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Sexueller Missbrauch beim College FootballDemo für den Opa

Trainer-Ikone Joe Paterno, 84, flog wegen angeblicher Vertuschung sexueller Übergriffe von der Pennsylvania State University. Nun gehen Studenten auf die Straße.

Studenten gehen für die Trainerikone Joe Paterno auf die Straße. Bild: reuters

Protestierende Studenten, gefeuerte Direktoren, herumschnüffelnde Reporter und Straßenschlachten. An der Pennsylvania State University ist momentan nicht an einen geregelten Lehrbetrieb zu denken.

Anlass der Aufregung: Joe Paterno, Trainerlegende der Football-Mannschaft von Penn State, wurde gefeuert. Nach 45 Dienstjahren, zwei nationalen Meisterschaften, einer Wagenladung an Ehrungen und Auszeichnungen hat die Universität den nicht nur erfolgreichen, sondern auch stets vorbildlichen Paterno vom Hof gejagt. Der Grund: Der 84-jährige Paterno hat womöglich mitgeholfen, sexuellen Missbrauch an der Lehranstalt zu vertuschen.

Der Skandal kam am vergangenen Wochenende in Gang, als Jerry Sandusky verhaftet wurde. Der war von 1969 bis 1999 Assistenztrainer und engster Vertrauter von Paterno, zuletzt Defensive Coordinator, und wurde lange Zeit als potenzieller Nachfolger für den Cheftrainersessel gehandelt.

Dem 67-jährigen Sandusky, der auch nach seinem Rücktritt noch ein Büro auf dem Campus benutzen durfte, werden 40 Fälle von sexuellem Missbrauch vorgeworfen, begangen an acht Jungen über einen Zeitraum von 15 Jahren. Bereits 1977 hatte Sandusky "The Second Mile" gegründet, eine Hilfsorganisation für Kinder, um die er sich nach seinem Rücktritt als Trainer vorwiegend kümmerte.

Die Universität betrifft der Fall Sandusky insoweit, weil nun herauskam, dass bereits im Jahr 2002 ein Mitarbeiter des Football-Programms Sandusky überraschte, wie er einen ungefähr 10-jährigen Jungen in den Duschen des Sportkomplexes oral befriedigte.

Der meldete den Vorfall Paterno, der wiederum seine Vorgesetzten informierte. Dann allerdings passierte: nicht viel. Sandusky wurde zwar verboten, Minderjährige mit auf den Campus zu bringen, er durfte aber noch jahrelang ein Sommercamp für Schüler in einer Außenstelle der Universität organisieren.

Zuerst wurden der Sport-Direktor des College, Tim Curley, und ein weiterer verantwortlicher Funktionär suspendiert. Den beiden droht nun auch ein Gerichtsverfahren. Der nicht nur in Pennsylvania kultisch verehrte Paterno dagegen wurde von der Anklage ausgenommen und sogar dafür gelobt, dass er das Verbrechen gemeldet hatte.

Böller und Pfefferspray

Doch als in den Medien immer lauter die Frage gestellt wurde, warum Paterno den Vorfall nicht der Polizei gemeldet hatte, fühlte sich die Universitätsleitung schließlich genötigt, auch die Trainerlegende zu entlassen. Seitdem demonstrieren Studenten im State College: die einen für Paterno, die anderen gegen sexuellen Missbrauch. Laternen gingen zu Bruch, Böller explodierten, die Polizei setzte Pfefferspray ein.

Der Skandal trifft den College-Sport an seiner empfindlichsten Stelle. Galt und gilt Paterno doch als Überbleibsel goldener Zeiten, als der Amateurstatus der College-Sportler noch nicht ausgehöhlt war. Der allgemein nur "JoePa" gerufene Coach legte im Gegensatz zu den meisten seiner jüngeren Kollegen großen Wert darauf, dass seine oft aus ärmsten Verhältnissen stammenden Spieler neben dem Football auch einen Abschluss schaffen.

Dass es ihm trotz hoher akademischer Ansprüche stets gelang, eine konkurrenzfähige Mannschaft aufs Feld zu schicken, hat ihn schon vor Jahren zu einer Ikone des US-Sports gemacht.

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6 Kommentare

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  • AO
    Angelika Oetken

    "Die Universität betrifft der Fall Sandusky insoweit, weil nun herauskam, dass bereits im Jahr 2002 ein Mitarbeiter des Football-Programms Sandusky überraschte, wie er einen ungefähr 10-jährigen Jungen in den Duschen des Sportkomplexes oral befriedigte"

     

    Einen 10jährigen Jungen oral befriedigte?

     

    Das Ganze wohl falsch verstanden....

     

    Die Kinder, um die es ging, wurden sexualisiert misshandelt, nicht "befriedigt" und von den Verantwortlichen auch noch geopfert. Dem Leumund, dem "guten Ruf", dem Bedürfnis, an "Helden" glauben zu können, der eigenen Feigheit und Überforderung.

     

    Helden gibt es nicht. Nur Menschen. "Heldenverehrung" haben Kulturen nötig, die verlogenen, irrealen patronalen Mythen verhaftet sind.

     

    Und solche Gemeinschaften opfern auch Kinder. Das ist die alltägliche Realität. Überall.

     

    Angelika Oetken, Berlin, Betroffene sexualisierter Misshandlung in der Kindheit

  • PE
    Penny Eifrig

    Wie Penn State jetzt die Situation sieht: 11.11.11 Vigil for the victims of child abuse.

     

    http://www.youtube.com/watch?v=OL8YjOUq6Oo&sns=fb

  • PE
    Penny Eifrig

    Ich bin hier in State College mit den Kindern von Paterno und Sandusky grossgeworden. Ich kenne die Emotionen, die mit Uni-Sport in den USA verbunden sind (vergleichbar mit Herta oder Bayern, z.B.--aber vielleicht noch stärker). Das waren am Tag danach die in Schock bewegenden Jugendliche, die einen Ikon verloren haben (zurecht). Inzwischen haben die Studenten (und die gesamte Community) auch einen Vigil für die Öpfer (und das sind nicht Paterno und co.) gestartet. Friedlich und besinnen haben hunderte von Leuten Ihre Unterstützung und Trauer gezeigt.

    Wir hoffen alle, das diese verdammte Situation die Augen aller öffnet, damit solche schreckliche Taten und unverantwortliches Weggucken nirgends mehr passiert.

  • HJ
    Hans Joachim Schwarz

    Hoppe Hoppe Reiter

     

    Jede Art der Pferdehaltung und damit einhergehend Dressur ist Tierquälerei. Ausgeübt nicht (nur) von einer Hand voll Profis, sondern in erster Linie von zig-Tausenden völlig ahnungslosen privaten Pferdehaltern, die mit einem, den H4 Satz bei weitem übertreffenden monatlichen Aufwand, lebende Spielzeuge für ihre pubertierenden Töchter finanzieren. Eingesperrt in dunkle Boxen, in winzigen verschlammten Weiden, in jeder nur erdenklichen Art an ihrem natürlichen Verhalten gehindert, dämmern diese bedauernswerten Kreaturen vor sich hin um bei Bedarf hervorgeholt zu werden um dann Kunststückchen aufzuführen, die ihnen nicht angemessen sind. das Tier sei dem Menschen untertan. Und wenn das arme Vieh so neurotisch geworden ist, dass man nicht mehr draufsitzen kann, dann kommt der Metzger und Papa kauft ein neues Spielzeug fürs Töchterchen.

    Das ist alles krank.

  • K
    k.xxxy

    *protestierende StudentInnen

    *herumschnüffelnde ReporterInnen

  • M
    MissNorris

    Zusammenfassung:

    1)Feigling wird Zeuge einer Kindervergewaltigung

    2)Feigling schreitet weder helfend ein,noch verständigt

    er die Polizei,signalisiert so dem Opfer:"Niemand wird dir helfen!" und dem Täter:"Niemand wird dich aufhalten!"

    3)Nachdem Jahre später der ganze Scheiss ans Licht kommt und der Feigling,der Beihilfe zur Kindervergewaltigung begangen hat,endlich (lächerliche) Konsequenzen tragen muss,veranstalten herz-und hirnlose Sportzombies Demonstrationen zur Unterstützung des Feiglings,signalisieren so allen Opfern sexueller Gewalt:"Euer Schicksal ist nicht wichtig,viel wichtiger ist Football und unser Lieblingscoach!"

     

    Geht's noch?!?!