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Lechts & rinksBremer CDU ist ironieresistent

Weil er satirisch gegen anti-islamische Ressentiments seiner Bremer ParteifreundInnen gebloggt hat, muss CDU-Jungpolitiker Malte Engelmann zurücktreten.

Malte Engelmanns kurze politische Karriere ist beendet. Bild: kawe

Aufregung ähnelt Schimmelpilz: Wann und auf welchem Substrat sie aufblüht - niemand kanns berechnen. Manchmal lässt sie sich eindämmen, manchmal macht es jeder Beruhigungsversuch nur schlimmer. Nun hats Malte Engelmann erwischt - einen eher unaufregenden Bremer Jungpolitiker.

Als Gemäßigter hatte Engelmann 2009 einen Rechtsaußen als Landes-Chef der Bremer Jungen Union abgelöst, dann mit den Nachbarkreisen einen regionalen Verband der CDU-Nachwuchsorganisation gegründet. Als sein Leiter musste Engelmann gestern zurücktreten: Er hatte anti-islamische Tendenzen seiner ParteifreundInnen in seinem Blog satirisch attackiert.

Diese hatten sich artikuliert, als CDU-Fraktionsvize Heiko Strohmann am 12. August ein Iftar-Mahl mit Muslimen veranstaltet hatte: Dieses abendliche Fastenbrechen im Ramadan definiert auch der Koran eher als kulinarisches, denn als religiöses Ereignis. Oft wird es von UnionspolitikerInnen frequentiert.

Die Bremer Unionsfraktion hat allerdings besonders fromme Mitglieder: Die monierten, dass nach dem Essen ein Gang in die Moschee nebst Gebet kam. Sie hoffe eher, "dass Muslime in der Begegnung mit Christen auch den christlichen Glauben kennenlernen", hatte die Neu-Abgeordnete Sigrid Grönert der evangelikalen Nachrichtenagentur Idea ihre Betrübnis über den Verzicht auf missionarische Bemühungen anvertraut. Später wurden die Kosten des Abends angeprangert: Die Speisung der 90 habe 3.000 Euro gekostet.

Engelmann fand das vollkommen daneben. Und schrieb in seinem Blog - eine Glosse. "Jetzt sagt die Tante Siegrid: Heiko, das hat 3.000 € gekostet, das geht so nicht", heißt es darin, "nicht für den Islam". Nicht allein etwas plumpe Ironie-Marker wie die Benennung "Tante Siegrid" machen den satirischen Charakter des Textes nahezu penetrant. Aber offenkundig ist der Verfasser an genau diesem Bemühen um Deutlichkeit gescheitert - beim Titel. Der lautet "Deutsche kauft nicht beim Juden!!! Äh, ich mein: Heiko!!! Koch nicht für den Muselmann!!!" Als Transformation des historischen antisemitischen Hetzappells war der ironische Aufruf an den Parteifreund also deutlich kenntlich gemacht.

"Der Vorsitzende der Jungen Union in der Metropolregion Bremen, Malte Engelmann, verbreitet im Internet Nazi-Parolen", diagnostizierte der Online-Auftritt des Weser-Kurier. Die CDU, einschließlich Strohmann, zeigte sich "entsetzt". Und Bremens Die Linke argwöhnte gar, von Engelmann gehe "eine Gefahr für die Demokratie" aus. Was, nebenbei, der beste Witz am Rande der Geschichte ist: Engelmann nämlich war der einzige Bremer Unionspolitiker, der CSU-Mann Axel Dobrindts sommerliches Linkspartei-Verbots-Theater scharf kritisiert hatte. In seinem bislang kaum gelesenen privaten Blog.

Unabhängig von der Frage, wie geschmackvoll oder gelungen der Glossentitel ist, bleibt die Erregung erstaunlich: Längst nämlich zählt die ironisierende Bezugnahme auf den "kauft nicht bei"-Slogan zum humoristischen Repertoire in deutscher Sprache. So hat Punk-Sänger Bela B. 2006 seinen Song: "Deutsche, kauft nicht bei Nazis" vorgelegt, im ZDF-Nachtstudio sprach bereits 2001 der Moderator Volker Panzer davon, der Protest gegen seinen Gast, den umstrittenen Buchautor Norman Finkelstein klinge "wie ,Kauft nicht bei Finkelsteins!'". Und ein wirklich breites Publikum war mit dem Spruch 2008 konfrontiert, kurz nachdem Nokia seinen Wegzug aus Bochum verkündet hatte.

"Deutsche wehrt euch! Kauft nicht bei Finnen!", hatte damals Harald Schmidt im Ersten gesagt. Damit hatte er die Reaktionen deutscher Politiker parodiert. Und gleich auch noch erklärt, wieso es keine Proteststürme gab: "Falls Sie", hatte sich Schmidt damals an seine ZuschauerInnen gewandt, "ein CDU-Hinterbänkler mit porösem Resthirn sind, der sich noch einmal in seinem Leben in der Zeitung sehen will und weil dieses Zitat ,Kauft nicht bei Finnen' Sie an irgendwas erinnert, aufregen möchte: Mit Finnen darf man das."

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4 Kommentare

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  • H
    Helena

    Das Fastenbrechen hätte de facto auch alleine gereicht, da sollten Christen und andere nicht indirekt zum Mitgehen gezwungen werden (Gruppenzwang), denn so sieht das doch sehr nach einem Missionierungsversuch aus, aber das stört den Autor offensichtlich nicht, stattdessen unterstellt er einer Christin, sie sei verärgert, weil sie nicht selbst missionieren könne.

     

    Worum es ihr ging, ist sicher vielmehr, dass die CDU immer mehr christliche Bräuche und Traditionen missachtet, und sich stattdessen den Interessen der Islamverbände zuwendet. Und diese Zuwendung ist eben höchst einseitig. Man könnte auch von einer Art Selbstaufgabe der CDU sprechen, da viele Mitglieder mittlerweile besser bei den Grünen aufgehoben wären.

  • H
    Helena

    Das Fastenbrechen hätte de facto auch alleine gereicht, da sollten Christen und andere nicht indirekt zum Mitgehen gezwungen werden (Gruppenzwang), denn so sieht das doch sehr nach einem Missionierungsversuch aus, aber das stört die taz nicht, stattdessen unterstellt sie einer Christin, sie sei verärgert, weil sie nicht missionieren könne.

     

    Worum es ihr ging, ist sicher vielmehr, dass die CDU immer mehr christliche Bräuche und Traditionen missachtet, und sich stattdessen den Interessen der Moslems zuwendet. Und diese Zuwendung ist eben höchst einseitig. Man könnte auch von einer Selbstaufgabe der CDU sprechen, da viele Mitglieder besser bei den Grünen untergebracht wären.

  • H
    Helena

    Das Fastenbrechen hätte de facto auch alleine gereicht, da sollten Christen und andere nicht indirekt zum Mitgehen gezwungen werden (Gruppenzwang), denn so sieht das doch sehr nach einem Missionierungsversuch aus, aber das stört den Autor offensichtlich nicht, stattdessen unterstellt er einer Christin, sie sei verärgert, weil sie nicht selbst missionieren könne.

     

    Worum es ihr ging, ist sicher vielmehr, dass die CDU immer mehr christliche Bräuche und Traditionen missachtet, und sich stattdessen den Interessen der Islamverbände zuwendet. Und diese Zuwendung ist eben höchst einseitig. Man könnte auch von einer Art Selbstaufgabe der CDU sprechen, da viele Mitglieder mittlerweile besser bei den Grünen aufgehoben wären.

  • H
    Helena

    Das Fastenbrechen hätte de facto auch alleine gereicht, da sollten Christen und andere nicht indirekt zum Mitgehen gezwungen werden (Gruppenzwang), denn so sieht das doch sehr nach einem Missionierungsversuch aus, aber das stört die taz nicht, stattdessen unterstellt sie einer Christin, sie sei verärgert, weil sie nicht missionieren könne.

     

    Worum es ihr ging, ist sicher vielmehr, dass die CDU immer mehr christliche Bräuche und Traditionen missachtet, und sich stattdessen den Interessen der Moslems zuwendet. Und diese Zuwendung ist eben höchst einseitig. Man könnte auch von einer Selbstaufgabe der CDU sprechen, da viele Mitglieder besser bei den Grünen untergebracht wären.