, Piraten und Wikinger“ behandelt werden, die jüngere Kinder ansprechen. Erstes Beispiel ist die Ritterburg aus DUPLO Steinen, die sich nun in der Vorweihnachtszeit in den Geschäften stapelt.

Nebenher wurden vom neuen Geschäftsführer der LEGO Gruppen, Jorgen Vig Knudstorp, die Kosten reduziert. So wurden im August die vier LEGOLAND Parks in Dänemark, Deutschland, England und Amerika an die US-amerikanische Firma „Merlin Entertainments“ verkauft, womit die Schulden beglichen und ein Polster von 500 Millionen Kronen geschaffen wurde. Auch werden nun Teile der Produktion aus der Schweiz nach Tschechien verlegt und die Logistik nach Prag verlagert.

Vorerst erhalten bleiben demnach die Produktionsstätten in Dänemark und den USA, wo Spritzgussmaschinen rund um die Uhr auf 232 Grad erhitzten ABS-Kunststoff in Formen pressen und unter Hochdruck erkalten lassen. Die von 150 Designern entwickelten Gussformen werden übrigens in Deutschland gefertigt, wobei Toleranzen von „tausendstel Millimetern“ einzuhalten sind, so dass alle seit 1958 hergestellten Steine kompatibel sind.

„Ja, das hat mich auch immer erstaunt“, sagt der Bekannte, der neben neuen LEGO Halden seiner Kinder noch kistenweise alte Steine auf dem Dachboden gefunden hat. „Dass die wirklich immer alle zueinander passen.“