CDU-Finanzexperte über die Eurokrise: "Eurobonds verlängern Schuldenparty"
Einheitliche Euro-Anleihen nehmen den Spardruck von Regierungen, sagt Klaus-Peter Flosbach. Und erwartet von seiner Fraktion ein klares Nein zu Eurobonds.
taz: Herr Flosbach, eine oft gehörte Kritik ist, Kanzlerin Merkel erkläre ihre Europapolitik zu wenig. Ist das der Fall?
Klaus-Peter Flosbach: Nein. Ich halte diese Kritik für falsch. Die Union hat sich von Beginn ausführlich mit der Staatsschuldenkrise befasst, es wird über viele Kanäle detailliert informiert. Die Fraktion ist, etwa durch zahlreiche Rundschreiben des Finanzministers, immer auf dem aktuellen Stand.
Die CDU-Spitze will jetzt auf dem Parteitag im November auch die Schuldenkrise diskutieren. Sie kommt reichlich spät auf die Idee, oder?
Es ist richtig, dass die Parteiführung das Thema auf die Agenda setzt. Es wäre abwegig, der Parteispitze daraus einen Vorwurf zu konstruieren. In drei Jahren hatten wir es mit drei Großkrisen zu tun - von der Banken- über die Wirtschaftskrise bis zur Staatsschuldenkrise. Fragen dieser Dimension müssen auf einem Parteitag diskutiert werden.
Merkel diskutiert heute mit den Unions-Abgeordneten in einer Sondersitzung. Was erwarten Sie sich davon?
Die Abgeordneten werden zusammen mit der Kanzlerin vertiefen, was die deutsche Position ist und was gemeinsame europäische Positionen sein können.
59, finanzpolitischer Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion. Der studierte Betriebswirt sitzt seit 2002 für die CDU im Parlament. Er ist selbstständiger Wirtschaftsberater.
Im Moment hört man sehr unterschiedliche Positionen aus der Union.
Die Fraktion bekennt sich eindeutig zu Europa, eine politische Union bleibt weiter langfristig unser Ziel. Wir werden aber kurzfristige Maßnahmen ablehnen, welche die Stabilität des Euro-Raumes gefährden, was zum Beispiel gemeinsame Staatsanleihen täten. Ich erwarte ein klares Nein der Unions-Abgeordneten zu Eurobonds - so wie es auch ein Nein in der Bevölkerung gibt.
Viele Ökonomen halten Eurobonds für die einzige Lösung, um Spekulationen gegen schwache Länder zu beenden.
Unterschiedliche Zinssätze bei Staatsanleihen sind sowohl Anreiz für Regierungen als auch Strafe. Würden wir Eurobonds mit einem einheitlichen Zinssatz für alle EU-Staaten genehmigen, würden wir den Druck von Ländern wegnehmen, stabile Haushalte vorzulegen. Mit ihnen würde die Schuldenparty in Europa weitergehen. Außerdem bedeuten sie für Deutschland steigende Zinsen, was eine große Belastung für den Haushalt wäre. Ein Gutachten geht von 47 Milliarden Euro jährlich aus.
Volkswirtschaftler argumentieren, dass durch einen riesigen Bond-Markt die Zinsen für Deutschland sogar sinken könnten.
Ich traue diesen Prognosen nicht. Die Märkte sind nicht anonym, sondern bestehen aus Banken, Unternehmen und Privatpersonen. Unsolide Staatshaushalte führen dazu, dass sie irgendwann das Vertrauen in die Rückzahlung ihrer Kredite verlieren. Deshalb ist jetzt eine gemeinsame Wirtschaftssteuerung in Europa nötig, bei der Finanzdisziplin und Stabilität ganz oben stehen.
Warum schließen dann weder die Kanzlerin noch der Finanzminister Eurobonds aus?
Beide sprechen lediglich die langfristige politische Ausrichtung eines gemeinsamen Europas an. Gemeinsame Anleihen sind nur dann denkbar, wenn es eine völlig übereinstimmende gemeinsame Finanz- und Wirtschaftspolitik gibt. Wenn etwa eine Schuldenbremse in allen Ländern installiert ist, wenn die Haushalte präzise überwacht werden, wenn der Stabilitätspakt gestärkt ist. So etwas dauert viele Jahre.
Im September muss der Bundestag erst mal die Ausweitung des Rettungsschirms beschließen. Wird die schwarz-gelbe Mehrheit stehen?
Es wird eine eigene Mehrheit der Koalition geben, davon bin ich überzeugt.
Reichen diese Beschlüsse? In der Schuldenkrise mussten die Staatschefs mehrfach neu intervenieren.
Ich glaube nicht, dass der Rettungsschirm noch mal aufgestockt werden muss. Ständige Veränderungen sind auch nicht dazu geeignet, dass Vertrauen der Parlamentarier oder der Bevölkerung zu stärken.
Leser*innenkommentare
Peter Mustermann
Gast
Griechenland lässt sich nicht reformieren, da die dortigen Politiker die Hauptnutzniesser des Systems sind:
Die englische Presse berichtet etwas offener zu diesem Thema:
http://www.telegraph.co.uk/news/worldnews/europe/greece/8714615/Greece-Its-the-corruption-stupid.html
Stefan
Gast
Na toll! Der Typ ist BWLer - kann ja nichts als Dünnes bei rauskommen.
yberg
Gast
warum soll denn innerhalb der EU ne finanzielle solidargemeinschaft nit leben erfüllt werden,die
auf auf unsrer nationalen ebene auf betreiben der einkommensstarken und vermögenden abgebaut wurde und
immer weniger gewünscht wird.
frank
Gast
omg, was für ein leeres pr-gebrabbel. richtig geiles politiker-deutsch, ohne irgendwas wirklich zu sagen.
und nein, natürlich wird der rettungsschirm nicht ausgeweitet werden. natürlich nicht ^^
in den letzten 3 jahren, 3 krisen?? das ist alles immer noch die gleiche krise, sie blitzmerker. nur wer die nicht lösen will, den finanzsektor nicht kontrollieren will, immer nur weitere milliarden in die welt hinausbläst, der verschleppt sie halt immer weiter. die blase bläst & bläst
Besserwessi
Gast
Armes Schland.
"Ich glaube nicht, dass der Rettungsschirm noch mal aufgestockt werden muss. Ständige Veränderungen sind auch nicht dazu geeignet, >DAS< Vertrauen der Parlamentarier oder der Bevölkerung zu stärken."
Jan Reyberg
Gast
Wirtschaftsregierung? Zentralistischer Pernalismus? Mit Leuten an der Spitze, die nicht einmal ihre eigenen Haushalte steuren können? Wie kommt man auf so einen Unsinn?
http://die-neue-enge.over-blog.de/article-paternalismus-81981272.html
Stephan Raabe
Gast
Ein studierter Betriebswirt und selbstständiger Wirtschaftsberater, der über eine angebliche Schuldenparty, die in Europa im Gange sei. Wenn so der versammelte wirtschaftspolitische Sachverstand der CDU-Bundestagsfraktion aussieht, dann gute Nacht, Europa!!
reiner tiroch
Gast
Alles was Politiker in Sachen Krise nicht glaubten, kam doch. Nun glaubt Herr Flosbach nicht, dass der rettungsschirm aufgestockt werden muß? Mit dem Glauben der politiker kann dann ja was nicht stimmen wenn´s doch garantiert anders kommt. Da viele gegen den Eurobonds sind, dann wird er eher doch kommen. Egal was die rettungssüchtigen Politiker machen, die Risiken landen elegant beim Steuerzahler. Sie sagen uns allen nicht die Wahrheit über den Finanzgau.