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Grünen-Politiker zu Koalitionen mit der CDU"Mit dieser CDU geht grüne Politik nicht"

Der Grüne Daniel Köbler, Fraktionschef in Rheinland-Pfalz, widerspricht seinem Amtskollegen Robert Habeck aus Schleswig-Holstein: Die Zukunft heißt Rot-Grün.

"Unökologisch, unsozial und handwerklich schlecht": Köbler greift Schwarz-Gelb scharf an. Bild: dpad
Interview von K.-P. Klingelschmitt

taz: Herr Köbler, in Berlin war Rot-Grün nur ein paar Tage lang eine realistische Option. Die Hauptstadt wird jetzt wohl von einer großen Koalition regiert werden. Die Grünen haben mit ihrem Kokettieren auch mit der CDU offenbar ihre Stammwählerschaft vergrätzt. Welche Lehren müssen sie daraus ziehen?

Daniel Köbler: Wowereit hat die Wähler betrogen. Die Berliner wollten keine Regierungsbeteiligung der CDU. Auch wir Grüne nicht - das hätten wir früher deutlich machen müssen. Die Lehre ist, dass Schwarz-Grün im Bund keine Option ist.

Robert Habeck, der Fraktionschef der Grünen Schleswig-Holstein - dort wird als Nächstes gewählt - , will sich aber die Option einer Koalition auch mit der CDU offenhalten und nicht mit Ausschlussklauseln hausieren gehen.

Wir setzen auf grüne Eigenständigkeit auch in den Ländern. Da gehen Inhalte vor Macht. Bundesweit gibt es aber deutlich mehr inhaltliche Übereinstimmungen mit der SPD als mit der CDU …

Und nach der Bundestagswahl? Vielleicht kommt die CDU dann ja den Grünen weit entgegen?

Schwarz-Gelb regiert in Berlin unökologisch, unsozial und handwerklich schlecht. Mit dieser Merkel-CDU ist eine Zusammenarbeit deshalb nicht denkbar. Auf welcher inhaltlichen Basis denn? Die CDU verhindert nach wie vor den dezentralen Ausbau erneuerbarer Energien, blockiert den Mindestlohn und die solidarische Bürgerversicherung und beschenkt weiter die Reichen. Mit dieser CDU ist keine grüne Politik zu machen.

Daniel Köbler

30, ist Fraktionschef der Grünen im Landtag Rheinland-Pfalz. Als Direktkandidat in Mainz bei der Landtagswahl 2011 holte der Politologe 27 Prozent.

Ist eine so rigorose Absage nicht taktisch unklug? Die SPD surft ja - siehe Berlin - auch nicht immer auf der grünen Welle …

Was helfen taktische Optionen, wenn die Strategie falsch ist? Die Mehrheit der Deutschen will 2013 vor allem eins: eine neue Bundesregierung. Schwarz-Gelb hat fertig! Es geht nun darum, eine klare Alternative zu formulieren. Und die heißt: Politikwechsel mit Rot-Grün. Wir Grüne werden die Einzigen sein, die das garantieren. Wir hier in Rheinland-Pfalz machen jetzt zusammen mit der SPD Politik auf breiter inhaltlicher Basis: ökologische Erneuerung, soziale Gerechtigkeit und Bürgerbeteiligung. Das erwarten die Menschen auch von einer neuen Bundesregierung. Mit der Merkel-CDU wird das nicht funktionieren. Und das müssen wir den Menschen auch deutlich sagen.

Wäre denn die CDU nach Merkel eine Option für die Grünen?

Wir werden sehr genau schauen, wie sich die CDU zukünftig inhaltlich positioniert. Merkel hat ja schon viele politische Kehrtwenden vollzogen, etwa in der Energie- und Bildungspolitik. In der CDU aber konnten ihr dabei nicht immer alle folgen. Für die Zeit nach Merkel kann ein Rechtsschwenk bei der CDU nicht ausgeschlossen werden. Mit einer Partei aber, in der dann vielleicht Leute wie der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier das Sagen haben, werden wir ganz bestimmt nicht zusammenarbeiten.

Und mit einer Partei, in der dann vielleicht Leute wie etwa der Bundesumweltminister Norbert Röttgen das Sagen haben?

Es gibt keine Partei, in der Norbert Röttgen das Sagen hat.

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9 Kommentare

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  • A
    axel

    Erinnerungen an die grünen Aussagen vor der vorletzten Hamburg- und letzten Saarlandwahl werden wach, die nach den Wahlen schnell und mit großer Zustimmung der Parteibasis über den haufen geschmissen wurden. Schwarz-Grün und Jamaika waren die Folge.

    Gebrochene Wahlversprechen scheinen zum grünen Markenkennzeichen zu werden.

    Grüne Glaubwürdigkeit ade!

  • B
    broxx

    Das Interview ist´n Witz und Herr Köbler spinnte sich was zurecht. Wer verdammt will denn das die Grünen wirklich was zu sagen bekommen?

  • MH
    meinung h

    Ich bin immer noch von der letzten rotgrünen Bundesregierung so enttäuscht, dass ich mir garnichts von einer neuen erwarte: bischen Symbolpolitik hier, paar Bäume gepflanzt da, ansonsten bischen neoliberal, bischen sozial, Gender hier, Wärmedämmung da, das lohnt doch den ganzen Aufriss nicht. Was haben sie uns damals nicht alles erzählt, was für ein tolles rotgrünes Projekt das wird. Heraus kam dann Hartz4 und Neoliberalismus pur. Das liegt natürlich primär auch an der SPD, die längst zur CDU II mutiert ist.

     

    Aber auch an der glitschig-wendigen Realpolitik, wie sie in Hamburg demonstriert wurde, wo die Grünen erst in linken und alternativen Hochburgen auf Stimmenfang gingen, und scheinheilig eine Koalition mit der CDU für nahezu unmöglich erklärten. In Kleingedruckten behielten sie sich aber vor, eine zu machen. Und kaum waren die Stimmen ausgezählt, saßen sie schon grinsend neben der CDU und freuten sich auf tolle Zusammenarbeit. Kann man machen, aber was dann kam, war jetzt auch nicht so überzeugend. Eigentlich scheint es sowieso relativ egal zu sein, welche Konstellation regiert, und welche Polit-Nuancen sie jeweils betont. Im Ergebnis ist es alles so ziemlich das selbe. Echte Visionen, Utopien? Fehlanzeige. Die Banken traut sich keiner zu regulieren. Das BGE traut sich niemand. Die Schere arm-reich geht weiter auseinander. Stattdessen gibts Sachzwänge und Realpolitik.

     

    Kann man auch so machen, aber dann bitte auch schon vor der Wahl sagen, und nicht immer diese verlogene "alles wird nun anders"-Show.

  • I
    Irene

    Wie jetzt? 1998 bis 2005 in der Regierung mit der SPD hat das doch auch keinen Grünen gestört? Hartz, Hedgefonds, Kündigen über Namenslisten, Kriegseinsätze usw. usw. Und erinnert sich noch jemand an die "handwerklichen Fehler", der rot-grünen Regierung, die bei so gut wie jedem Gesetz "Nachbesserungen" erfordert haben?

  • HS
    Hari Seldon

    Die Grünen sind soooo... scharf auf "Nachhaltigkeit". Aber wenn man die "Nachhaltigkeit" der Aussagen der Grünen sieht, kommt erhebliche Zweifel hoch, dass die Grünen überhaupt verstehen, was der Begriff "Nachhaltigkeit" bedeutet. Unsere netten grünen Clowns haben vor einigen Wochen noch Schmusekurs mit der CDU probiert. Nach sehr kurzen Zeit sind unsere Clowns schon dagegen ("Nachhaltigkeit" hoch drei). Bitte, wer will mit solchen Clowns koalieren? Die Grünen haben wieder ganz klar gezeigt, dass die überhaupt keine soziale Kompetenz besitzen, und die Einste4llungen werden schneller als die Unterwäsche gewechselt. Bitte, so weiter liebe Grünen, und langsam aber sicher werden die Grünen und FDP im ähnlichen Prozentbereich liegen.

  • A
    anke

    Oh, ein Hellseher! Sicher ist Daniel Köbler einer jener genialen Männer, über die Matthias Lohre heute nachdenkt. Köbler weiß schließlich schon im Oktober 2011, was die Mehrheit der Deutschen im Juli 2013 wollen wird.

     

    Beneidenswert, diese Gewissheit! Die Grünen also garantieren einen Politikwechsel mit Rot-Grün? Nun, ich bin mir keineswegs sicher, aber ich bin ja auch kein grüner Möchtegern-Spitzen-Politiker. Ich muss also keinen Optimismus verbreiten. Ich darf sagen, was ich wirklich denke, und das ist: die Mehrheit der Deutschen wird auch 2013 noch nicht vergessen haben, wie der letzte Rot-Grüne Politikwechsel ausgesehen hat. Dass die Mehrheit dieser Mehrheit mit Daniel Köbler von der Wahlurne aus direkt in eine glorreiche Zukunft marschiert, halte ich für ziemlich unwahrscheinlich. Die haben nämlich eine Vergangenheit, und zwar eine, die sich schlecht vergisst, weil sie gelebt und nicht nur erdichtet wurde.

  • T
    Thanthalas

    Kann mir nochmal jemand erklären wofür man in einer echten Demokratie Parteien braucht?

    Der einzige Sinn von Parteien besteht doch darin die Bevölkerung zu spalten. Anstatt über eine Sachfrage zu diskutieren wird sich gestritten weil der Gegenüber ein Grüner oder Schwarzer ist.

    Wir brauchen ein imperatives Mandat und Volksabstimmungen.

  • HM
    Hans Meyer

    ich widerspreche Daniel Köbler.

    Die CDU ist doch inzwischen schon grüner als die Grünen und hat diese auf allen Feldern längst links überholt,

    ultra-flexibel, wie sie inzwischen ist.

    Schwarz_Grün ist nicht Schwarz-Grün sondern Grün-Grün

  • R
    rheinelbe

    Wenn anders nicht an Posten und Geld zu kommen ist, regieren die Grünen auch mit CDU und FDP (Jamaika) wie im Saarland unter vielen Skandalen.

     

    Das ist sicher!

    ...