Sanierungsbedarf verheimlicht: Rezept für marodes CCH gesucht

Das Congress Center am Dammtor-Bahnhof ist dringend sanierungsbedürftig. Der alte Senat hatte dies noch vor einem Jahr verschwiegen.

Computeranimation des CCH aus dem Jahr 2006. Seit damals ist auch der Sanierungsbedarf bekannt. Bild: dpa

Ende August wird wieder Leben einkehren ins Congress Center Hamburg (CCH) beim Bahnhof Dammtor: Dann besprechen Chirurgen vier Tage lang Behandlungsmöglichkeiten für Fettleibigkeit.

Für fette Schlagzeilen sorgt das CCH aber schon während der Sommerferien, auch wenn die Türen des Kongresszentrums verschlossen und die Tagungsräume leer und verlassen sind. "Dringend sanierungsbedürftig" sei der Bau aus dem Jahre 1973, fasst Daniel Stricker, Sprecher der Finanzbehörde, die Ergebnis eines Gutachtens zusammen. Um die Wettbewerbsfähigkeit des CCH langfristig zu gewährleisten, müssten rund 100 Millionen Euro investiert werden.

Diese neue Entwicklung wirft ein seltsames Licht auf den ehemaligen schwarz-grünen Senat, der vor einem Jahr noch nichts von einem Sanierungsbedarf beim CCH wissen wollte. Eine kleine Anfrage des damaligen Oppositionspolitikers Jan Balcke (SPD) wurde ausweichend beantwortet: "Der Altbau und der Erweiterungsbau des CCH befinden sich jeweils in einem ihrem Alter entsprechenden Zustand."

Tatsächlich aber wussten die Behörden zu diesem Zeitpunkt längst vom großen Investitionsbedarf, wie Stricker zugibt: Seit spätestens 2006 sei der Sanierungsstau intern bekannt.

"Die Wahrheit wurde verschwiegen", sagt Joachim Bischoff, Wirtschaftsexperte der Linken. "Das ist nicht nur unverschämt, sondern auch eine kaum nachvollziehbare politische Dummheit." Hätte die Bürgerschaft schon vor vier Jahren vom maroden Zustand des CCH gewusst, hätte man mit Sicherheit auf einige andere Investitionen verzichtet. Nun sei die Stadt in einer schwierigen Lage: ohne Geld - aber mit viel Handlungsbedarf.

Auch Andy Grote, stadtentwicklungspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, bezeichnet die Kommunikation des alten Senats als "unzureichend". Vermutlich hätten die damaligen Regierungsparteien CDU und GAL keine Einigung erzielt, wie mit dem maroden CCH umzugehen sei.

"Und so haben sie sich entschieden, die Angelegenheit zu verschleppen." In der Finanzbehörde sei es wie in vielen anderen Behörden auch: "Wenn man ein bisschen mehr als nur an der Oberfläche kratzt, findet man überall ungelöste Probleme."

Anders sieht dies naturgemäß die CDU. Noch der alte Senat habe ja im vergangenen Herbst das Gutachten in Auftrag gegeben, sagt Karin Prien, wirtschaftspolitische Sprecherin der CDU-Bürgerschaftsfraktion. Am Spiel, dem politischen Gegner stets jede Schuld in die Schuhe zu schieben, wolle sie sich nicht beteiligen.

Anjes Tjarks, Wirtschaftsexperte der GAL, hält es für müßig, Schuldige in der Vergangenheit zu suchen. "Wenn überhaupt, müsste man fragen, wer dieses Ding überhaupt in dieser Art gebaut hat."

Einig sind sich alle Parteien, dass eine Stadt wie Hamburg nicht auf ein starkes Kongresszentrum verzichten könne. "Man kann das CCH jetzt nicht einfach verfallen lassen", sagt Linken-Politiker Bischoff.

276 Veranstaltungen wurden im vergangenen Jahr in den 23 Sälen des Kongresszentrums durchgeführt, darunter zahlreiche Ärztetagungen. Vielleicht finden ja die Mediziner ein Rezept für die Genesung des CCH, sobald sie Kuren gegen Fettleibigkeit entwickelt haben.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.