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Europa exportiert gefährlichen MüllElektroschrott vergiftet Ghana

In der Nähe einer Schule in Ghana sind hohe Schwermetall-konzentrationen gemessen worden. Die giftigen Stoffe stammten aus Europa - hier ist das Recycling zu teuer.

Konsumschrott und Exportgut: ausgediente Elektrogeräte in Deutschland. Bild: dpa

BERLIN taz | Elektroschrott aus Europa gefährdet die Bevölkerung in der Umgebung einer Deponie in Ghana. An einer Schule, einem Sportplatz und einem Lebensmittelmarkt haben Forscher der Universität der Vereinten Nationen (UNU) nach eigenen Angaben im Boden hohe Schwermetallenkonzentrationen gefunden. Diese liegen bis zu 50-mal über den als gesundheitlich unbedenklich geltenden Werten.

In Agbogbloshie, Vorort der Hauptstadt Accra, befindet sich eine Deponie, auf der vor allem illegal importierter Schrott aus Industrieländern entsorgt wird. Hier arbeiten vorwiegend Kinder als Müllsammler.

Viele der Substanzen, die die Menschen in Ghana vergiften, könnten wertvolle Rohstoffe sein. Für Elektronik wichtige Metalle wie Seltene Erden, Coltan oder Cadmium sind auf dem Weltmarkt rar. Das sogenannte Urban Mining, also die Gewinnung von Rohstoffen durch Recycling, könnte Abhängigkeiten von den Lieferländern verringern und Umweltschäden durch den Bergbau vermeiden.

Doch meist lohnt sich das Recycling wirtschaftlich noch nicht. Seltene Metalle sind in modernen Geräten wie Laptops oder Handys oft nur in winzigen Konzentrationen vorhanden. Es wäre zu aufwändig, das Material aus den Geräten herauszuholen. So bleibt es den Kindern in Ghana überlassen, zumindest Metalle wie Kupfer, die in großen Mengen verbaut werden, aus dem Schrott zu sammeln. Die Reste werden verbrannt, Dioxine, Bromide und Chlorverbindungen gefährden die Gesundheit der Menschen.

Wirtschaftliche Grundlage für viele Menschen

Auswege sind nicht einfach zu finden - viele Menschen sind wirtschaftlich von der Deponie abhängig. "Der Lebensunterhalt vieler Menschen hängt an Einnahmen durch informelles Recycling auf der Agbogbloshie-Deponie", erklärt Atiemo Sampson, Wissenschaftler aus Ghana und an der Studie beteiligt. "Lösungen hierfür müssen diese Menschen einbeziehen."

Die EU hat sich dazu verpflichtet, Exporte von Elektroschrott in Entwicklungsländer zu unterbinden. Trotzdem gehen Beobachter davon aus, dass in großen Mengen alte Elektronikartikel illegal nach Afrika exportiert werden. Diese werden gemeinsam mit gebrauchten, aber noch nutzbaren Geräten verschifft. Denn deren Export ist legal. Das Umweltbundesamt hat die Elektroschrottströme 2010 in einer Studie untersucht. Die Experten bestätigten darin Vorwürfe von Greenpeace, wonach Elektroschrott illegal aus Deutschland exportiert wird.

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5 Kommentare

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  • R
    Romina

    Ihr redet als seid ihr selbst die Beschuldigten und reagiert emotional ueber. Entwicklungshilfe muss sich veraendern, aber doch nicht so, dass Schrottplaetze entstehen, wo die Bildung fuer sauberes Recycling fehlt. Europaeische Konzerne haben die Verantwortung, da sie sich darueber im Klaren sind, was in Ghana passiert, denn schliesslich versuchen sie selbst das Recycling im eigenen Land zu vermeiden. Entwicklungshilfe muss sich mehr Richtung Fair Trade orientieren. Die afrikanischen Farmer und Kumpel verdienen gerechte Bezahlung um ihre Familie zu ernaehren und ihre Kinder in die Schule zu schicken. Natuerlich fordert dies, dass die afrikanischen Haendler selbst das Geld nicht behalten sondern an die Kommunen zurueck geben, damit dort Bildung ermoeglicht wird, die wiederum verhindert, dass afrikanisch Laender ausgebeutet werden.

  • J
    Jennerwein

    Also, liebe TAZ, ich finde es bedenklich, den Schwarzafrikanern die Fähigkeit der Eigenverantwortung absprechen zu wollen.

    Immerhin importieren die Afrikaner den Elektronikschrott aus eigenem, freiem Willen um die Rohstoffe aus dem Schrott zu gewinnen, um damit Geld zu verdienen und ihr Land aufzubauen.

    Finanzielle Entwicklungshilfe aus den "reichen" Ländern kann, darf und wird keine Lösung auf Dauer sein.

    Afrika ist in der Pflicht, sich selbst um zukunftsweisende Lösungen für seine Probleme zu finden, was aber nur gelingen wird, wenn die afrikanischen Staaten endlich in die Unabhängigkeit ,besonders von Alimentierungen, entlassen werden.

  • W
    Walter

    Was heißt hier unsere schuld? Selbst schuld ist nur Ghana die sich bereit erklärt haben den Müll zu nehmen. Wenn sie dafür unfähig sind sollten sie besser die Finger von lassen aber was soll man von Korrupten afrikanischen Politkern erwarten? Das gleiche wie in Deutschland, eindeutig nicht viel.

  • I
    Idee

    Das richtige wäre, die jeweiligen Hersteller zu Rücknahme und Entsorgung zu verdonnern. Der Verbraucher könnte dann einfach z.B. 100 Euro Pfand für sein Smartphone zahlen, die er nach Nutzung zurückerhielte. Wahrscheinlich würde das Smartphone auch sonst etwas teurer, aber das wäre gar nicht so schlecht. Dann würde es wenigstens nicht so schnell weggeworfen und stattdessen mal repariert.

  • WS
    Walter Schneider

    Schickt den Elektroschrott der TAZ, die wollen ihn wegen der Geschichte und dem schlechten Gewissen und so. Dann, schickt die Hälfte der Redaktion nach Ghana um aufzuräumen. Wegen dem schlechten Gewissen und so. Und dann, noch strengere Umweltauflagen, damit jaaa kein Käbelchen bei uns entsorgt werden kann.