Kolumne Älter Werden: Immer Ärger mit den Alphatieren
Älter werden in Europa, die Dritte!
L iebe Altersgenossinnen und -genossen der Generation 50 plus (undogmatisch) links. Wir älter werdenden überzeugten Europäer - eine bedrohte Art - müssen wohl auch weiterhin fassungs- und hilflos mit ansehen, wie sich komplett irre gewordene, feige Knallchargen aus Politik und Bankenunwesen von Alphatieren wie Heuschrecken, Börsenhengsten und Leithammeln (aus den Ratingagenturen) permanent ins Bockshorn jagen lassen, dadurch die europäische Leitwährung Euro mit diskreditieren und letztendlich wohl die gesamte EU an IHRE Wand aus Dumm- und Verzagtheit, Ignoranz und Fantasielosigkeit fahren: Crash und aus! Denn niemand scheint sie aufhalten zu können; kein Cid, kein Altkanzler (Schmidt), kein Wähler und wohl auch kein lieber Gott mehr, diese Mischung aus Christkind, Goethe und Landgerichtspräsident (F. J. Degenhardt).
Wenn es stimmt, dass fünfzig Prozent der Wirtschaft Psychologie ist, wie Ludwig Ehrhard (CDU), den wir von My Generation im TV noch live krasse Zigarren rauchen sehen durften, behauptete, sind auch die Politik- und Wirtschaftsjournalisten nahezu aller Medien (inklusive dieser putzigen linksliberalen Börsenzeitung) mit der Ableitung immer neuer Horrorszenarien aus der Griechenlandkrise eifrig mit dabei, die europäische Idee zu torpedieren.
Das aber ist verantwortungslos. Denn zum einen entspricht die immer wieder beklagte Milliardenhilfe für Griechenland doch in etwa gerade einmal dem Gegenwert des über Jahrzehnte hinweg in griechischen Spelunken überall in Europa an uns für lau und zur besseren Fettfraßverdauung ausgeschenkten Ouzos, wie ein Kabarettist im TV jüngst überzeugend vorgerechnete. Und zum anderen steuert Griechenland ja tatsächlich nur einen Anteil von 2,7 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt der EU bei. Selbst eine Insolvenz des Landes würde die EU-Bilanz nur marginal tangieren und hätte so gut wie keinen Einfluss auf die Stabilität des Euro. So what!?
ist Korrespondent der taz für Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland.
Weil das so ist, wird fix auch gleich noch die Staatspleite von Bella Italia (dabei heißt es doch: sempre Roma) herbeigeredet und -geschrieben. Selbst das ökonomisch potente Frankreich, das unserem Hausphilosophen Montaigne Heimat war, befindet sich längst im Visier der Bonitätsbewertungsagenturen in den USA (die als Konkurrent der EU auf dem Weltmarkt ganz eigene Interessen verfolgen), was gerade bei älteren Menschen Panikschübe (Währungsreform, Altersarmut) auslöst. Gehts noch?
Ja! Morgen schon zieht der (mediale) Pleitegeier über Deutschland seine Kreise, wenn etwa der Exbundesfinanzminister, Exministerpräsident (Hessen) und Exoberbürgermeister (Kassel) Hans Eichel - ein Sozialdemokrat - mit seiner Forderung nach einer nicht nur die Blöd-Zeitung auf die Palme bringenden kumulierten Pension von rund 14.500 Euro im Monat tatsächlich durchkommen sollte, das Schäuble dann einen Nachtragshaushalt aufstellen muss, den CSU und FDP aber ablehnen … und - ruckzuck! -haben wir den (griechischen) Salat.
Übrigens: In Österreich gilt noch Triple A, sagen die Ratingagenturen: A wie Asshole.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Vorgezogene Bundestagswahl
Ist Scholz noch der richtige Kandidat?
113 Erstunterzeichnende
Abgeordnete reichen AfD-Verbotsantrag im Bundestag ein
USA
Effizienter sparen mit Elon Musk
Bürgergeld-Empfänger:innen erzählen
„Die Selbstzweifel sind gewachsen“
Ein-Euro-Jobs als Druckmittel
Die Zwangsarbeit kehrt zurück
Aus dem Leben eines Flaschensammlers
„Sie nehmen mich wahr als Müll“