Zerwürfnis der Boxverbände: Mit harten Bandagen

Wie sich Jimmy Jamal Abboud, Präsident der Hamburger Amateurboxer, mit dem Deutschen Boxverband anlegte und dabei die Deutsche Meisterschaft verlor.

April 2011, WM der U19-Frauen in Antalya: Präsident Jimmy Abboud, Maria Hamel und Yasemin Paul. Bild: privat

Am Freitag bekam Jimmy Jamal Abboud, Präsident des Hamburger Amateur-Boxverbandes, unerfreuliche Post. 500.000 Euro soll er bezahlen, wenn er seine Vorwürfe gegen den Deutschen Boxsportverband DBV wiederholt: Präsident und Sportdirektor des Verbandes machten "den deutschen Boxsport kaputt", hatte Abboud dem Online-Boxmagazin Figosport im Juni gesagt. Hamburger Juniorenboxer, die zur WM führen, müssten dafür 1.350 Euro aus eigener Tasche bezahlen. Wenn das so weitergehe, könnten sich bald nur noch Kinder wohlhabender Eltern das Boxen leisten.

Der DBV sagt, dass Abboud so viele Unwahrheiten verbreite, dass sich eine Klarstellung nicht lohne. Abboud, der im Libanon geboren ist, sagt, der DBV habe sich sich erst daran gewöhnen müssen, "dass da ein nicht gebürtiger Deutscher ist, noch dazu der jüngste Präsident eines Landesverbands in der Geschichte", der offen seine Meinung sage. Das Zerwürfnis geht so weit, dass der DBV die Deutschen Meisterschaften 2011 aus Hamburg abgezogen und nach Leipzig verlegt hat. Gegen Abboud hat er ein Verbandsgerichtsverfahren angestrengt

Abboud, 36, arbeitet als "Sicherheitsberater" für Veranstalter und ist seit 2008 Präsident des Hamburger Amateur Boxverbandes HABV. Bei seiner Wahl nannte Abboud 18 Punkte, die er verändern wollte: In Hamburg fehlten "Box-Veranstaltungen, öffentliche Auftritte der Hamburger Amateurboxer". Es fehle an "Marketing, PR, sportlichen Erfolgen, einer guten Internetseite".

Abboud sieht sich als "Präsident für die Sportler": "Statt 17 Vereinen haben wir inzwischen 30, statt zehn Veranstaltungen im Jahr haben wir 23, statt 1.200 Mitgliedern sind es 3.000", zählt er auf. Der HABV hat mit der Boxsporthalle am Braamkamp ein Zentrum, fünf Deutsche Meistertitel gewannen dieses Jahr die männlichen Junioren, zwei Nachwuchs-Boxerinnen schickten die Hamburger zuletzt zur Europameisterschaft, zwei zur WM .

Als Krönung wollte Abboud "nach über 20 Jahren" die Deutschen Meisterschaften nach Hamburg holen. Die Vorkämpfe sollten in der Braamkamp-Halle, die Finals in der Sporthalle Hamburg steigen. DBV-Präsident Jürgen Kyas "war begeistert", erinnert sich Abboud. Hamburg bewarb sich offiziell und bekam beim Kongress der Boxverbände 2010 in Leonberg, gegen den Konkurrenten Köln, den Zuschlag. Die entsprechende Urkunde ziert die Unterschriften von Kyas und Sportdirektor Michael Müller.

Abboud sagt, dass er sich mit den DBV-Verantwortlichen schon auf einen Vertrag für die Deutsche Meisterschaft geeinigt hatte. Nur zwei Zahlungstermine hätten noch eingetragen werden müssen, für die zweimal 9.000 Euro, die an den DBV zu überweisen waren.

Beim Kongress der Amateurboxverbände im Juni 2011 in Worms, das Interview im Figosport war gerade erschienen, habe der DBV plötzlich einen neuen Vertrag vorgelegt, sagt Abboud. Es sei auch um die Zahlungsbedingungen gegangen. Er habe erst seinen Schatzmeister fragen wollen und darum vorgeschlagen, die Zahlungsbedingungen auf einem gesonderten Blatt festzuhalten, das er dann hätte faxen können.

Dies habe er mit Hermann Sauer, dem Vizepräsident Finanzen des DBV, vereinbart. "Wir gaben uns die Hand, Sauer wollte diese Einigung mit dem Präsidenten, der den Kongress schon verlassen hatte, am Autotelefon besprechen und dann mich anrufen", sagt Abboud.

Auf der Rückfahrt nach Hamburg habe ihn der HABV-Sportwart Ömrü Özkan angerufen, im Netz stehe, dass die Deutsche Meisterschaft nicht in Hamburg stattfinde. Daraufhin habe er, Abboud, Kyas angerufen und über die Einigung mit Sauer informiert. Kyas habe darauf zu ihm gesagt: "Die DM findet nicht in Hamburg statt."

Vom DBV-Sportchef Michael Müller ist zu hören, dass man die Meisterschaft "sehr gerne" in Hamburg ausgetragen hätte. Eine Einigung mit Abboud sei aber nicht möglich gewesen. Wiederholt habe der einen neuen Vertrag aus der Tasche gezogen, dabei habe er gewusst, wie der Standardvertrag für die Deutsche Meisterschaft aussehe. "Herr Abboud muss sich daran gewöhnen, dass in Deutschland zählt, was schwarz und weiß auf Papier steht", sagt Müller.

Abboud findet es im Nachhinein "befremdlich", dass sich beim Kongress in Worms die Firma 4heads-Media GmbH aus Leipzig per Powerpoint präsentierte, die nun die Meisterschaft zusammen mit dem sächsischen Boxverband ausrichtet.

Befremdlich findet er auch, dass Hermann Sauer am 18. Juli 2011 von seinem Amt als Vizepräsident Finanzen zurücktrat. Auch Präsident des hessischen Amateur-Boxverbandes ist Sauer nicht mehr - sein eigener Verband hat gegen ihn wegen Untreue angezeigt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.