Robert Redfords "Die Lincoln Verschwörung": Die Guten sehen zu gut aus
In seinem Spielfilm "Die Lincoln Verschwörung" erzählt Robert Redford von einem Prozess aus der Zeit des Bürgerkriegs - und macht es dem Zuschauer allzu einfach.
Auch der Hass gegen die Niedrigkeit verzerrt die Züge, heißt es bei Brecht. Eine Weisheit, die in Hollywood nie angekommen ist. Gilt hier doch das Prinzip, das keiner besser als Robert Redford als Schauspieler, Regisseur und Produzent verkörpert: gute, engagierte und gut aussehende Filme machen. Auf dass jeder sieht, dass der Kampf für Gerechtigkeit den Helden veredelt - und den Zuschauer gleich mit. So muss man sich in einem Redford-Film nie Sorgen darum machen, ob man auch mit der richtigen Seite sympathisiert.
In "Die Lincoln Verschwörung" vertritt diese richtige Seite der junge Anwalt Frederick Aiken (James McAvoy), der eben noch als konföderierter Soldat ausgezeichnet wurde und nun unter der Mentorschaft von Reverdy Johnson (Tom Wilkinson) seinen Zivilberuf in Washington antritt. Quasi vor seinen Augen fällt Präsident Lincoln einem Attentat zum Opfer. Noch ist der Bürgerkrieg nicht beendet, und so drängt alles darauf, die Verschwörer schnell vor ein Tribunal zu stellen und zu hängen.
Zuerst sieht der junge und patriotisch gesinnte Anwalt nicht, was daran falsch sein könnte. Sein Mentor muss ihn dazu zwingen, die Verteidigung von Mary Surrat (Robin Wright), der mitangeklagten Mutter eines der mutmaßlichen Hauptverschwörer, zu übernehmen. Fast ungewollt lernt Aiken - und der Zuschauer mit ihm - auf diese Weise, dass seine Mandantin unschuldig sein könnte - und dass man sie trotzdem hängen sehen will, zum Teil aus Rache, zum Teil auch aus "guten" politischen Gründen: Um den Krieg zu beenden, bedarf es klarer Signale an die Südstaatenfraktion.
Der historische Fall, den Redford in seinem Film aufgreift, besitzt so viele Bezüge zur Aktualität, dass er getrost auf jede Art von Modernisierung verzichten kann. "Die Lincoln Verschwörung" kommt ganz als konzentriertes Kostümdrama daher, das seine Epoche samt seltsamer Barttrachten sorgfältig rekonstruiert. Die Frage, um die es in diesem Gerichtsdrama geht, berührt den Kern amerikanischer Identität und Demokratie: Staatsräson gegen Rechtsstaatlichkeit, die Interessen der Nation gegen die eines Individuums. Kurzum das, was mit "Guantánamo" und den damit verbundenen Rechtstaktiken immer noch auf dem Spiel steht.
Man ist Redford dankbar für die gekonnte Ernsthaftigkeit, mit der er sein Drama um diesen abstrakten Konflikt herum entfaltet, dankbar auch für die Möglichkeit, ordentlich mitzufiebern auf Seiten der Gerechtigkeit. Aber es bleibt auch ein leicht schaler Nachgeschmack: Er macht es dem Zuschauer verdammt einfach. Wenn die "Guten" etwas schmutziger und hässlicher wären - nicht nur äußerlich -, vielleicht wäre das Engagement nachhaltiger und wirkungsvoller.
"Die Lincoln Verschwörung". Regie: Robert Redford. Mit James McAvoy, Robin Wright u. a. USA 2010, 120 Min. läuft ab 29.9.2011
Leser*innenkommentare
Subjekt
Gast
Naja, so gut wie in der Taz sind die 'Guten' selbst bei Robert Redford nicht ;-).
Allerdings ist es ungewöhnlich, dass in einer heutigen Hollywood-Produktion Menschen, die im traditionellen Schwarz-Weiß-Dualismus der "Südstaatenseite" zugeordnet werden, auch als Menschen (und nicht nur als Klischee des Bösen) dargestellt werden. Dass das Ganze vor allem der zeitlich versetzte Hintergrund für eine Allegorie zur heutigen Situation ist, ist normal und gibt dem Film Aktualität. Das ist aber dann das nicht mehr Ungewöhnliche, sondern klassisches Hollywood.
Thomas Eiselen
Gast
Es scheint ein 'w' zu fehlen :-)
Gruß Tom