die wahrheit: Engländer klauen Trikots der All Blacks

Neues aus Neuseeland: Grün, grün, grün sind alle meine Kleider? Falsch. Grün ist nur die Hoffnung, dass andere Nationen nicht schon wieder Kulturraub in den Kolonien begehen.

Grün, grün, grün sind alle meine Kleider? Falsch. Grün ist nur die Hoffnung, dass andere Nationen nicht schon wieder Kulturraub in den Kolonien begehen. Die Iren, die marschieren mit diesem fröhlich-gesunden Gießkannen- und Kleeblattton als Nationalfarbe herum. Sollen sie doch. Die haben Regen, wir Regenwald. Wir Neuseeländer dagegen, wenn auch noch so naturverbunden, haben uns von Kopf bis Fuß einer anderen Farbe verschrieben: dem Schwarz. Das sieht man auf den Straßen und den Laufstegen von Aotearoa häufiger als einst in den Existenzialistenkneipen von Paris.

Wieso es ausgerechnet die Farbe der Trauer und der Nacht sein muss, wo doch bei uns die Sonne scheint, Kiwis grünen und Farne wachsen - tja, warum? Dazu gibt es ganze soziologische Abhandlungen und demnächst sogar eine Ausstellung in Auckland: "Black in Fashion". Eines kann ich aber auch als Laie und Neubürgerin mit Sicherheit behaupten: Es liegt am Rugby. An unserem Nationalteam, den "All Blacks". Dank ihnen ist Schwarz zur Marke geworden, zur "Brand Black". Babywindeln, Waschpulver oder Cornflakespackungen - nichts, was sich nicht schwarz einfärben lässt, um Nationalstolz und Sportsgeist auszudrücken. In Kürze starten nämlich die "All Blacks" in die nächste Rugby-Weltmeisterschaft. Und was macht der Erzfeind, der Engländer? Hat nichts Besseres zu tun, als unser einzigartiges Nationaltrikot zu kopieren.

127 Jahre Geschichte hat das rabenschwarze Hemdchen der berühmten Mannschaft auf dem Buckel. 127 Jahre, die mal wieder vom Empire auf kolonialistischste Art und Weise mit den Füßen getreten werden. Die Engländer wollen ihr zum Teil schwarzes, zum Teil rotes Nationaltrikot mit der roten Rose plötzlich gegen ein ganz schwarzes umtauschen, wenn sie am 10. September gegen Argentinien in Dunedin antreten. In Neuseelands Rugbyszene ist man fassungslos. Von "psychologischer Kriegsführung" spricht der All-Blacks-Flanker Michael Jones. Und unser Premierminister John Key, sonst gern zurückhaltend mit der Kritik an den Großen der Welt, wettert: Die englischen Spieler seien "ein Haufen Möchtegerns. Es gibt nur ein Team, das Schwarz mit Stolz trägt, und das sind die ,All Blacks'." Basta! Sonst machen wir euch den Haka, aber mit ganz langer Zunge.

Auf Facebook läuft jetzt die Kampagne "Get Our Gear Off" (Zieht unsere Ausrüstung aus). Am Samstag wird es spannend: Da laufen die "All Blacks" in einem neuen Ersatztrikot beim Spiel gegen Südafrika im Stadion von Christchurch ein. Hoffentlich hat sich keiner der afrikanischen Springböcke eine optische Verschönerung einfallen lassen wie Alexis Palisson. Der französische Rugbyspieler ziert in seiner Heimat gerade die Titelseite des Schwulenmagazins Tetu, was ja erfreulich ist. Gar nicht gut kommt jedoch bei den Kiwis an, dass er sich dafür eine Maori-Tätowierung, ein "Moko", aufs Gesicht gemalt hat. Das sei respektlos vor der indigenen Kultur, hieß es. Kampf und Gegenwehr überall - und dabei hat die Weltmeisterschaft noch gar nicht begonnen.

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Anke Richter ist Wahrheit-Kolumnistin, Buch-Autorin und Mitglied von Weltreporter.net in Neuseeland. Zuletzt erschien von ihr die Auswanderersatire "Was scheren mich die Schafe. Unter Neuseeländern - Eine Verwandlung" (Kiepenheuer & Witsch).

ist die einzige Satire- und Humorseite einer Tageszeitung weltweit. Sie hat den ©Tom. Und drei Grundsätze.

kari

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