Energieversorgung: Fracking macht Sorgen
SPD und Grüne in Niedersachsen fordern Umweltverträglichkeitsprüfung für unkonventionelle Erdgasförderung. Wirtschaftsminister Bode hält das für übertrieben.
HAMBURG taz | Wer den Untergrund aufsprengt, um Erdgas zu fördern, soll vorher eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) machen müssen. Das fordern SPD und Grüne in zwei Anträgen, die am heutigen Donnerstag im niedersächsischen Landtag debattiert werden. Wirtschaftsminister Jörg Bode (FDP) hält das für übertrieben: Er schlägt für jede hydraulische Bohrung lediglich eine Vorprüfung vor. Nur wenn diese negative Folgen für die Umwelt erwarten lassen sollte, würde Bode eine UVP vorschreiben.
Die Kontroverse betrifft eine große Hoffnung der Gasindustrie. Die Energiewende und steigende Brennstoffpreise haben schwer erschließbare Erdgasvorkommen interessant werden lassen. Ein Teil davon liegt eingepresst im Schiefergestein unter Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen. Um es fördern zu können, muss das Gestein hydraulisch aufgebrochen werden, so dass das Gas durch die entstehenden Risse entweichen kann. Die Methode nennt sich "Fracturing" oder "Fracking".
Das Verfahren ist umstritten, weil dabei nicht nur Millionen von Litern Wasser und Sand unter die Erde gepumpt werden, sondern auch Cocktails mit giftigen Chemikalien. Umweltschützer aber auch Wasserwerker befürchten, dass diese Chemikalien in das Grundwasser gelangen könnten. Dazu käme der Landschaftsverbrauch durch die Vielzahl benötigter Bohrstellen, Auffangbecken für das Pumpenwasser und Zufahrtsstraßen.
Das meiste Erdgas ist bisher aus Hohlräumen unter der Erde gefördert worden, oft zusammen mit Erdöl.
Unkonventionelles Erdgas dagegen sitzt in Poren im Gestein. Es wird auch "Tight Gas" oder "Shale Gas" (Schiefergas) genannt.
Fracking: Um Schiefergas fördern zu können, wird eine Mischung aus Wasser und Sand mit einem Schuss Chemikalien in das Gestein gepresst und dieses gesprengt. Durch die Risse kann das Gas entweichen.
Das Bergrecht regelt das Finden und Aufbereiten von Bodenschätzen, auch von Erdgas.
Parallel zum Landtag verhandelt derzeit der Bundesrat über das Thema Fracking. Das rot-grün regierte Nordrhein-Westfalen möchte für jede Bohrung mit der Fracking-Methode eine UVP durchsetzen. Dem schwarz-gelb regierten Niedersachsen geht das zu weit. Bode wolle "für jede hydraulische Bohrlochbehandlung eine Umweltverträglichkeits-Vorprüfung haben", sagt dessen Sprecherin. Nur wenn negative Folgen für die Umwelt zu befürchten wären, würde ein "Planfeststellungsverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung und Umweltverträglichkeitsprüfung" in Gang gesetzt.
Der SPD im Landtag ist das zu wenig. Sie spricht sich generell für eine UVP aus. Der Trinkwasserschutz müsse Vorrang vor der Gasförderung haben.
Die Grünen gehen noch weiter: "Bergrecht muss künftig Teil des Umweltrechts werden", verlangen sie. Nicht nur für das Suchen nach fossilen Brennstoffen und für deren Förderung müssten UVPs vorgeschrieben werden, sondern auch für das Speichern von Erdgas oder Kohlendioxid (CCS) unter der Erde.
Auch der umweltpolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Landtag, Martin Bäumer, erkennt, dass es vielen Menschen schwer fällt zu verstehen, warum ausgerechnet bei Bohrungen keine UVP vorgeschrieben ist. "Der momentane Zustand ist sicherlich reformbedürftig", räumt er ein. Wie weit seine Fraktion dabei gehen wolle, sei noch offen.
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