piwik no script img

Netzpolitik der CDUEin Shitstorm nach dem anderen

Äußerungen von Unionspolitikern zur Kontrolle im Internet geben Nutzern immer wieder Anlass, sie zu verhöhnen. Diesmal trifft es Siegfried Kauder.

Siegfried Kauder (CDU) fordert mehr Kontrollen im Netz und weniger Freiheit. Bild: dpa

BERLIN taz | Die Kritik im Web zur Netzpolitik der CDU reißt nicht ab. Anlass ist diesmal eine Aussage, die Siegfried Kauder (CDU) in einem Fernsehbeitrag des Heute-Journals von Montag Abend gemacht hat.

In dem Beitrag spricht er über die Freiheitsrechte der Bürger, die seiner Meinung nach eine zu große Rolle spielen. Zugleich forderte der Unions-Politiker mehr Kontrollen im Internet. Wörtlich sagte er: "Es ist Mode geworden, die Freiheitsrechte des Bürgers in den Vordergrund zu stellen. Dabei vergisst man, dass der Bürger auch einen Anspruch auf Sicherheit, auf innere Sicherheit hat."

Beim Online-Netzwerk Twitter bedienen sich seitdem unzählige Nutzer dieses Zitats, beziehungsweise der ersten Wörter. Dabei nutzen sie das Hashtag #modegeworden. Ein Hashtag ist ein Schlagwort, das der Nutzer bei Twitter in seinen Kommentar einbettet. Am Dienstag war es eines der am häufigsten verwendeten Begriffe im Twitter-Kosmos. Und noch immer kommen minütlich neue Kommentare hinzu. Ein so genannter Shitstorm wütet über der Union - eine sich schlagartig ausbreitende Meinungsflut im Internet, mit der Kritik an einer Person geübt werden soll.

So schreibt der Nutzer AlterPirat beispielsweise: "Es ist #modegeworden auf Freiheit und Bürgerrechte zu spucken." Ein anderer Twitter-User mit den Namen Schmidtlepp tweetete: "Es ist #modegeworden, in jeden neuen Staatsvertrag Internetsperren einzubauen." Teilweise werden die Nutzer auch sehr persönlich in ihrer Kritik. So schreibt CaeVye: "Es ist #modegeworden politische Fernsehdebatten mit paranoiden alten Männern zu besetzen."

Nicht nur auf Twitter wird das Zitat genutzt, um sich über Kauders Position zu belustigen, beziehungsweise sie zu diffamieren. Internetnutzer basteln neue CDU-Werbeplakate in denen der Ausdruck "Mode geworden" auftaucht: Beim Blog Netzpolitik und in der ZDF-Mediathek lassen sich ein paar Werke anschauen.

Siegfried Kauder selbst sieht sich in dem Fernsehbeitrag "schräg wiedergegeben". Das Thema sei viel zu ernst, um sich im Internet darüber lustig zu machen, sagte Kauder der taz am Mittwoch. Sein Standpunkt sei vielmehr "Freiheit in Sicherheit" zu gewährleisten - nicht Freiheit statt Sicherheit.

#ImInternetgeboren

Mit diesen Reaktionen ist die CDU in kurzer Zeit in den zweiten Shitstorm geraten. In den letzten Tagen wurde bereits ein Zitat eines anderen Vertreters der Union von der Netzgemeinschaft bei Twitter abgewandelt. Nach dem Attentat von Norwegen hatte der CSU-Innenexperte Hans-Peter Uhl erklärt, die Taten seien "im Internet geboren".

Daraufhin tauchten bei Twitter immer mehr Kommentare mit dem Hashtag #iminternetgeboren auf. Nutzer Jensvolker formulierte eine Gegenposition zu Uhls Äußerung: "Schützenvereine und Waffenscheine sind definitiv nicht #iminternetgeboren."

Innerhalb der Union ist man sich uneins darüber, wie das Internet in Zukunft reguliert werden soll. Meist jüngere Abgeordnete stehen den älteren wie Uhl und Kauder gegenüber. Während die einen mehr Kontrolle fordern, vertreten Abgeordnete wie Peter Tauber eine liberale Netzpolitik. Tauber, Mitglied der Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft, sagte im heute-Journal-Beitrag: "Das Internet ist in der Form wie es sich Herr Uhl vorstellt aus meiner Sicht nicht staatlich zu regulieren und zu beaufsichtigen".

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

15 Kommentare

 / 
  • BH
    Böser Hund!

    Es ist Mode geworden bei der CXU, an den Schwachstellen Nieten einzusetzen...

  • B
    Benjamin

    @ Lotte:

     

    Welche "Meinung" meinen Sie da? Ich finde Internetkontrollen zum großen Teil schwachsinnig, und alte CDU-Männer gleichermaßen.

     

    Aber eine Meinung ist doch dadurch nicht gerechtfertigt, dass sie nunmal "Zeitgeist" und Usus ist?!?! Ihr "Meinungsanpassen" an den Fortschritt scheint mir gleichermaßen reaktionär zu sein, wie Kauders Internetkontrollen. Der Unterschied: Ihre kritiklose Version ist vielleicht noch gefährlicher, während seine tatsächlich zum Lachen anregt.

     

    Sein ist nicht gleich Sollen.

  • I
    ImInternetGeboren

    Es ist #modegeworden bei einem Weltweiten Netz von INNERER Sicherheit zu sprechen...

     

    Das war wieder so ein toller KalAUDER ...

     

    Wenn es um Netzpolitik geht warte ich auf

    die Grünen 3.0

    die SPD 4.0

    die Linken 5.0

    die FDP 10.0

    und auf die Christdingens irgendwie so garnichtmehr

  • H
    heintz

    @Lotte, "Der alte Mann und das Netz"

     

    Es geht nicht um das Alter, sondern um Dummheit und Ignoranz.

     

    Herr Kauder beleidigt mit seinen Äußerungen viele ältere Mitbürger, die die hohle Phrase vom "lebenslangen Lernen" mit ganz realem Leben erfüllen.

  • FB
    Franz Beer

    Allein diese Aussage von dem Erzkonservativen Politiker Herrn Kauder,,Wie man das Internet regulieren lassen kann ,,Ist eine Aussage von einer Gruppe Alter, Konservativer,Männer,an denen die Zeit vorbeigegangen ist.Nach einem Amoklauf,von einem verwirrten Rechten in Norwegen. Also da muß SOFORT alles reguliert werden.Also liebe CDU CSU ,wie der Nahme schon sagt www.Ja dann versucht mal zu regulieren.Der Rest der Welt bekommt einen Lachkrampf vorm PC.

  • H
    @Herabwürdigend

    Die heutige Politik lässt sich nicht weiter herabwürdigen. Da haben die etablierten Parteien bereits gute Arbeit geleistet.

     

    Und Politik sitzt zusammen mit der Demokratie in der Ecke und weint.

  • I
    iminternetgeboren

    Was machen da eigentlich noch junge Leute in der CXU..

    Lasst sie doch einfach aussterben..

  • K
    Kauder-welsch

    Ach herje, die Kontrolle des dumm geglaubten Bürgers wird immer schwieriger. Immer weniger nehmen an der "Bild"impfung" teil und haben eine eigene Meinung.

  • IN
    Im Namen der Freiheit

    Wenn die Vertreter der Bourgeoisie von Freiheit reden, meinen Sie immer nur die Freiheit der Kapital und Vermögensbesitzer.

  • K
    Kaudermän

    Gähn. Herr Kauder im Sommerloch ? Schnurch. Zzzz.

  • JM
    J M

    Das was Lotte sagt.

    Das bringt es auf den Punkt und ist obendrein noch sehr lustig.

     

    @Lotte: Großartiger Kommentar. :-)

  • T
    Tomate

    "Es ist Mode geworden, die Freiheitsrechte des Bürgers in den Vordergrund zu stellen. Dabei vergisst man, dass der Bürger auch einen Anspruch auf Sicherheit, auf innere Sicherheit hat."

     

    Moment. Als ich zuletzt nachgesehen habe, war das doch genau andersherum...?

  • L
    Lotte

    Der alte Mann und das Netz.

     

    Die dramatische Geschichte vom Scheitern alter Männer, die nicht in der Lage sind, die essentiellen Inhalte des technologischen Fortschritts zu verstehen und ihre Meinungen entsprechend anzupassen.

  • H
    Herabwürdigend

    Das man den Umgang der CDU mit dem Internet als Politik bezeichnet, ist eine Herabwürdigung von Politik.

  • B
    Bürgerle

    Wozu brauchen wir schon eine stärkere Netzkontrolle? Sicher nicht weil unsere Sicherheit gefährdet ist.

    Denn wenns danach geht, können wir genau so gut Autobahnen rundum überwachen. Immerhin sterben dort die meisten Menschen bei Unfällen. Statistisch erwiesen.

     

    Oder wie wäre es bei Mcdonalds oder im Supermarkt Wachleute aufzustellen? Wir könnten ja Fastfood sanktionieren.

    An ungesunder Ernährung sterben weitaus mehr Menschen, als jemals durch das Internet.

     

     

    Bei Internetüberwachung geht es doch um etwas ganz anderes.

     

    Einschüchtern und Kleinkriegen von kritischen Bürgern, die sich zusammentun und Wahlen entscheiden. Anti-AKW-Bewegung und Stuttgart21 ick hör euch trapsen.