Klima-Störung
: Guter Wille soll es richten

Großbritannien will bindende Abmachungen zur Senkung des Ausstoßes von Treibhausgasen lockern

DUBLIN taz ■ Großbritannien ist bereit, freiwillige Beschränkungen bei der Emission von Treibhausgasen zu akzeptieren. Das deutete Umweltministerin Margaret Beckett an, die beim Klimagipfel in Montreal die Verhandlungen für die Europäische Union führt. Es sei unmöglich, Konsens über die Emissionen zu erzielen, wenn das Kioto-Protokoll 2012 auslaufe, sagte Beckett. Statt dessen sollte man Ziele für bestimmte Industriezweige oder freiwillige Ziele festlegen.

Premier Tony Blair argumentiert ähnlich: Rechtlich bindende Ziele zur Reduzierung der Treibhausgase mache „Leute sehr nervös“. Umweltschutzorganisationen reagierten konsterniert auf diese Äußerungen. „Freiwillige Ziele sind das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben sind“, sagte Stephen Tindale von Greenpeace. „Ohne feste Verpflichtungen ist das Kioto-Protokoll tot.“

Großbritannien hatte sich in Kioto verpflichtet, den Ausstoß von Treibhausgasen bis 2012 um 12,5 Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken. Dieses Ziel wird erreicht. Anders sieht es bei der Reduzierung der Kohlendioxid-Emissionen aus, die Labour bis 2010 um 20 Prozent senken will. Mehr als 11 oder 12 Prozent werden es nach heutigem Stand nicht sein.

Großbritannien produziert knapp 400 Milliarden Kilowattstunden Strom im Jahr, der Verbrauch liegt bei knapp 340 Milliarden. Das Land ist seit kurzem wieder Netto-Importeur von Gas, darüber hinaus ist man mit den umweltfreundlichen Energiequellen in den vergangenen zwei Jahren nicht recht vorangekommen. Blairs Berater in der Energiepolitik, David King, ist deshalb ein ausgesprochener Fan der Atomkraft. „Vor einem Jahr lieferte die Atomkraft 24 Prozent unseres Stroms, im Jahr 2020 werden es 4 Prozent sein“, sagte er. „Dann haben wir ein Problem.“ Deshalb soll eine neue Generation von AKWs gebaut werden: Ein Kraftwerk dieses Typs produziere nur 10 Prozent Atommüll eines bisherigen AKWs und sei hundertmal sicherer, behauptet der Blair-Berater. Und eine Bedingung gibt es noch: Die neuen AKWs müssen ohne öffentliche Zuschüsse finanziert werden.

RALF SOTSCHECK