Berliner WASG setzt auf Alleingang

Der Landesverband will bei der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus nicht gemeinsam mit der PDS antreten. Die Bundespartei ist verärgert und droht indirekt mit Konsequenzen. Handgreiflichkeiten auf dem Parteitag

BERLIN taz ■ In der Hauptstadt wird eine Zusammenarbeit zwischen Linkspartei.PDS und dem Landesverband der Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WASG) immer unwahrscheinlicher. Auf einem turbulenten Parteitag stellte die WASG am Wochenende gegen den Willen des eigenen Landesvorstandes und der Bundespartei die Weichen für einen eigenständigen Antritt bei der Abgeordnetenhauswahl im kommenden September. Endgültig sollen die Mitglieder Anfang Februar in einer Urabstimmung entscheiden, ob die beiden Parteien, die gemeinsam im Bundestag sitzen und 2007 zu einer Partei fusionieren sollen, in Berlin gegeneinander antreten.

Der WASG-Bundesvorsitzende Klaus Ernst hatte vergeblich versucht, eine entsprechende Entscheidung abzuwenden. „Berlin ist nicht der Nabel der Welt“, sagte er und warnte die Delegierten davor, Fakten zu schaffen, die das Projekt einer gemeinsamen Linken in Deutschland gefährden könnte. Trotz berechtigter Kritik an der Regierungspolitik der PDS im rot-roten Senat müsse es jetzt um eine Stabilisierung der Zusammenarbeit beider Parteien gehen, sagte Ernst.

Die Bundesspitze kritisiert vor allem den Zeitplan, mit dem der Berliner Landesverband in das Wahljahr gehen will. Denn die Urabstimmung soll noch vor den Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt stattfinden. Eine Absage der Berliner Mitglieder an eine gemeinsame Liste mit der PDS, so die Befürchtung, könnte die Erfolgschancen von Linkspartei und WASG in den Ländern mindern. Ernst kündigte indirekt Konsequenzen an: „Wenn wir merken, dass Wahlkämpfe behindert werden, müssen wir handeln“, sagte er der taz. Bereits zuvor wurden Überlegungen aus dem Bundesvorstand laut, dem widerspenstigen Berliner Landesverband den Namen WASG bei einem Alleingang zu verbieten.

Der Landesvorstand der WASG, der am Sonntag geschlossen zurückgetreten ist, hatte versucht, das Votum der Basis auf Anfang April zu legen. Damit sollten auch die Ergebnisse des Bundesparteitages der WASG abgewartet werden, die einen Alleingang einzelner Landesverbände erschweren könnten. Bei der Neuwahl des Landesvorstandes am Sonntagnachmittag, die wegen schwerer Auseinandersetzungen und Handgreiflichkeiten zunächst unterbrochen werden musste, setzten sich mehrheitlich die Kritiker einer Zusammenarbeit mit der Linkspartei.PDS durch. Die Befürworter einer Zusammenarbeit mit der PDS setzen auf andere Mehrheitsverhältnisse bei der Urabstimmung der rund 800 Mitglieder. Sie wollen bis auf weiteres in der Berliner WASG bleiben.

KORBINIAN FRENZEL