Die SPD und die A100: Die Kröte schlucken die anderen

Die Sozialdemokraten sehen den A-100-Kompromiss gelassen. Ob der Autobahnausbau kommt, wird in der Partei unterschiedlich gesehen. Auch im Bundestag wird über den Autobahnbau gestritten.

Schon bestehender Abschnitt der A100 in Berlin : dpa

Bei der SPD wird der rot-grüne A-100-Kompromiss gelassener diskutiert als beim möglichen Koalitionspartner. Als "sehr weise" bezeichnet Michael Arndt, baupolitischer Sprecher und SPD-Kreischef in Steglitz-Zehlendorf, das Vorhaben, eine Umwidmung der Bundesgelder zu erreichen - und bei Scheitern doch zu bauen. "Beide Seiten sind aufeinander zugegangen, keiner hat sich verkauft." Dennoch weiß man in der SPD: Dass die Grünen sich beugten, den Weiterbau der Stadtautobahn nicht grundsätzlich abzulehnen, sei für die Partei eine "echte Kröte" gewesen.

Die "Kröte" für die SPD: Die A 100 kommt vorerst nicht. Sie habe sich ein klareres Bekenntnis zur Autobahn gewünscht, gesteht Stadtentwicklungsexpertin Ellen Haußdörfer. Zu Koalitionen gehörten jedoch Kompromisse. Aber erklärt die SPD die A 100 nicht als verzichtbar, wenn sie die Umwidmung der Mittel anstrebt? Christian Gaebler, bisher SPD-Geschäftsführer, widerspricht formelhaft. Man prüfe nicht bessere, sondern "ebenso gute" Projekte. Klar sei, heißt es unisono in der Partei: Die eingeplanten Bundesgelder, 420 Millionen Euro, dürfe Berlin nicht aus der Hand geben. Und die Verkehrsprobleme im Südosten müssten angegangen werden. Es sei nun Aufgabe der Grünen, so Gaebler, weniger "mit sich selbst zu diskutieren", sondern "mehr Elan in der Suche nach Alternativprojekten zu stecken".

Ob der A-100-Weiterbau tatsächlich kommt - darüber ist man sich in der SPD intern uneins. Nach außen hält man an der Formel fest: Wenn keine Umwidmung, dann Bau. Bei der Parteilinken gilt der Weiterbau aber als eher unwahrscheinlich. Auch Teile der Rechten beginnen zu zweifeln. Komme im Bund 2013 eine rot-grüne Mehrheit, werde auch die Verkehrspolitik eine andere Richtung nehmen. Vorher tauchten die Gelder für die A 100 ohnehin nicht im Haushalt auf. Wo sie letztlich landen, betont der Parteilinke Daniel Buchholz, bestimme auch heute schon nicht Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU), sondern die Mehrheit des Bundestags. Ramsauers Nein zur Umwidmung sei "klar parteipolitisch getrieben", so Buchholz. In anderen Bundesländern sei eine Andersnutzung von Verkehrsgeldern gelungen. Haußdörfer sieht die A 100 dagegen "noch nicht gestorben". Sie bleibe "sehr skeptisch", dass die Umwidmung gelinge. KONRAD LITSCHKO

Es waren die Fraktionen von CDU/CSU und FDP, die eine Aktuelle Stunde im Bundestag gefordert hatten. Das Thema: Die "Haltung der Bundesregierung zur Frage einer Umlenkung von Verkehrsinvestitionsmitteln des Bundes für die Autobahn A 100 auf andere Verkehrsprojekte des Bundes in Berlin". Es war eine hitzige Debatte, auch wenn Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) nicht selbst sprach, sondern seinen FDP-Staatssekretär Jan Mücke vors Mikrofon schickte. Mückes Botschaft an die rot-grünen Koalitionssondierer in Berlin war eindeutig: ohne Autobahnbau kein Geld. Er appellierte an Klaus Wowereit (SPD), den Millionenbetrag, den das Land Berlin bisher für Planungsmaßnahmen ausgegeben habe, nicht "in den märkischen Sand" zu setzen, sondern die A 100 weiter zu bauen. Sobald es grünes Licht für das Baurecht gebe, sei eine schnelle Finanzierung für das Projekt sicher. An die Adresse der Grünen sagte Mücke, für eine Umwidmung der Bundesgelder gebe es keinerlei Handlungsspielraum. Auch weil es keine alternativen Projekte gebe.

Die Berliner SPD-Abgeordnete Mechthild Rawert zitierte aus einer Antwort des Bauministeriums auf eine Kleine Anfrage: "Umwidmungen in Erhaltungs- und Lärmschutzmaßnahmen an Autobahnen sind möglich." Der Grüne Anton Hofreiter erinnerte Ramsauer daran, dass es bereits 80 baureife Projekte auf Bundesebene gebe, die nicht finanziert werden könnten. Der Minister solle den Berlinern für ihre Vernunft danken und ihnen Geld für den Unterhalt bestehender Infrastruktur geben. NINA APIN

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