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Kurdenkonflikt in der TürkeiErdbeben in der Kriegszone

Die vom Erdbeben betroffene Region ist kurdisches Kernland, hier kämpft die Armee gegen die PKK. Vielleicht kann das Erdbeben zu einer Versöhnung beitragen.

Mehr als 270 Menschen starben bei dem Erdbeben im Osten der Türkei. Bild: dapd

ISTANBUL taz | Das Erdbeben in Van kommt zu einem Zeitpunkt, an dem die gesamte Türkei sowieso bereits in Alarmstimmung ist. Wer die gestrigen großen Zeitungen in Istanbul durchblätterte, fand neben den Berichten aus dem Erdbebengebiet große Reportagen über Massenproteste quer durchs Land. Diese Proteste richten sich gegen die kurdische PKK, die vor einer Woche bei einem Großangriff 24 Soldaten tötete und damit einen der massivsten Militäreinsätze der letzten Jahre entlang der türkisch-irakischen Grenze auslöste.

Diese Grenze ist von Van vielleicht 200 Kilometer entfernt, Van und damit die gesamte vom Erdbeben betroffenen Region sind kurdisches Kernland. Zwar redet noch niemand offen darüber, doch aus der Perspektive vieler Türken ist ein Erdbeben im Kurdengebiet derzeit etwas völlig anderes, als wenn die Katastrophe im Westen des Landes stattgefunden hätte. Das kommt vor allem in Internetbeiträgen zum Ausdruck. So twitterten bereits am Sonntagabend erste User, das Erdbeben sei nichts anderes als die gerechte Strafe Gottes für die Kurden und die PKK.

Die Stimmung wird auch dadurch angeheizt, dass trotz des Erdbebens in unmittelbarer Nachbarschaft die Kämpfe zwischen der Armee und der PKK unvermindert anhalten. Während in der Provinzstadt Van, deren Flughafen aus politischen Gründen in den letzten Tagen gesperrt war, jetzt die Hilfstransporte auf diesem Flughafen im Stundentakt landeten, starben in der benachbarten Provinzhauptstadt Hakkari erneut Soldaten. Aber nicht nur Soldaten: stolz meldete die Armee am Sonntag zeitgleich mit dem Erdbeben, ihre Spezialeinheiten hätten in den letzten Tagen 100 Kurden von der PKK getötet.

Es war deshalb eine wichtige politische Botschaft, dass Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan mit seiner Frau und seinen wichtigsten Ministern noch am Sonntagabend das Erdbebengebiet besuchte. Um 21 Uhr landete seine Maschine in Van, eine Stunde später war er bereits im Hubschrauber auf dem Weg in die vom Beben am schlimmsten betroffene Stadt Ercis.

Vorbild: Versöhnung mit Griechenland

Erdogan sprach mit den Leuten, machte Mut und kündigte an, dass die Menschen versorgt würden. "Gerade jetzt bei Wintereinbruch werden wir niemanden allein lassen", sagte er in Ercis. Erdogan blieb über Nacht in Van und besuchte am Montag Verletzte im Krankenhaus. Der Regierungschef will damit auch deutlich machen, dass die Bürger im Osten genauso dazugehören wie die im Westen.

So wurden denn auch am Montag Hilfslieferungen aus dem ganzen Land organisiert. Auf dem Flughafen in Istanbul stapelten sich die Pakete, die die einzelnen Stadtbezirke gespendet hatten. Gerade jetzt, so die Parole, gilt es, uneingeschränkte Solidarität zu zeigen.

Vielleicht kann das Erdbeben, so die Hoffnung, letztlich sogar zu einer Versöhnung zwischen der West- und der Osttürkei beitragen - genauso wie das schwere Erdbeben am Marmarameer 1999 die Versöhnung zwischen der Türkei und Griechenland einleitete. Denn die Griechen waren damals mit ihrer Hilfe als Erste zur Stelle.

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9 Kommentare

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  • K
    kinem

    Die Leute die sagen, dass die Türkei Menschen in Van gheolfen hat spinnen. Ich habe persöhlnich von meiner Bekanntschaft aus Van erfahren, dass i Hilfe-kartons unzählige Steine und Türkische Flaggen herauskamen!!! Was redet ihr? Über welchen Hilfe? Sollen sich die Leute mit den Steinen den "A...sch" abwischen oder was. Und außerdem was har euer gelibter Erdogan gemacht? Hat er das Angebot von Israel angenommen. Der Präsident von Israel hat Erdogan angerufen und er hat gesagt, dass er sofort 10 Lebensretter schicken würden, damit nicht weiter sterben. Was hat der ERDOGAN gemacht:"Nein Danke" OHA TSCHÜSCH sag ich nur dazu. Und wisst ihr was noch krasser ist. Nach ein paar TAgen hat er selber Israel wieder kontaktiert und ihnen den Erlaubniss gegeben diese Lebensretter yu schicken. Also jetzt mal im Ernst was glaubt der Typ. Nach ein paar TAgen sind doch die Menschen die immer nocht nicht gefunden worden sind sowieso tot. Ich fühle mich verarscht. Was hat noch mal Hitler gesagt: Das Volk besteht weder aus Doktoren oder Anwälte. Anscheinden hat er wie es aussieht Recht.

    Wenn ihr das nicht publiziert dann ist es weil ich ANGST habt und nix anderes.

  • N
    nilay

    genau so ist es ,das bericht stimme ich voll zu vielen dank an jürgen gottschlich

  • P
    Peace

    Ich muss Kadir Recht geben!

    Keiner kommt mit nationalistischem Getue weiter, weder die Kurden, noch die Türken. Wie die PKK Soldaten tötet, töten die Türken kurdische Guerillas - wo bleibt der Sinn?

    Nachdem die PKK mehrere viele Jahre eher im Hintergrund blieb und sich in der Türkei nichts zu ändern schien, versuchen sie es jetzt wieder mit einem offensiven Angriff. Was beide Seiten nicht beachten:

    Was ist mit den Soldaten, die gerne vom Krieg fernbleiben würden, durch die Wehrpflicht aber gezwungen sind, daran teilzunehmen? Was ist mit den kurdischen Wehrpflichtigen? Bei all der Nationalitätenfrage, vergessen beide Seiten die Menschlichkeit. Ich hoffe, dass es bald ein Ende nehmen wird und wir in naher Zukunft einen neuen Staat erleben können, der Kurden und Türken vereint - und das sich auch die Stimmung im Volk selbst ändert. Wenn Amerika geschafft hat, sich Vereinte Staaten zu nennen, dann sollten die Türken und Kurden solches auch schaffen.

    Die Menschen, und vorallem die blonde Tusse, die sagen das war Gottes Strafe - die haben ihre Seele schon längst an den Teufel verkauft - wer hilfebrauchenden Leuten herablassende Worte sagt und sich freut, dass soetwas geschehen ist - der gehört schlicht und ergreifend eingesperrt.

  • B
    birand

    Mit "Wir/İhr" gehabe kommmt niemand weiter. Dass die Kurden in der Türkei unterdrückt werden stimmt so nicht. In Südost Anatolien haben es einige kurdische feudal herren gern, wenn über die kurdische Unterdrückung gesprochen wird. Nur so können Sie Ihre jahrhunderte lange feudalherrschaft in saus und braus weiterleben. Wenn heutzutage von Unterdrückung gesprochen wird, so wird Sie in dieser Region von den lokalen Aga's und Bey's praktiziert. Die türkische Republik / Regierung wird hier mit jeden mitteln verteufelt, weil Sie gegen die lokalen kurdischen Feudalherren ankampft. Die Türkei redet auch über die kurdische Unterdrückung ( aber hier ist die Unterdrückung der kurdischen Sippen herrscher gemeint) Schaut euch dazu nur Nord Irak an - Millionen von menschen (kurdischer Herkunft) werden hier in einem "autonomen" Kurdistan regiert - von wem: von Mesut Barzani ( ein kurdischer Aga von der Sippe Barzani ) Sind dort die "freien" Kurden glücklich ? - Berichtet doch über die dortigen Verhaeltnisse im "friedlichen" und "wohlhabenden" Kurdistan. Die Türkei verfügt in dieser Region über die modernste Staatsführung und ich stehe mit meinem ganzen Gewissen dahinter. Berichtet doch über die Scheichs, Beys, die kurdischen Sippen usw. aber hackt nicht ewig auf dem einzigen westlich gerichteten demokratischen Staat in dieser Region rum. Die PKK schiesst auf helfende Soldaten in der Region und manche Leute sprechen über "Freiheitskaempfer" in einer schmalzigen Che Guavera romantik. Das sind lakaien und bruatale Mörder im dienste der Sippenherrscher wie Mesut Barzani, Öcalan und sonstigen Beys und Aga's. Die feudalherren gehören dem Mittelalter an und können nicht in einem modernen Staat geduldet werden. Die Türkei ist eine moderne Republik aus der Verschmelzung vieler Volksgruppen. Osmanischen romantikern und brutalen mördern und "Volksbefreiern" wird hier im Land kein Mensch noch nicht einmal ein qm Boden überlassen. Wenn die Kurden Unterdrückt werden, warum wahlt nur eine Minderheit der Türken kurdischer Abstammung die kurdischen Parteien ?? Es leben rund 25 Millonen Türken mit kurdischer Herkunft in der Türkei. Demnach müsste die kurdische Partei BDP doch die Regierung stellen ??! Warum ist es nicht so ??? Die Menschen in der Türkei sind nicht blöd. Auf diese "Befreiungskampfer" triaden fallen höchstens irgendwelche Sippen abhaengige, sklavengleiche Familien mit Anhangern rein und manche leute aus dem "besserwissenden" westen - Aber das ist auch alles. Zum glück gibt es freie Wahlen und die sind "zum Glück" staendig von internationalen inspektoren überprüft.

    Van ist eine Gelegenheit zur Versöhnung des Gebietes. Van ist eine Gelegenheit für Israil mehr Menschlichkeit zu zeigen. Van ist eine Gelegenheit für die dortigen Menschen "Gut/Böse" voneinander zu unterscheiden. Van ist eine Gelegenheit um den Menschen in uns wiederzuentdecken.

    Van ist die Symbolstadt der Hoffnung für viele Menschen der Türkei geworden. - Für mich auch...

  • K
    kadir

    JÜRGEN GOTTSCHLICH hat keine ahnung von dem was in der türkei passiert!!! die medien die regierung jeder der ein Nationalisten denkt ganz anders und wird seine unsinnige meinung nie ändern.. es sollte nicht um die kurden oder türken gehen sondern um die menschlichkeit überall auf der Welt. aber solange die medien und der Regierung sein spiel spielt wird sich da nichts ändern und das kurdische volk wird weiterhin unterdrückt. ich selber bin kurde aber wenn ich sehe die sachen so wie es ist und denke nicht nur einseitig.. und von wegen hilfsbreit wenn es nach den türken gehen würde würden die sagen was die schon breits auch gesagt haben: Wir leben seid jahrhunderten zusammen warum sollten wir nicht weiterhin zusammen leben. ihr lebt unter der Erde und wir oben drüber. und genau solche leute sind mein problem... ich halte immer zu denn schwachen zu dem volk das unterdrückt wird....

  • T
    Tektoi

    Die Objektivität dieser Berichterstattung ist natürlich fragwürdig. Die Wortwahl des Verfassers zeigt Partei.

     

    PKK-Terroristen haben vorgestern Abend in der Erdbebenregion Baskale (Van) Soldaten angegriffen. Soldaten sind vor Ort um Opfern aus den Trümmern zu borgen, Essen und Zelte zu verteilen, Straßen frei zu machen. Bei dem Angriff wurden 4 Soldaten verletzt. Die verletzten Soldaten wurden mit Hubschraubern nach Van gebracht. Zu gleichen Zeit haben Terroristen Störfeuer auf ein Militärstutzpunkt in Van ausgeübt, um die Soldaten von der Hilfe abzuhalten. Dies ist in allen türkischen Medien nachzulesen. Warum berichtet TAZ nicht darüber? Hat TAZ nicht genügend Personal und Zeit, sich darüber zu informieren? Oder will man damit bewusst eine Terrororganisation unterstützen, indem man darüber nicht berichtet?

  • B
    birand

    İbrahim - Wer bist Du ? Was schreibst Du hier für ein Mist ??? Wo lebst Du ??

    Ich lebe seit 10 Jahren wieder in Istanbul un habe heute mit kollegen in der Firma ein Truck mit diversen Hifsgütern für Van bereitgestellt. tausende un abertausende von Menschen haben das selbe hier getan. Ich arbeite mit Aleviten, Kurden, Sunniten in der Firma un meine besten Freunde in Istanbul sind (türkische) Juden. Hier hilft der Mensch dem Menschen in der Not - und es sind unendlich viele im ganzen Land. Aber leider gibt es Pfeifen wie Dich die das alles nicht sehen wollen (konnen). Es geht auch ohne euch. Die Türkei ist ein "Dach" für viele Volksgruppen verschiedener etnischer und religioser Abstammung. Wer will schon ein rassistischen Kurdistan oder was auch immer... Das ist alles Mist un nichts weiter - Hilfe ist Angesagt und Du halt den Mund und spinn nicht rum.

  • I
    Ibrahim

    Die Türkei hat Wan hilfe geschickt?

    Die dort lebenden Menschen und der Bürgermeister erzählen was anderes...

  • B
    bull

    Kurdisches Kernland???

    Haben die ollen Griechen nicht auch noch Ansprüche darauf?

    Oder die ollen Perser?

    Oder die ollen Hethiter?

    Oder die coolen Römer gar?

    Was soll so eine Berichterstattung?

    Ist denn alles erlaubt wenn es um die Türkei geht?