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Einzigartiges Hybridkraftwerk am NetzKraftwerk speichert Windenergie

Energie aus Wasserstoff, Wind und Biogas. Das Hybridkraftwerk in Prenzlau ist das weltweit erste, das diese drei kombiniert und könnte die Energiewende entscheidend voranbringen.

Das Wasserstoff-Hybridkraftwerk in Wittenhofe bei Prenzlau ist am Netz. Bild: dpa

PRENZLAU taz | Es ist nur ein kleines, unscheinbares Gebäude, daneben ein normaler Gastank, doch es enthält ein Gerät, das eine entscheidende Technologie der Energiewende sein könnte: einen Elektrolyseur. Am Dienstag weihte Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) das weltweit erste Hybridkraftwerk ein, das Windkraft und Biogas mit einem solchen Gerät kombiniert. Mit ihm wird Wasserstoff erzeugt, so dass überschüssiger Strom nicht verloren geht, sondern gespeichert werden kann. Der Wasserstoff kann zur Stromproduktion sowie auch als Kraftstoff für Autos genutzt werden.

"Es ist mehr als ein Projekt, es ist der Grundstein für die Energiewende", sagte Enertrag-Vorstand Werner Diwald. Die Firma, die europaweit Windparks betreibt, hat das Projekt mit dem Energieunternehmen Vattenfall, dem Mineralölkonzern Total und der Deutschen Bahn für 21 Millionen Euro realisiert. Mehrere Hochschulen sind mit im Boot.

Die Speicherung von Strom ist eine der größten Herausforderungen für den weiteren Ausbau erneuerbarer Energien, weil Wind- und Sonnenenergie Strom abhängig vom Wetter liefern. Schon heute produzieren sie manchmal zu viel - Windkraftanlagen stehen dann still, obwohl viel Wind weht. Hier setzt das Hybridkraftwerk von Enertrag an. Ist Stromflaute, wird zuvor erzeugter und gespeicherter Wasserstoff mit Methan aus einer Biogasanlage gemischt und dient dazu, ein Blockheizkraftwerk anzutreiben, welches wiederum Strom und Wärme erzeugt. Das Verfahren ist nicht ohne Verluste. Weniger als die Hälfte des eingesetzten Stroms kann wieder gewonnen werden. Solange allerdings überschüssiger Strom eingesetzt wird, lohnt es. Effizienter ist die Stromspeicherung in Pumpspeicherkraftwerken - doch die Ausbaupotenziale hierfür sind begrenzt, der Bau ist mit Eingriffen in die Natur verbunden.

Das Hybridkraftwerk nutzt letztendlich nur bekannte und erprobte Technologien - das Neue ist lediglich die Kombination. Mit sechs Megawatt Leistung ist das Enertrag-Kraftwerk zudem kein Vergleich zu heutigen Großkraftwerken mit einer oft mehr als 100-fachen Leistung. Den Elektrolyseur zur Erzeugung von Wasserstoff hat Enertrag selbst entwickelt und gebaut. Zwar ist die Technologie schon weit verbreitet, allerdings nicht in dieser Größenordnung. Auch seien am Markt erhältliche Elektrolyseure nicht für häufig schwankende Stromquellen ausgelegt, erklärt Enertrag.

Eine weitere Anwendungsmöglichkeit besteht in der Einspeisung von Wasserstoff ins Gasnetz. Der Ökostromanbieter Greenpeace Energy ist kürzlich ins Gasgeschäft eingestiegen und will sogenanntes Windgas anbieten - Gas, welches mit Hilfe von Windstrom hergestellt wurde. Bis zu fünf Prozent Wasserstoff im Gasnetz sind zurzeit zulässig. Doch Fachleute gehen davon aus, dass dieser Wert ohne größere Umstellungen auf 15 oder 20 Prozent erhöht werden kann. Somit könnte das Gasnetz als Stromspeicher dienen. Wenn die Wasserstoffbeimischung ausgereizt ist, kann mit Überschussstrom auch Methan hergestellt werden. Enertrag-Chef Werner Diwald forderte, derart erzeugtes Gas künftig ähnlich zu fördern wie heute regenerativen Strom. Zudem kündigte er an, drei weitere Kraftwerke bauen zu wollen.

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5 Kommentare

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  • W
    Wolfgang

    Bei der physikalisch gegebenenen Energiedichte von Wasserstoff

     

    Wasserstoff (flüssig): 2360 kWh/m³

    Benzin: 8760 kWh/m³

    Erdgas (20 MPa): 2580 kWh/m³

    Wasserstoffgas (20 MPa): 530 kWh/m³

    Wasserstoffgas (Normaldruck): 3 kWh/m³

     

    im Vergleich zu herkömmlichen Energieträgern wird es wohl ein kaum lösbares Problem sein die Speicherung in Mengen durchzuführen die die heutigen fossilen Energieträger ersetzten können. Auch ist der Wirkunngsgrad (Wind->Wasserstoff(flussig?)->Strom) vorsichtig ausgedrückt "suboptimal". Die Speicherung von "überflüssigem" Strom ist aus meiner Sicht nach wie vor ungelöst. Die "Euphorie" in den Medien ist wieder mal typisch, aber die Politik wird schon genügend Geld geben um den "Erfindern" ein schönes Leben zu ermöglich.

  • K
    Kreutzer

    Interessant, wieder ein neues Verfahren. Wirkungsgrade werden jedoch nicht genannt.

    Was mich wundert, dass hierzulande der Natrium-Schwefel-Akkumulator (siehe Wikipedia) nicht weiter verfolgt wird. Ein Prinzip, dass in Japan bereits großtechnisch mit mehreren MW in Kraftwerken zur Lieferung von Spitzenlast und zur Netzstabilisierung eingesetzt wird. Arbeitstemperatur ist 270 bis 350°C, der Wirkungsgrad liegt bei 70 bis 85%.

  • J
    Jaykay

    Super erster Kommentar!

     

    Im Regelbetrieb wird das Kraftwerk natürlich nur bei negativen Stropreisen angeworfen!

  • MS
    Martin Schneiwald

    Schön, dass die Energiewende hin zu regenerativen Alternativen langsam, aber stetig in Deutschland ankommt. Da Einspeisungen aus Erneuerbaren Energiequellen meist von meteorologischen Bedingungen abhängen, wie Sonne und Wind, unterliegt die Leistungsabgabe starken Schwankungen. Somit wächst der Bedarf an Energiespeichern, die in der Lage sind große Mengen an Energie bei Überangebot aufzunehmen und bei Bedarf abzugeben. Zu diesem Thema kann ich eine Veröffentlichung von Frau Giebel "Perspektiven der stationären elektrischen Energiespeicherung für stark fluktuierende Erneuerbare Energiequellen im Netzverbund" (Quelle: http://www.hausarbeiten.de/faecher/vorschau/165698.html ) empfehlen, die sich bereits im letzten Jahr mit diesem Thema auseinandergesetzt hat. Umso schöner, dass die Umsetzung - wie hier in Prenzlau - nicht mehr so lange auf sich warten ließ!

  • E
    energetiker

    Schildbürgerstreich:

     

    Das Wichtigste wird verschwiegen: Wieviel kostet es, Strom aus dem Hybridkraftwert zu beziehen?

    Um es vorweg zu nehmen: Der Preis aus dem Strom-Wasserstoff-Strom-Prozesses dürfte bei dem 3-Fachen des normalen Strompreises liegen.

     

    Technisch ist es überhaupt kein Problem, warum es bisher niemand gemacht hat sind die Kosten.

    Auch ohne das Kombikraftwerk ist der Strom teuerer geworden, warum soll der Stromverbraucher auch noch das extra bezahlen?