"Freibier" im Bahnhofsbereich: Ein Bierchen in Ehren
In einer toleranten Kultur sollte ein Feierabendbier in Ehren niemand verwehren.
R aucher stören. Obdachlose stören. Bettler stören. Trinker stören. Die Konsequenz: Der öffentliche Raum wird zur rauch-, schnorr- und trinkfreien Zone erklärt.
Es werden, wie in Hamburg, Zäune gezogen, damit niemand mehr unter Brücken schläft, Alkoholverbote im Bahnbereich erlassen, wie in Hannover und abermals in Hamburg, damit niemand mehr durch den Anblick eines biertrinkenden Fahrgastes schweren Schaden nimmt. Was stört, wird verboten, wird wegreglementiert.
Bei so viel staatlicher Zwangsregulierung unerwünschten Verhaltens tut es gut zu hören, dass Hannover das Verkaufsverbot für Alkohol im Bahnhofsbereich wegen erwiesener Erfolglosigkeit wieder aufgibt. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Meist bleiben einmal erteilte Verbote erhalten, auch wenn sie ihren angedachten Sinn und Zweck nachprüfbar nicht erfüllen.
Ein Ja zum Schutz vor Rauchern, wo blauer Dunst die Atemluft verpestet. Ein Ja zum Schutz vor Schnorrern, wo aggressives Betteln bedrohliche Züge bekommt. Ein Ja zum Schutz vor alkoholbedingter Unberechenbarkeit in der Öffentlichkeit. Aber ein klares Nein zu einer überbordenden Verbotskultur, die alle präventiv ausgrenzt, die irgendjemand irgendwie stören könnten.
In einer toleranten Kultur sollte ein Feierabendbier in Ehren niemand verwehren. Alles andere regelt das Hausrecht.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen