Zum Tode Cy Twomblys: Die konzeptionelle Ordnung im Chaos
Cy Twombly ist am Dienstag im Alter von 83 Jahren gestorben. Der Künstler war einer der einflussreichsten Expressionisten der amerikanischen Gegenwart.
Twombly verstarb in Rom - Wahlheimat und stets mystischer Ort -, das eine wichtige Reihe von Bildern beeinflusste. Seine permanente Übersiedelung nach Italien 1957, fern der Zeitgenossen des Abstrakten Expressionismus, wurde von Kritikern stets als einer der Hauptargumentationsstränge zum Verständnis seines Oeuvres gepflegt.
Dabei befand sich Edwin Parker Twombly jr., genannt Cy nach dem Baseballstar Cyclone Young, in den frühen 50er Jahren noch im Epizentrum des Abstrakten Expressionismus in der Art Students League in New York. Es war Robert Rauschenberg, mit dem der Maler 1952 das erste Mal nach Italien kam. Für die Bilder dieser ersten Jahre in Italien ist Twombly berühmt geworden, auch weil an ihnen regelrecht ablesbar ist, wie die kulthaft gepflegte Geschichte, Kultur und Mythologie Europas samt mediterranem Licht auf ihn einprasseln mussten wie ein kleiner Kulturschock.
Stammelnden Melange aus Schrift und Ziffern
Der "mediterrane Effekt", von dem Roland Barthes Ende der Siebziger in seinem Text über Twombly schrieb, sickert durch und reibt sich regelrecht auf die Oberfläche seiner Bilder. Und doch steckte in seinen nach Chaos aussehenden Arbeiten, der brabbelnden, flüsternden, stammelnden Melange aus Schrift und Ziffern, auch immer eine konzeptionelle Ordnung. Beim Betrachten seiner Bilder flossen alle Zeichen vor dem Auge zusammen in seinem perfekt ausgewogenen Sound.
Einer Retrospektive in der Londoner Tate Modern 2008 gelang es, die Arbeiten formal zu betrachten und dadurch ein wenig von der oft verklärten Biografie zu lösen. Noch im Mai wurde eines seiner Werke, "Untitled" von 1967, für 13,5 Millionen US-Dollar versteigert. Für seine letzte große Arbeit, "The Ceiling", bemalte er die Palastdecke des Louvre mit einem Himmel voller Kreise in Gelb, Ocker, Weiß und Blau. Cy Twombly hinterlässt einen Sohn Cyrus und zwei Enkelkinder.
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