piwik no script img

American PieKleinlaute Profiteure

Milliardäre gegen Millionäre. Der Lockout in der US-Basketballliga NBA geht weiter. Die NFL-Footballer profitiert davon - ganz im Gegensatz zur Eishockeyliga NHL.

Basketballer auf Abwegen: Dirk Nowitzki eröffnet ein Baseballspiel. Bild: reuters

BERLIN taz | Die derzeitige Situation ist nicht die beste für uns", sagt Gary Bettman mit etwas schiefer Miene. Bettman ist Commissioner der NHL, der nordamerikanischen Eishockeyliga, laut Eigenwerbung der besten der Welt. Die "Situation", das ist der derzeitige Lockout in der Basketballliga NBA, wo ein Arbeitskampf zwischen Teambesitzern und Spielern tobt.

Es ist ein Imagedesaster für die Korbjäger und ihre Oberen: milliardenschwere Klubeigner, die sich mit ihren millionenschweren Angestellten am grünen Tisch um Geld streiten. Ob die TV-Einschaltquoten nach Wiederaufnahme des Spielbetriebs in absehbarer Zeit wieder so hoch werden wie zu den Finalspielen im Juni - die höchsten seit Jahren - ist fraglich.

NHL und NFL, die National Football League also, wurden schon als potenzielle Gewinner der Zänkereien ihrer dribbelnden Kollegen gesehen. "Es ist aber bei weitem nicht so einfach, wie es scheint", betont Bettman. "Ich werde immer wieder von allen Seiten gefragt, wie wir uns die Lage zunutze machen wollen. Doch wie sollen wir einen detaillierten Plan, eine Werbestrategie ausarbeiten, wenn wir nicht einmal wissen, wie lange dieser Arbeitskampf noch andauert?"

Die auffallende werbetechnische Zurückhaltung mag noch einen weiteren Grund haben: Der NHL droht im nächsten Jahr eine ähnliche Lockout-Situation, auch dort werden dann neue Tarife verhandelt. Zwar haben die Eishockey-Granden schon Erfahrung aus Aussperrungen 1994/95, als Teile der Saison gestrichen wurden, und 2004/05, als sogar die komplette Spielzeit ausfiel. Doch die Furcht vor möglicher Häme, die bei scheiternden Gesprächen dann auf die Liga einbrechen könnte, scheint zu groß.

Das Beispiel NBA mahnt zudem. 1999 noch wirkten sich gleich zwei Faktoren aus auf die Publikumswirksamkeit der Korbjäger: Erst verkündete Idol Michael Jordan seinen Rücktritt, die Liga verlor ihr Aushängeschild.

Verluste in Millionenhöhe

Dann zeigte sich, dass auch eine nicht unwesentliche Zahl an Fans nicht mehr in die Hallen kam: Der Zuschauerschnitt sank um knapp zwei Prozent, die Ticketverkäufe stagnierten über die nächsten knappen drei Jahre. Millionen Haushalte schalteten nicht mehr ein, die Quoten für die Endspiele sanken bis auf drei Millionen Haushalte. Vor Lockout und Jordan-Karriereende waren es noch 4,5 Millionen. 2011 drohen den Städten der 30 Teams Verluste in Millionenhöhe, noch stärker sind Sponsoren und Austatter betroffen, denen Einnahmen fehlen.

Ein direkter positiver Effekt des derzeitigen Lockouts auf andere Sportarten indes ist noch nicht vernehmbar, im Gegenteil kommen eher weniger Fans zu NHL-Spielen. Die Schnittmenge zwischen Basketball- und Eishockeyfans, sie scheint zu klein zu sein. Das Problem hat Roger Goodell nicht. Der rührige Chef der NFL weiß sich und seine Spielklasse derzeit ganz allein im Zentrum des sportlichen Rampenlichts.

Nicht umsonst wurden einige NBA-Stars - mal mehr, mal weniger ernst - mit einem Abstecher in Football-Helm und Schulterpolster in Verbindung gebracht. Nate Robinson, gedrungener Aufbauspieler der Oklahoma City Thunder, liebäugelte mit der Position des Wide Receivers.

Flügelspieler LeBron James, zu High-School-Zeiten auch begabter Footballer, wurde gar schon von namhaften Liga-Größen hofiert. "Wann endet eigentlich die NFL-Frist, bis zu der noch Spieler unter Vertrag genommen werden können?", schrieb der wuchtige James auf Twitter. Seattle-Seahawks-Coach Pete Carroll schickte ihm daraufhin ein Foto von einem Seahawks-Jersey mit James Namen auf der Rückseite.

Trotzdem ist auch Goodell ganz beim NHL-Kollegen Bettman und hält sich zurück mit Äußerungen. Dabei könnte der 52-Jährige durchaus behilflich sein, sah er sich im Sommer doch ebenfalls einem Arbeitskampf ausgesetzt.

Dieser konnte jedoch vergleichsweise zeitnah beigelegt werden. Keine Saisonspiele mussten dem Ringen um Millionen Dollar zum Opfer fallen - was der Liga sogar zusätzliche Sympathien eingebracht hat.

"Ich habe zwar mit David Stern, dem Commissioner der NBA, gesprochen, aber ich gebe ihm keine Ratschläge. Im Gegenteil, ich versuche noch, von ihm zu lernen", sagt Goodell. In der NBA wurde der Lockout erst kürzlich bis Ende November verlängert. Krisenmanagement mag also nicht zu den Dingen gehören, die Goodell von Stern lernen könnte.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!