Entwicklungspolitische Erfolgsstory in Gefahr

Das einzigartige Projekt der Eine-Welt-Promotoren in Nordrhein-Westfalen ist wegen der geplanten Einsparungen im Landeshaushalt akut gefährdet. Die Träger hoffen auf das Verhandlungsgeschick des zuständigen Ministers Laschet

KÖLN taz ■ Einem entwicklungspolitischen Vorzeigeprojekt in Nordrhein-Westfalen droht wegen der anvisierten Kürzungen im Landeshaushalt das Aus. Die Eine-Welt-PromotorInnen, 1996 von der grünen Umweltministerin Bärbel Höhn ins Leben gerufen, sind als Sparposten im Ministerium des Höhn-Nachfolgers Armin Laschet (CDU) im Gespräch. Wenn nicht bald Klarheit über die Fortsetzung des Projekts herrscht, könnte es sich von allein erledigen. „Viele Verträge laufen nur bis Jahresende, und keiner weiß, wie es weitergeht“, sagt einer der drei Landeskoordinatoren des Projekts, Udo Schlüter vom Eine-Welt-Netz NRW.

Den 40 Eine-Welt-PromotorInnen läuft nun die Zeit davon. Die meisten von ihnen sind bei freien Trägern angestellt, welche ihrerseits Mittel vom Land beziehen. Weil die Träger nicht wissen, ob sie ihre PromotorInnen 2006 weiterfinanzieren können, werden zahlreiche befristete Verträge nicht verlängert.

Das in Deutschland einmalige Projekt ist nicht nur eine entwicklungs-, sondern auch eine bildungspolitische Erfolgsstory. So haben die PromotorInnen das „Eine-Welt-Mobil“ erfunden, ein entwicklungspolitisches Pädagogikpaket auf Rädern, mit dem seit anderthalb Jahren in Schulen über Fairen Handel aufklärt wird. In 23 NRW-Kommunen sind die Entwicklungsexperten fest verankert. Zusätzlich decken Spezialisten neun Fachbereiche von Klima bis Kultur ab. Im eigens formulierten Leitbild heißt es: „Eine-Welt-Fragen in der Öffentlichkeit zu thematisieren, gesellschaftliche Lern- und Suchbewegungen auf nachhaltigen Pfaden zu unterstützen und zum Eine-Welt-Engagement zu aktivieren, ist die Aufgabe der Eine-Welt-PromotorInnen in NRW.“

In diesem Jahr standen für das Programm 1.162.000 Euro zur Verfügung. Dass für das Jahr 2006 noch einmal 800.000 Euro in den Haushalt eingebracht würden, dementierte Laschet. Bereits im Oktober hatte der Minister für Generationen, Familie, Frauen und Integration, der auch für die NRW-Entwicklungspolitik zuständig ist, bei den Bonner „Impulsen“ angekündigt, das Programm in der jetzigen Form nicht weiter zu führen. Einige FachpromotorInnen würden zwar erhalten bleiben. Aufgaben, die vorher von den PromotorInnen wahrgenommen wurden, sollten aber ab 2007 zunehmend von den Hilfswerken und von Kinder- und Jugendwerken übernommen werden.

Die Eine-Welt-PromotorInnen geben die Hoffnung nicht auf. Sie setzen auf Armin Laschets Verhandlungsgeschick im Haushaltspoker. Der CDU-Minister, der jahrelang in der EU-Entwicklungspolitik aktiv war, hat einen Ruf zu verlieren. Er hat sich zum Ziel gesetzt, das entwicklungspolitische Profil Nordrhein-Westfalens mit Bonn als Zentrum der Vereinten Nationen zu schärfen. Müsste er ein Modellprojekt wie die PromotorInnen begraben, wäre das ein nicht zu unterschätzender Imageschaden.

Das Eine-Welt-Netz NRW, das zusammen mit der Entwicklungsorganisation InWEnt als Träger fungiert, hat über die Fortsetzung des PromotorInnen-Programms bereits eine Reihe von Gesprächen mit der Landesregierung geführt. „Wir warten jetzt stündlich auf den Anruf“, sagt Udo Schlüter. Doch das Telefon dürfte noch eine Weile still stehen. Eine Sprecherin des Laschet-Ministeriums sagte der taz am Freitag, vor Jahresende sei nicht mit einem Ergebnis zu rechnen. Das Problem der auslaufenden Verträge sei dem Ministerium bewusst. „Es lässt sich aber leider nicht ändern.“

SEBASTIAN SEDLMAYR