Kompetenzgerangel im Familienministerium: Von der Leyen wildert bei Schröder
Kaum ist die Familienministerin im Mutterschutz, schleicht sich ihre Vorgängerin in den alten Kompetenzbereich ein. Im Familienministerium ist man irritiert.
BERLIN taz | Es sieht aus wie eine Einladung von Union und Europäischer Kommission: Am Vormittag des 27. Juni treffen sich die Frauen der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag und Viviane Reding, EU-Justizkommissarin und Quotenverfechterin, zum Fachgespräch "Frauen in der Arbeitswelt der Zukunft - Strategien auf europäischer und nationaler Ebene".
Mit dabei auch Arbeitsministerin Ursula von der Leyen. Was auf den ersten Blick wie ein Erfahrungsaustausch engagierter Frauen anmutet, stellt sich bei genauerer Betrachtung allerdings als Zuspitzung eines seit längerem schwelenden Konflikts zwischen zwei wichtigen CDU-Frauen heraus: Familienministerin Kristina Schröder und Ursula von der Leyen.
Dabei geht es weniger um die allgemeine Frage, wie Frauen auf dem Arbeitsmarkt der Zukunft mitmischen, sondern vielmehr um ein ganz konkretes Thema: die Frauenquote für Führungspositionen. Hier waren sich die beiden Ministerinnen noch nie einig. Während Frauen- und Familienministerin Schröder auf einen Stufenplan setzt und eine gesetzliche Quote ab 2013 will, spricht sich Arbeitsministerin von der Leyen noch in diesem Jahr für ein Gesetz aus. Die seit zehn Jahren geltende Freiwilligkeit habe nichts gebracht, sagt die Ministerin.
Der Anteil von Frauen bei Vorständen und Aufsichtsräten beträgt drei Prozent. Eigentlich ist das Thema Frauen in Führungspositionen fest im Familienministerium angesiedelt. Ein "Stufenplan zur Erhöhung des Anteils von Frauen in Vorständen und Aufsichtsräten" wurde im Koalitionsvertrag vereinbart. Kristina Schröder interessierte sich nach ihrem Amtsantritt allerdings wenig für den Stufenplan und die Quote und moderierte beides zunächst ab.
"Frauen auf dem Arbeitsmarkt der Zukunft"
Anfang dieses Jahres preschte Ursula von der Leyen dann mit einer eigenen Initiative vor, ohne sie mit ihrer Kabinettkollegin abgesprochen zu haben. Sie forderte eine 30-Prozent-Quote. Es folgten heftige Debatten und Ende März ein Quoten-Gipfel mit der Wirtschaft, bei dem sich Schröders Stufenplan durchsetzte. Jetzt ist Kristina Schröder im Mutterschutz, ihr erstes Kind bringt sie voraussichtlich im Juli zur Welt. Hinter den parlamentarischen Kulissen wird gemunkelt, dass Ursula von der Leyen diese Chance bewusst genutzt und die Veranstaltung in der nächsten Woche angeregt haben soll.
Die Süddeutsche Zeitung berichtete vor kurzem von einem Schreiben aus dem Familien- ans Arbeitsministerium, in dem man sich verwundert über die Veranstaltung gezeigt und darauf gedrängt hatte, Kompetenzen und Zuständigkeiten doch bitte einzuhalten.
Warum Ursula von der Leyen das tat, darüber lässt sich nur spekulieren. Ärgert es sie, dass ihre Nachfolgerin so wenig für die Gleichstellung tut? Oder fühlt sie sich immer noch als Familienministerin? Auf diesem Posten und als Schröders Vorgängerin hatte von der Leyen das Elterngeld und zwei Vätermonate eingeführt.
Das Arbeitsministerium weist alle Vorwürfe zurück. Bei dem Treffen handle es sich um eine Veranstaltung der CDU-Frauen, heißt es aus dem Haus. Ursula von der Leyen und Viviane Reding seien einfach nur Rednerinnen. Vorsorglich wurde auch der Titel der Veranstaltung geändert, "Frauen in Führungspositionen" wurde ersetzt durch "Frauen auf dem Arbeitsmarkt der Zukunft". Die Familienministerin wird von ihrem Parlamentarischen Staatssekretär Hermann Kues vertreten.
Leser*innenkommentare
guntherkummerlande
Gast
Van der Leyen scheint wohl psychisch krank zu sein.
Normalerweise ist man(n)/frau mit dem Amt des
Arbeitsministers hinreichend ausgeslastet,
wenn man diesen Job richtig machen will.
Die eigenmächtige Wegnahme von Machtbefugnissen
gleichgestellter Ministerinnen ist der
Beweis, dass sie die demokratischen
Spielregeln nicht mehr einhält und herrschsüchtig
immer mehr Macht in ihren Händen halten möchte.
Die Verteilung der Resorts ist eine bewußte Machtteilung innerhalb der Regierung.
Wer diese konterkariert, höhlt die
demokratische Verfassung aus.
Van der Leyen hätte einmal ungeschönte
Arbeitslosenstatistiken veröffentlichen sollen
mit der Anzahl der Menschen, die
ohne Schulabschluss in prekären Anstellungsver-
hältnissen leben; die Anzahl schlechter
Ausbildungsabschlüsse oder Anzahl der Langzeitarbeitslosen
und die Zahl kranker Frührentner.
Um diese Probleme wirklich zu lösen, bedarf
es mehr als plumper statistischer Tricks.
Gute Bildung und distinguiertes Auftreten
dürfen nicht tatsächlich erbrachte politische
Leistung aufwiegen.
Das sollte sich van der Leyen einmal zu Herzen nehmen.
Zu ihrer Ehrenrettung sei aber angemerkt,
dass die Idee der Bildungsgutscheine eine
hervorragende ist und die beschwerliche
Umsetzung zeigt, wie schwer es ist
sachliche reale Verbesserungsschritte umzusetzen.
Hier ist aber viel weitere Arbeit notwendig
und diese einmal erfolgreich durchgesetzt, ist mehr
wert, als Quoten- und Geld-Umverteilungsreformen.
Würden die Medien tatsächlich den realen
Wirtschaftsstärkeverlust nach der Krise 2008
preisgeben, die zunehmende Abhängigkeit von
Billigimporten, die zunehmende Problematik
der Scheinselbstständigen, Dumpinglöhne
und Verlust an handwerklichen Produktionsfertigkeiten wäre die
personelle Neustrukturierung nicht nur
an der Resortspitze unausweichlich.
Was macht eigentlich diese van der Leyen
für die Männer? Schließlich ist Sie heute
für beiderlei Geschlecht verantwortlich?
Die soziale Lage vieler junger Männer von vornehmlich Lehrerinnen erzogen mit bescheidenen
Erfolgsaussichten ist hinreichend schlecht,
um akuten Handlungsbedarf abzuleiten.
Wenn van der Leyen mehr als eine ewige Blenderin
und Quotendiva sein will, sollte sie einmal
Substanz liefern und nicht durch immer neue
Ablenkfeuer und Kollegenschmähungen , die eigene mäßige Arbeit übertünchen.
sofamystiker
Gast
genau dasselbe hat sie mit frau zypries und den netzsperren gemacht. da war es allerdings noch ein wenig dreister, da frau zypries schon seit geraumer weile an einem konzept arbeitete.