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Erste Ehec-Quelle aufgespürtVerkeimte Gurken aus Spanien

Salatgurken aus Spanien sind als Träger des Bakteriums identifiziert. Verkäufer räumen ihre Sortimente. Aber es gibt offenbar mehrere Quellen.

Gurken des Grauens. Bild: Miss X / photocase.com

BERLIN taz | Wissenschaftler haben eine erste Infektionsquelle für den aktuellen Ausbruch des gefährlichen Durchfallerregers Ehec nachgewiesen. Das Hamburger Institut für Hygiene und Umwelt fand das Bakterium auf drei Salatgurken aus Spanien. Auch an einer weiteren Gurke bisher unbekannter Herkunft sei der Keim entdeckt worden, teilte am Donnerstag Hamburgs Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks mit. Ehec löste in den vergangenen Tagen vor allem in Norddeutschland teils tödlich verlaufende Erkrankungen aus.

Die meisten Gurken kamen aus konventioneller Landwirtschaft, eine aber aus dem biologischen Landbau. Die drei spanischen Gurken stammen laut Nachrichtenagentur dapd von einer Firma aus Málaga und einer aus Almería. Unklar ist noch, in welchen Läden die auf dem Großmarkt gefundenen Gurken verkauft werden sollten und wie der Keim auf die Gurken gelangt ist.

Der Hamburger Fund bestätigt zumindest teilweise eine Warnung des Robert-Koch-Instituts (RKI) und des Bundesinstituts für Risikobewertung. Die Behörden rieten Verbrauchern am Mittwochabend, "vorsorglich bis auf weiteres Tomaten, Salatgurken und Blattsalate insbesondere in Norddeutschland nicht roh zu verzehren." Am Donnerstag bestätigte das Institut diese Warnung, weil die spanischen Gurken nicht alle Fälle erklären würden.

Eine Befragung von schwer erkrankten Ehec-Patienten in Hamburg hatte gezeigt, dass diese bedeutend häufiger als gesunde Vergleichspersonen die betroffenen Gemüsearten gegessen hatten. Mehrere Medien berichteten daraufhin irrtümlicherweise, die Warnung beziehe sich auf Ware aus Norddeutschland. RKI-Sprecherin Susanne Glasmacher erläuterte aber der taz: "Zur Herkunft der Lebensmittel haben wir überhaupt nichts gesagt." Was mit "Norddeutschland" genau gemeint ist, wollte Glasmacher nicht erklären. Im Übrigen gelte die Warnung nicht nur für diese Region.

Erreger identifiziert

Forscher des Uni-Klinikums Münster haben den Erreger der Ehec-Infektionen eindeutig identifiziert. Wie der Direktor des Instituts für Hygiene, Professor Helge Karch, am Donnerstag mitteilte, handelt es sich um den Typ Husec 41 des Sequenztyps ST678. Dieser Erreger sei in der Datenbank des Instituts bereits dokumentiert, aber sehr selten.

Der Ausbruch in Deutschland sei der erste dokumentierte derartige Vorfall. Der Keim weise Resistenzen gegen einige Antibiotikaklassen auf. Karch und sein Team haben nun mit der Entwicklung eines Testverfahrens begonnen, mit dem eine schnelle Bestätigung der Erregervariante möglich sein soll.

Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) informiert über Möglichkeiten zum Schutz vor Ansteckungen. Regeln für ein vorbeugendes Hygieneverhalten, Informationen zum derzeitigen Wissensstand zu den Übertragungswegen und zu den Krankheitssymptomen stehen unter www.bzga.de bereit. Weiterführende Links: Robert Koch-Instituts (www.rki.de) und das Bundesinstituts für Risikobewertung (www.bfr.bund.de).

Laut Bundesinstitut für Risikobewertung reicht es nicht, Salatgurken oder Tomaten zu schälen. Denn die Experten wissen Sprecherin Suzan Fiack zufolge noch nicht, ob der Keim im Innern ist.

Gravierende Auswirkungen

"Wir lassen sofort alle Gurken in unseren Filialen aus dem Verkauf nehmen", erklärte Stefanie Neumann, Sprecherin der größten deutschen Biosupermarktkette Alnatura. Andere nehmen die spanischen Gurken aus dem Sortiment, Dennree etwa, der wichtigste Ökogroßhandel, dem die Supermärkte "denns" und "viv" gehören. Ähnlich äußerten sich Rewe, Penny und Edeka. Aldi Süd sieht "keinen Handlungsbedarf", Lidl ließ eine taz-Anfrage unbeantwortet. Das Saarland verbot, Gurken aus Spanien zu verkaufen.

In der Gastronomie strichen viele Betriebe ihre Speisekarten zusammen. Die Firma Sodexo, die mehr als 200 Kantinen etwa in Unternehmen und Schulen betreibt, erklärte: "Der Verkauf von Blattsalaten, Tomaten und Gurken als Rohware ist eingestellt."

Der Deutsche Bauernverband rechnet mit "gravierenden Auswirkungen" für seine Mitglieder. Die Verzehrswarnung sei überzogen, sagte Sprecher Michael Lohse der taz. Die Hamburger Funde deuteten daraufhin, dass die verseuchten Lebensmittel aus dem Ausland kämen.

Tatsächlich gab es in den vergangenen Jahren keine so allgemeine, bundesweite Warnung der Behörden vor einem Massenprodukt wie Blattsalat. In der Vergangenheit hatte das Bundesinstitut für Risikobewertung allenfalls vor Nischenprodukten wie Rohmilch oder Rhododendronhonig von der türkischen Schwarzmeerküste gewarnt. Die jetzige Warnung begründete das Institut mit der Schwere und der Zahl der Ehec-Fälle.

Am Mittwoch wurde in Hamburg ein 38-jähriger Mann tot in seiner Wohnung aufgefunden, der laut der dortigen Gesundheitsbehörde an einer Durchfallerkrankung gestorben sei. Der Mann war bei einer Firma in Frankfurt am Main beschäftigt, in der es mehrere Ehec-Fälle gegeben hat. Damit würde die Zahl der Todesopfer im Zusammenhang mit dem Keimausbruch auf fünf steigen.

Auch die Zahl der Infizierten nimmt zu. Nach einer taz-Umfrage bei den Gesundheitsministerien der Bundesländer gibt es rund 800 Infektionen oder Verdachtsfälle. Täglich kommen neue Patienten dazu. "Schon deshalb", sagt RKI-Sprecherin Glasmacher, "müssen wir davon ausgehen, dass die Infektionsquelle noch aktiv ist."

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14 Kommentare

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  • G
    Gurkensalat

    Inzwischen ist es raus das die Gurken vollkommen keimfrei Spanien verlassen hatten. In Köln wurden allerdings weit über 600,-Kg Gurken mehr angeliefert, wie in Spanien abgingen. Gegen die Kölner Firma sollte ermittelt werden. Diese Firma ist spurlos verschwunden. Die Lager und Büros sind geräumt.

    Wem gehörte diese Firma? Waren diese beigemischen über 600Kg Gammelgurken aus der Türkei oder gehörte einem deutschen Politiker diese dicht gemachte Firma?

    Warum lieset man davon nichts in der Presse? In Köln würde mich das nicht wundern...

  • T
    Toby

    @Volker

    Weil spanisches Obst und Gemüse überall zu kaufen ist – nur in Spanien nicht. Sagte mir jedenfalls mein Spanischer Besuch im letzten Jahr, dem an meiner Tafel die Augen über gingen.

  • JK
    Juergen K

    Und wenn -wie ein Vorschreiber erwähnt-

     

    dieser neue EHEC, einem amerikanischen Gen-Experiment entspringt,

     

    den CO2 Ausstoss bei Rindern zu verringern!!??

  • F
    Franz

    Was soll denn der blöde Titel in der Print-Ausgage? "Ekelerreger Gurke". Es geht nicht um Ekel, es geht um einen Krankheitserreger. Hier werden völlig falsche Vorstellungen geweckt. Das ist genau das Niveau, das hier in einem andern Artikel beklagt wird.

  • AB
    Anders Balari

    Es sieht so aus, als wäre EHEC genau jene Variante des Bakteriums "E. Coli", die in den USA seit geraumer Zeit regelmäßig Menschen tötet.

     

    Dort sind die Epidemien wiederholt auf die industrielle Rinderzucht und -verarbeitung zurückzuführen - die Rinder fressen Mais, können ihn als Grasfresser nicht richtig verdauen und die Bakterien feiern Party. Über die Schlachtung gelangen sie dann in das Fleisch und in den USA gab es mehrere landesweite Rückrufaktionen wegen verseuchtem Rinderhack. Über die Düngung gelangt das Bakterium auch auf andere Weise in den Nahrungsmittelkreislauf, so wie vielleicht nun auch in Europa.

     

    Darüber wird in der für den Oskar nominierten Dokumentation "Food Inc." recht ausführlich berichtet und auf Basis der darin enthaltenen Infos könnte man wohl relativ leicht weiter recherchieren.

     

    Warum greifen die Medien dieses Thema nicht auf? Warum kennen die "Experten" dieses Problem in den USA nicht, obwohl es seit vielen Jahren besteht?

     

    Aber was nicht ist, kann nocht werden: Eine diesbezügliche Reportage in der taz würde mich sehr freuen.

  • KH
    Karin Haertel

    Die Herkunft der Bakterien ist noch immer nicht geklaert Was,wenn dies ein Testlauf fuer einen Terroranschlag mit biologischen Waffen ist? Dann hat unsere Regierung bereits auf ganzer Ebene

    versagt. Wer braucht angesichts einer solchen Bedrohung Stresstests fuer Kernkraftwerke, Vorratsdatenspeicherung, Anti-Terror-Gesetze und Sicherheitsgebuehren fuer nicht stattfindende Sicherheitskontrollen

    wenn es so einfach ist, ein Volk auszurotten.

    Oder ist das ganze eine Erfindung unserer Landwirtschaft, damit wir nur noch deutsche Produkte kaufen? Das war dann aber ein gelungener Schuss vor den eigenen Bug. Zur Duchsetzung weifelhafter

    Gesetze rechtfertigt sich unsere Regierung immer gerne mit dem Argument zum Schutz der Buerger, aber jetzt kommen abgesichts ihres Versagens berechtigte Zweifel daran auf.

  • V
    vic

    Auf meinen Teller gelangt nichts aus Spanien. Ich habe die Anbaumethoden und den Umgang mit den Arbeitskräften in Almería gesehen (im TV).

  • E
    EuroTanic

    Die Menschen rauchen und saufen was das Zeug hält, stopfen ohne Verstand jedes Medikament in sich hinein, bewegen ihre 110 Kilo nur noch zum shoppen aus dem Haus, benutzen 12 Stunden am Tag, Handy, Konsole und Fernsehen und essen Chips und trinken literweise Cola auf der Couch. Aber wenn Sie krank werden war es die Bio-Gurke? Die MSM halten ihre Leser wirklich für sehr blöd.

  • V
    Volker

    Wenn diese ominösen Gurken aus Spanien stammen sollen, wieso gibt es dann in Spanien keine Krankheitsfälle?

     

    Warum kann eine Bakterie die im Darm von Säugetieren heimisch ist in einer Gurke oder Tomate überleben?

     

    Welcher landwirtschaftliche Betrieb in Norddeutschland schafft es um diese Jahreszeit Gurken und Tomaten marktreif anbieten zu können?

  • LD
    Ludwig der Träumer

    Mein Mitgefühl den Hinterbliebenen, die ihre liebsten durch diese Krankheit verloren haben und gute Genesung denen, die daran erkrankt sind.

    Zitat taz: „Nach einer taz-Umfrage bei den Gesundheitsministerien der Bundesländer gibt es rund 800 Infektionen oder Verdachtsfälle“

    800 Infektionen nach den Gesundheitsministerien, oder 800 Verdachtsfälle? Einige wenige konkrete tragische Fälle mag es geben. Das ist nicht mein Zweifel. Zweifel kommen mir mehr bei den Wischiwaschizahlen. Welcher Virus, oder welches Bakterium wird nun wie die Sau durchs Dorf getrieben nach dem Waldsterben, AIDS, SARS, BSE, Vogelgrippe und Schweinegrippe? Wird hier jeder Durchfall, oder rückwärtiger CO2-Ausstoß der Politiker als Verdachtsfall hysterisch hochgespielt. Bei 1000 Fällen wird vielleicht die Pandemie ausgerufen.

    Der Impfstoff ist sicher auch in wenigen Tagen erhältlich. Liebe bRD (blödeste Regierung Deutschlads), kaufe schon mal vorsorglich 80 Mio. des noch nicht vorhandenen Impfstoffs, bevor der Medienrummel vorbei ist und es keinen Grund mehr dafür geben könnte.

    Muß jetzt Schluß machen, kaufe noch mal schnell Aktien der Impfstoffhersteller.

  • A
    Andy

    Traurig, schon 5 gestorben. In Afghanistan sind es jetzt schon 48.....da kräht kein Hahn nach.

  • G
    greenmask

    Wie kommen Antibiotika resistente Keime auf Bio-Gurken? In der biologischen Tierhaltung sind Antibiotika verboten so viel ich weiß.. und gedüngt wird nach Gesetz nur mit Biodünger. Hat sich da ein Bauer nicht an die Vorschriften gehalten oder ist das mit der Bio-Gurke eine Ente?

  • JK
    Juergen K

    Verkeimte Gurken, Tomaten und Salat ?

     

    Thema verfehlt !

     

    Die Politik ist verkeimt,

     

    denn sie lässt es zu,

    dass diese Erreger nicht mehr

    nicht mal auf Antibiotika ansprechen.

     

    Dass der Ursprung in Norddeutschland liegt ...

     

    Kein Wunder, stehen da mehr Schweine, Rinder und Geflügel in den Mastfabriken als Einwohner dort leben.

     

    Der Taliban von heute sind die Wachtumschemikanten der

     

    Marktwirtschaftliche Schlachautomatisierungsbetriebe

     

    die bei der Roboterschlachtung die Scheisse aufs Fleisch fallen lassen.

     

    Ab damit ins Grundwasser und dann auf die Gurke.

    Oder abgefüllt ins Glas als

     

    Dressing mit Wohlfühl Darm Flora.

  • G
    Gurkenesser

    Tja, mal wieder typisch. Weil ein paar Gurken verkeimt sind werden Unmengen an Gurken vernichtet. Dabei könnte man die doch noch sehr gut essen. Diese Vernichtung von Nahrung ist erbärmlich!