Komödie "Plötzlich fett": War Bridget Jones nicht genug?
Sat.1 kalauert sich durch das Universum der Übergewichtswitze. Und erkennt dann: Die einen stopfen die Leere in sich mit Essen, die anderen dröhnen sich mit Sport zu.
Frau + Gewichtsproblem = besonders lustig. Dieses altbewährte Rechenspiel ist leider nicht auszurotten. Vielleicht, werden Filmschaffende da sagen, weil die Zuschauerinnen sich darin doch auch so gut wiederfinden. Tja, und so wiederholt es sich ständig. Wenn eine Schauspielerin also eine Frau ist, dazu eh schon recht lustig und von Natur aus so natürlich, dass man da glaubhaft ein paar Kilo dranpappen kann, dann sind alle Teile der Gleichung aufs Idealste beisammen. Wenn auch in durcheinandergewirbelter Reihenfolge.
Diana Amft ist mit das Beste und Lustigste, was im "Blonde Frauen mit Witz"-Fach hierzulande zu haben ist. Als Dr. Gretchen Haase im Serienerfolg "Doctors Diary" war sie rundlich. Die Einzigen, die damit ein Problem hatten, waren die Figur, die sie darstellt, und ihre Serienmutter. Wie bei der Hollywood-Figur Bridget Jones, die ständig mit Kilos und Missgeschicken kämpft und dabei ganz unwiderstehlich ist, zielte der Witz immer auf die gestörte Selbstwahrnehmung ab, nicht auf irgendein Schönheitsdiktat von außen.
Genau das ist das Problem der Komödie "Plötzlich fett", die Sat.1 am Dienstagabend zeigt. Schon der Titel ist wenig subtil. Und der ganze Film hat Übergewicht. Diana Amft spielt darin Eva, eine Patissière, die "seit der 11. Klasse Kleidergröße 46 trägt", wie ihr Mutter und Schwester beständig vorhalten. Das ist nun nicht lebensbedrohlich viel, aber von der Größe 36 der Schauspielerin ist es dahin doch weit, weshalb ein Fatsuit und stundenlanges Sitzen in der Maske nötig waren. Heraus kamen ein viel zu üppiges Doppelkinn und eine erste halbe Stunde des Films, in der Diana Amft, von einem guten Spruch abgesehen, nur flehende "Ich fühl mich in mir nicht wohl"-Blicke loslassen darf. Ihr Können wird leider verschenkt.
Gemobbt als "Titten-Nick"
Als Eva bei einer Tombola einen Tag mit Fitnessguru Nick gewinnt, wird alles anders. Der, früher als zu rundlicher "Titten-Nick" gemobbt, ist nun gnadenlos aufs Äußere fixiert und damit natürlich innen ganz, ganz unschön. Er fertigt Eva mit fiesen Sprüchen ab, sie verwünscht ihn und - schwupps - ist sie dünn und er fast 200 Kilo schwer. Nun hat also auch der Mann ein Gewichtsproblem. Sein Partner will ihn aus dem Fitnessstudio drängen. Dagegen kann er sich nur wehren mithilfe seines Psychiaters, eines Anwalts im Rollstuhl und mit der Unterstützung von Eva. Die weiß, dass ein großes Herz viel Platz braucht.
Bei Sebastian Ströbel als Nick wurde der neue Körperumfang weitaus glaubwürdiger gestaltet als bei Amft. Dafür gibt es dann vom Stuhl, der zusammenbricht, bis zu Kindern, die sich auf der Straße fürchten, jeden schalen Gewichtsgag, den die Filmgeschichte so draufhat. Eigentlich will "Plötzlich fett" ja was ganz anderes sagen, das lehrt der Fortlauf der Geschichte. Aber muss man erst alle Vorurteile wiederholen, um zur Erkenntnis zu kommen: Die einen stopfen die Leere in sich mit Essen, die anderen dröhnen sich mit Sport zu.
Ungesund ist natürlich beides. Aber ein normales Verhältnis zu sich und seinem Gewicht hat in diesem Film kaum einer. Wie fatal das ist, zeigt die zweite Hälfte von "Plötzlich fett", ganz so, als wolle sie alles wiedergutmachen, was zuvor an schalem Witz serviert wurde. Denn eigentlich, sagt Diana Amft, ist es doch nur wichtig, dass man sich wohlfühlt. Kalorien zählen mache nicht froh. So viel Gewese soll man also gar nicht darum machen? Genau. Und auch keine solchen Filme mehr. Damit endlich die Rechnung stimmt: Frau + Gewicht = kein Problem.
Dienstag, 30. August, Sat. 1, "Plötzlich fett", 20.15 Uhr
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